Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Verletzt, verstärkt, verunsichert
Die Zweitligisten Freiburg, Heidenheim und 1860 München starten wieder – mit völlig unterschiedlichen Zielen
rstklassige Geschichten gibt es vor dem Start der 2. Bundesliga am heutigen Freitag zuhauf. So redete Ralf Rangnick beim Tabellenführer RB Leipzig nach Weihnachten bereits unverhohlen von der Bundesliga, um nun zurückzurudern. Am Donnerstag sagte der Trainer des Red-Bull-Klubs: „Ich denke weder an den Aufstieg noch an den Nichtaufstieg, sondern an das Training und das Spiel am Sonntag gegen Braunschweig.“Aha.
So richtig drunter und drüber ging es beim Absteiger SC Paderborn. Stürmer Nick Proschwitz zog während des Trainingslagers in Belek blank – und wurde von Klubchef Wilfried Finke stante pede gefeuert. Stefan Effenberg, der einzige Zweitliga-Coach mit Klatschspalten-Format, ist seitdem nur noch Trainer auf Abruf. Möbelhaus-Besitzer Finke hatte vor dem Start der Westfalen heute (18.30 Uhr) gegen Sandhausen über Effenberg gesagt: „Er muss jetzt liefern.“Der Mann kennt sich eben aus mit (wackligen) Stühlen.
Sportlicher Natur sind die Neuigkeiten aus Freiburg und Heidenheim, während sich beim Krisenklub TSV 1860 München Abstiegsangst und Führungschaos die Waage halten.
(Platz 2/38 Punkte): Für den Sportclub, der heute (18.30 Uhr) beim VfL Bochum antritt, hätte die Winterpause länger dauern können. Trainer Christian Streich fehlen bei der Fortsetzung der Mission Aufstieg aktuell acht Profis. Aus dem bärenstaken Offensivquartett der Hinrunde steht heute tief im Westen nur Vincenzo Grifo zur Verfügung. Toptorjäger Nils Petersen und Maximilian Philipp haben sich im Trainingslager – diesmal war das Team übrigens ungewohnt luxuriös im GolfHotel Alemanara im spanischen Sotogrande untergebracht – verletzt, beide am Außenband im Sprunggelenk. Auch Mike Frantz braucht nach seiner Operation am großen Zeh noch etwas Zeit.
SC Freiburg
„Wir fahren aber nicht nach Bochum, um uns ein weiteres Mal beuteln zu lassen“, sagte Trainer Streich, der hofft, dass zwei der drei Winterzugänge zu Soforthelfern werden. Der Norweger Håvard Nielsen (23), von RB Salzburg geholt, hat die gesamte Vorbereitung mitgemacht. Florian Niederlechner kam zwar erst vergangenen Sonntag vom FSV Mainz, ist laut Streich aber eine Option für die Startelf, weil er „nicht lange braucht“. Der junge Angreifer aus dem oberbayerischen Hohenlinden bei Ebersberg erzielte seine Tore vergangene Saison noch beim Ligarivalen Heidenheim. Der 25-Jährige weiß, dass ein Schnellstart von ihm erwartet wird. In der „Badischen Zeitung“sagte er nun: „Kann schon sein, dass ein gewisser Druck da ist. Ich mache mir aber keinen Kopf.“Außerdem spiele Freiburg ja meist mit zwei Stürmern „und es ist nicht so, dass ich nur ganz vorne spielen kann: In Heidenheim war ich oft hängende Spitze oder habe auf der Doppelzehn gespielt.“Variabel ist der Mann. Das könnte passen.
(Platz 11/24 Punkte): Ambitionen wollen die Mannen von der Brenz bei aller Bescheidenheit bereits in ihrem zweiten Jahr im Unterhaus nicht verbergen. Der elfte Tabellenplatz und vor allem das 0:3 im letzten Spiel 2015 gegen Nürnberg schmeckte und schmeckt keinem. Die Winterpause war folgerichtig turbulent wie bei kaum einem anderen Verein. Geschäftsführer Holger Sanwald („Bei mir gingen die Alarmglocken an, die Tendenz zeigte eindeutig nach unten“) hat nahezu die komplette Offensive aus der Voith-Arena gejagt. Andreas Voglsammer (Bielefeld), Adriano Grimaldi (Münster) und Steve Schröter (Leihvertrag mit
1. FC Heidenheim
Schalke aufgelöst) sind nicht mehr an Bord. Für Tore sollen fortan Denis Thomalla, der von Lech Posen mit Kaufoption ausgeliehen wurde, und der Norweger Bard Finne sorgen. Speziell bei Finne, der vom Bundesligisten 1. FC Köln geholt wurde, haben Sanwald und Co. weder Mühen noch Kosten gescheut. Eine hohe sechsstellige Ablösesumme steht im Raum. Bereits in den Testspielen deutete er mit zwei Treffern an, dass er das Geld wert sein könnte, auch Thomalla traf. Trainer Frank Schmidt äußerte sich zufrieden, sagte vor der Partie morgen (13.00 Uhr) in Düsseldorf aber: „Es wird jetzt sicherlich nicht in jedem Spiel so sein, dass die beiden immer treffen.“
Man hatte in der Offensive an Qualität zulegen wollen und hofft in den restlichen Spielen vor allem auf eine bessere Chancenverwertung. Komplettiert wird der Heidenheimer Sturm von Dominik Widemann und Smail Morabit, die bleiben durften. Fast wäre es Sanwald noch ge- lungen, John Verhoek vom FC St. Pauli im Winter loszueisen. Dieser Kontrakt wird nun aber erst im Sommer greifen. Der FCH scheint noch einiges vorzuhaben.
(Platz 17/14 Punkte): Der ruhmreiche Turn- und Sportverein von 1860, laut eigener Werbestrategie noch immer „Münchens große Liebe“, erwartet zum Auftakt den Club Das Spiel am Samstag (13.00 Uhr) gegen den 1. FC Nürnberg ist ein Traum für Nostalgiker Während der einstige Rekordmeister aus Franken nach einer Siegesserie zum Jahresende jedoch als Tabellendritter auf die Rückkehr in die Beletage hoffen darf, droht den Löwen erneut der Sturz in die Drittklassigkeit. Damit die Veunsicherung diesmal früher vorbei ist als zuletzt in der Relegation, wurde im Winter Verstärkung geholt. Vor allem die Offensive wurde mit Erstliga-Personal aufgepeppt: Aus Augsburg kam Stürmer Sascha Mölders, aus Mainz Außenangreifer Maximilian Beister, aus Bremen in Levent Aycicek ein weiterer Flügelspieler. Neu sind auch Innenverteidiger Jan Mauersberger (KSC) und Defensivmann Goran Sukalo (Greuther Fürth). Trainer-Routinier Benno Möhlmann, mit seinen 61 Jahren der Ruhepol inmitten des Chaos, erklärte außerdem Stefan Ortega an Stelle von Vitus Eicher zur Nummer 1 im Tor. Ob’s hilft?
Erstaunlicher wäre, wenn die Kommunikation mit Klubinvestor Hasan Ismaik endlich in geordneten Bahnen ablaufen würde. Noch im Januar hatte der Jordanier mit seltsamen Sätzen bei Facebook für Verwirrung gesorgt. Das klang einmal so, als würde er 1860 ein neues Stadion bauen, ein anderes Mal dann aber eher so, als würde er seine Anteile verkaufen. Beim bayerisch-fränkischen Derby, für das bereits 50 000 Tickets verkauft sind, wird er jedenfalls nicht vor Ort sein. Peter Cassalette, aktueller Klubchef bei 1860, sagte dem Onlineportal „Blaue24“: „Es wäre schön gewesen, wenn Hasan diese gigantische Kulisse mal selber hätte inhalieren dürfen. Leider hat er andere Verpflichtungen.“Wie fast immer.
1860 München