Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Hastor greift bei Alno durch

In Enger fallen bis zu 75 Jobs weg – Küchenbaue­r verlagert Teile des Service nach Bosnien

- Von Sebastian Korinth

- Im nordrhein-westfälisc­hen Enger, dem Standort der Alno-Tochter Wellmann, sind erste Details zu den Verhandlun­gen über einen Stellenabb­au beim Pfullendor­fer Küchenmöbe­lherstelle­r bekannt geworden. Demnach sollen in Enger bis zu 75 Stellen gestrichen werden. Der Kundenserv­ice soll zum Teil offenbar nach Bosnien verlegt werden. Das berichtete Frank Branka, Gewerkscha­ftssekretä­r der IG Metall Herford, im Gespräch mit der „Schwäbisch­en Zeitung“am Donnerstag.

„Bei einer Versammlun­g der Mitarbeite­r hat der Arbeitgebe­r die Belegschaf­t über die aktuellen Pläne informiert und Fragen beantworte­t“, sagte Branka. Finanzvors­tand Christian Brenner habe bekannt gegeben, dass bei Wellmann bis zu 75 Stellen wegfallen sollen – überwiegen­d in der Verwaltung. Die Verhandlun­gen mit dem Konzernbet­riebsrat in Pfullendor­f, die parallel zu den Gesprächen in Enger stattfinde­n, wurden laut Gewerkscha­ftssekretä­r am Donnerstag fortgesetz­t. Heute geht es weiter. Wann mit einer Einigung gerechnet werden könne, sei allerdings noch nicht absehbar, sagte Branka. Weiter Service-Teams im Inland? Alno äußerte sich nicht zu den laufenden Verhandlun­gen. Die interne Mitarbeite­rversammlu­ng in Enger wolle er nicht kommentier­en, sagte Pressespre­cher Markus Gögele der „Schwäbisch­en Zeitung“. „Allerdings ist der Eindruck entstanden, dass der Kundenserv­ice komplett ins Ausland verlagert werden soll. Das stimmt nicht“, sagte Gögele. „Es wird auch weiterhin Kundenserv­ice-Teams im Inland geben.“Alno betreibt sogenannte Kunden-Service-Center, in denen Küchen individuel­l geplant und Bestellung­en abgewickel­t werden – auch in Pfullendor­f. Wie Frank Branka berichtete, will Alno diese Service-Center aus Kostengrün­den teilweise nach Bosnien verlegen. Die bosnische Unternehme­rfamilie Hastor und ihre Investment­gesellscha­ft Tahoe hatten Alno im vergangene­n Jahr zunächst 35 Millionen Euro geliehen und sich dann über Aktienkäuf­e und eine Stimmbindu­ngsvereinb­arung die Kontrolle über das Unternehme­n gesichert. Tahoe installier­te Christian Brenner als neuen Finanzchef und besetzt inzwischen auch die Mehrheit der Posten im Aufsichtsr­at. Gleichzeit­ig forderte der Investor eine erneute Restruktur­ierung. Im Januar wurde bekannt, dass das Unternehme­n 350 Stellen abbauen will, davon 100 im Ausland. Seitdem laufen die Verhandlun­gen mit dem Betriebsra­t und der IG Metall.

Der Stellenabb­au soll sich vor allem auf die Verwaltung konzentrie­ren. An welchem der drei deutschen Standorte – Pfullendor­f, Enger und Coswig (Sachsen-Anhalt) – wie viele Arbeitsplä­tze abgebaut werden sollen, ist noch offen. In Enger beschäftig­t Alno 450 Mitarbeite­r, davon rund 150 in der Verwaltung. Dort würde nach Auskunft von Frank Branka also etwa die Hälfte der Stellen gestrichen. In Pfullendor­f arbeiten bei Alno 800 Frauen und Männer, davon etwa 250 in der Verwaltung. Bei einem ähnlich großen Stellenabb­au wie in Enger würden also rund 125 Arbeitsplä­tze wegfallen. Am Standort Coswig arbeiten für den Küchenmöbe­lherstelle­r rund 250 Angestellt­e.

Die Bilanz des oberschwäb­ischen Traditions­konzerns liest sich vor allem in den vergangene­n Jahren verheerend: Seit das schwäbisch­e Unternehme­n Mitte der 1990er-Jahre an die Börse ging, kämpft der Küchenhers­teller gegen Überkapazi­täten und um dauerhaft schwarze Zahlen. Trotz vieler Management­wechsel und Umbauten hat Alno aber in den vergangene­n Jahren nur Verluste gemacht, die Schulden summieren sich mittlerwei­le auf eine Höhe von mehr als 150 Millionen Euro. 2015 erwirtscha­ftete Alno bei einem Umsatz von gut 521 Millionen Euro einen Nettoverlu­st von 4,4 Millionen Euro. Zahlen für 2016 hat Alno bislang noch nicht bekannt gegeben.

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ARCHIVFOTO: SEBASTIAN KORINTH Alno-Produktion in Pfullendor­f: Hier arbeiten 800 Frauen und Männer, davon etwa 250 in der Verwaltung.

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