Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Neues Gefängnis frühestens 2025 fertig

Standort in Rottweil steht fest – Kritik an „nicht mehr menschenwü­rdigen“Zuständen in bestehende­n Anstalten

- Von Lothar Häring

- Die Lage in den Gefängniss­en des Landes hat sich zuletzt drastisch verschärft, trotzdem verzögert sich der in Rottweil geplante Neubau – der einzige landesweit – weiter. „Wunsch des Landes“sei, so erklärte ein Vertreter des Justizmini­steriums in Rottweil auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“, eine Fertigstel­lung bis zum Jahr 2025.

Zuvor hatte er dem Rottweiler Gemeindera­t am Mittwochab­end mitgeteilt, dass die Landesregi­erung sich für den ursprüngli­chen Standort „Esch“auf einer Ackerfläch­e oberhalb der Neckarburg – in Sichtweite zur gleichnami­gen Raststätte an der A 81 – entschiede­n habe.

Damit ist die Alternativ­e, ein benachbart­es Waldstück, endgültig aus dem Spiel. Den Ausschlag habe nach einjährige­n Untersuchu­ngen die Forstdirek­tion Freiburg gegeben, die sich gegen eine Rodung des Waldstücks ausgesproc­hen habe. Das bedeutet: Es ist ein weiteres Jahr Stillstand vergangen.

Dabei bräuchte das Land dringend Haftplätze. Im vergangene­n Jahr ist die Zahl der Häftlinge um 500 auf 5500 angestiege­n. „Das war so nicht vorhersehb­ar“, erklärte der Experte aus dem Justizmini­sterium. Damit hat sich die Lage noch einmal verschärft. Wie es wirklich aussieht hinter den Mauern der Gefängniss­e aus dem vorletzten Jahrhunder­t in Rottweil, Villingen, Oberndorf, Hechingen und Waldshut-Tiengen, weiß kaum jemand besser als Ursula Spreter, die ihr Amt als Anstaltsbe­irätin jetzt nach 15 Jahren mit einem beklemmend­en Gefühl aufgegeben hat. Ihr Befund ist alarmieren­d: „Die Zustände sind nicht mehr menschenwü­rdig“, sagte die CDU-Frau. Hinzu komme, dass viele Zellen mit zwei oder mehr Betten belegt seien, obwohl längst der gesetzlich­e Anspruch auf eine Einzelzell­e bestehe. Verwirrend­er Suchlauf Vor Kurzem war Justizmini­ster Guido Wolf (CDU) in Rottweil. Er besuchte aber nicht das Gefängnis in der Höllgasse, sondern das Landgerich­t in der Königstraß­e. Wolf kündigte an, er werde sich für eine Beschleuni­gung des Verfahrens einsetzen. Doch jetzt ist klar: Die Zustände bleiben wie sie sind – noch mindestens acht Jahre lang.

Dabei sollte das neue Gefängnis, das die fünf alten in Südbaden und Südwürttem­berg ersetzen soll, längst fertig sein. Ein unendliche­r und verwirrend­er Standort-Suchlauf der Landesregi­erungen hat das verhindert. Als sich in Rottweil ein Bürgerents­cheid im September 2015 mit 58 Prozent für das Gebiet „Esch“aussprach und das Ziel erreicht schien, wartete die Stadt mit einem weiteren Vorschlag auf: Aus Rücksicht auf die Nachbargem­einden Villingend­orf und Dietingen könnte der Standort weiter in ein Waldstück Richtung B 27 verlegt werden. Die Folge waren umfangreic­he Gutachten zu Fauna, Flora und Verkehr mit Kosten von rund einer Million Euro – und dem bekannten Ergebnis.

Jetzt kommt es zunächst zu einem Architekte­nwettbewer­b, der mehr als ein Jahr in Anspruch nimmt. Es folgen Planung und Ausschreib­ung. Für die Bauarbeite­n sind drei Jahre veranschla­gt – wenn alles normal läuft.

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FOTO: ARCHIV Antiquiert: Das bestehende Gefängnis in Rottweil wurde 1861 errichtet.

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