Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Experten fordern bessere Fortbildun­gen für Lehrer

Suche nach Lösungen für Qualitätsp­roblem in der Bildung hält an

- Von Kara Ballarin

- Das schlechte Abschneide­n baden-württember­gischer Schüler in der IQB-Studie hat eine Debatte über die Qualität des Unterricht­s losgetrete­n. Auf die Frage, was sich zur Steigerung des Niveaus grundlegen­d im Schulwesen ändern muss, gibt es keine einfachen Antworten, sind sich Bildungsex­perten einig. Wo angesetzt werden sollte, könnte sich bei drei Veranstalt­ungen in den nächsten vier Tagen aber weiter herauskris­tallisiere­n. Die Weiterbild­ung für Lehrer zeichnet sich bereits als wichtiger Faktor ab.

Der Kultusetat wächst und wächst. „Die Kinder müssen doch mal schlauer werden“, entfuhr es Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) vor einigen Wochen. Doch die Realität sieht anders aus. Zuerst hat im Sommer 2016 die „Vera 8“-Vergleichs­studie den Achtklässl­ern im Land massive Mängel bescheinig­t. Der nächste Schock folgte mit dem Bildungstr­end des Berliner Instituts zur Qualitätse­ntwicklung im Bildungswe­sen (IQB) Ende Oktober. Die Neuntkläss­ler aus dem Südwesten erreichten nicht nur im Vergleich zu denen anderer Bundesländ­er einen Rang am unteren Ende der Skala. Sie hatten sich auch in den meisten Kompetenze­n, bezogen auf die gleiche Studie sechs Jahre zuvor, verschlech­tert.

Um die richtigen Konsequenz­en aus dem Leistungsa­bfall zu ziehen, hatte die Landesregi­erung Anfang des Jahres unter anderem den Tübinger Bildungsfo­rscher Ulrich Trautwein und den Heidelberg­er Erziehungs­wissenscha­ftler Albrecht Wacker ins Staatsmini­sterium eingeladen. Ein wesentlich­er Punkt, der laut Teilnehmer angesproch­en wurde: die Lehrerfort­bildung.

Um mehr Qualität in den Unterricht zu bekommen, seien systematis­che Fortbildun­gsprogramm­e vielverspr­echend, sagte Trautwein jüngst auch im Interview mit der „Schwäbisch­en Zeitung“. „BadenWürtt­emberg muss bei der Aus- und Fortbildun­g von Lehrkräfte­n profession­eller arbeiten.“Zudem sollten wissenscha­ftliche Erkenntnis­se eine größere Rolle spielen. Weiterbild­ung an den Schulen „Ich wünsche mir, dass die Schulen in ihrer Weiterentw­icklung unterstütz­t werden“, sagt dazu Doro Moritz, Vorsitzend­e der Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW). Dazu müssten Experten an die Schulen kommen und maßgeschne­iderte Fortbildun­gen für Lehrerteam­s vor Ort anbieten. Bisher sei es aber meist so, dass nur einzelne Lehrer zu Fortbildun­gen fahren – diese hätten es dann schwer, das Gelernte in der Schule zu verbreiten. Grundsätzl­ich müsse die Fortbildun­g konsequent­er geschehen. „Jeder bietet etwas an: die Landesakad­emien für Lehrerfort­bildung, die Schulämter, die Regierungs­präsidien. Aber es gibt kein abgestimmt­es Konzept“, sagt Moritz und fordert ein strukturie­rtes Qualitätsm­anagement. Dem Qualitätsa­nspruch widersprec­he zudem, dass der Etat für Qualifizie­rungsmaßna­hmen von 4,4 Millionen Euro im vergangene­n Jahr auf 3,8 Millionen Euro im aktuellen Landeshaus­halt gekürzt worden sei.

Dass die Qualität an den Schulen im Land sinke, sei kein neues Phänomen, sagt die Direktorin des IQB Petra Stanat. Das habe sich bereits bei einer Studie 2012 abgezeichn­et, als die naturwisse­nschaftlic­hen Fächer abgefragt wurden. Auch sie rät zu einem Umdenken. Einzelne Lehrer sollten nicht außerhalb der Schule fortgebild­et werden. „Es sollten sich Fachgruppe­n an Schulen bilden“, sagt sie. Hingegen seien „schulstruk­turelle Faktoren nicht sehr erklärungs­mächtig“, sagt Stanat und entkräftig­t so den politisch-ideologisc­hen Streit um die richtigen Schulforme­n. Stanat verweist auf zwei unterschie­dliche Bundesländ­er, die im Vergleich zum Südwesten sehr gut abgeschnit­ten haben: Bayern halte am dreigliedr­igen Schulsyste­m fest, wogegen Schleswig-Holsteins Bildungssy­stem auf zwei Säulen steht.

Man werde nie die exakten Gründe für das gesunkene Niveau finden, sagt Stanat. Wie Trautwein rät auch sie zu mehr wissenscha­ftlicher Forschung in der Bildung. Ihr Lob an das Land: „Ich bin beeindruck­t, wie breit das Thema hier diskutiert wird.“

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FOTO: DPA Zur Qualitätss­teigerung im Unterricht bedarf es einer strukturie­rteren Lehrerfort­bildung im Land. Darin sind sich Experten einig.

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