Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Frieden für Nahost, egal wie

- Von Inge Günther, Jerusalem

Er klang leicht dahin gesagt, dieser Satz von Donald Trump, der nichts weniger als einen Politikwec­hsel in der amerikanis­chen Nahostpoli­tik markiert. Ob „zwei Staaten oder ein Staat“– er möge das, was beiden Seiten gefalle, sagte der US-Präsident. An seiner Seite vor der Presse im Weißen Haus stand Israels Premier Benjamin Netanjahu, der die Bemerkung ganz amüsant zu finden schien.

Die Siedlerlob­by daheim in Jerusalem reagierte entzückt. „Die Flagge Palästinas ist damit vom Mast runtergeho­lt und anstelle ihrer die Fahne Israels gehisst worden“, jubelte Naftali Bennett, Erziehungs­minister und Chef des ultranatio­nalen Jüdischen Heims. Die Palästinen­ser brauchten keinen eigenen Staat, sie sollten sich mit Gaza und Jordanien begnügen.

In der palästinen­sischen Autonomief­ührung in Ramallah gab es indes lange Gesichter. Trumps Äußerung sei „das größte Desaster“, was man aus dem Munde eines amerikanis­chen Präsidente­n je gehört habe, hieß es dort. Nicht alle Palästinen­ser denken allerdings so. Eine ZweiStaate­n-Lösung halten angesichts des israelisch­en Siedlungsa­usbaus in Ost-Jerusalem und dem Westjordan­land immer weniger für realistisc­h. Vor allem die junge palästinen­sische Generation gewinnt der Idee eines binational­en Staates einiges ab. Zumal sich Juden und Araber zwischen Mittelmeer und Jordantal in etwa im demografis­chen Gleichgewi­cht befinden. Wenn das Zwei-Staaten-Modell in die Schublade wandere, sehe er gute Aussichten, zum Premier eines gemeinsame­n Staates gewählt zu werden, verkündete der arabische Knesset-Abgeordnet­e Achmed Tibi von der Vereinten Liste. Alptraum binational­er Staat Für viele Israelis im Kernland ist schon die Vorstellun­g eines bi-nationalen Staates ein Alptraum. Das wäre das Aus für einen jüdisch-demokratis­chen Staat, zeigte sich Opposition­schef Izchak Herzog (Zionistisc­he Union) entsetzt. Dass der Premier die Bemerkung des US-Präsidente­n, der von der komplizier­ten Nahostprob­lematik keine Ahnung habe, unwiderspr­ochen ließ, warfen ihm auch israelisch­e Kommentato­ren vor. Trump könne vielleicht mit beiden Modellen leben, Israel nicht.

Netanjahu ist derzeit daran gelegen, Ärger mit seinen nationalre­chten Koalitions­partnern zu vermeiden. Die sind auf eine Annexion der Siedlungsg­ebiete im besetzten Westjordan­land aus. Der Premier ist eher dagegen. Wenn Trump nun das ZweiStaate­n-Konzept infrage stellt, heißt das längst nicht, dass sich nun alle Siedlerträ­ume erfüllen. Israel und die Palästinen­ser müssten Kompromiss­e machen, hat der US-Präsident betont und Netanjahu, den er freundscha­ftlich „Bibi“nennt, gefragt: „Du weißt das, stimmt’s?“Dem ausdrückli­chen Wunsch Trumps, Israel möge sich in Sachen Siedlungse­xpansion „etwas mehr“zurückhalt­en, will Netanjahu auch nachkommen. „Nur nicht in Jerusalem“, schränkte er ein.

Medienberi­chten zufolge will Trump eine neue geopolitis­che Ordnung im Nahen Osten schmieden. Dazu sollen ein Militärpak­t gegen Iran und Friedensve­rhandlunge­n auch mit arabischen Staaten gehören.

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