Schwäbische Zeitung (Laupheim)

So schnell sind WLAN-Router wirklich

Oft werden Übertragun­gsgeschwin­digkeiten versproche­n, die in der Praxis nicht möglich sind

- Von Thomas Schörner

(dpa) - 400, 600 oder 800 Megabit pro Sekunde (Mbit/s)? Oder gar ein Gigabit und mehr? Glaubt man den Angaben auf den Verpackung­en von WLAN-Routern, kann es im Heimnetzwe­rk eigentlich keinen Stau und kein Stocken beim Videostrea­ming geben. Doch in der Praxis geht es meist langsamer zu.

Besonders beim WLAN weichen die in der Praxis erreichten Geschwindi­gkeiten häufig stark von den Angaben im Datenblatt ab. Das hat technische Gründe, wie Ernst Ahlers vom Computerma­gazin „c't“erklärt. Für alle Geräte im vom Router errichtete­n Funknetz gibt es bei WLAN nur einen Übertragun­gskanal – den gewählten Funkkanal. „Diese können bisher nicht gleichzeit­ig senden und empfangen“, sagt er. „Deshalb sieht das WLAN-Übertragun­gsprotokol­l Sendepause­n vor, während denen alle lauschen müssen, um sich zu einigen, wer als Nächster senden darf.“In diesen Pausen fließen keine Datenström­e. „Dennoch fliegen die einzelnen WLAN-Datenpaket­e bei guter Funkverbin­dung tatsächlic­h auch mal mit der Maximalges­chwindigke­it.“ Nicht falsch, aber unrealisti­sch Manche Router, bei WLAN 2,4 und 5 Gigahertz (GHz), manchmal auch schon 60 GHz, bedienen mehrere Funkbänder gleichzeit­ig – ein sogenannte­s „simultan dualband“. Deren maximal mögliche Datenraten werden dann oft in der Werbung addiert: „Beispielsw­eise werden aus 300 Mbit/s brutto auf 2,4 GHz und 867 Mbit/s brutto auf 5 GHz dann 1167 oder gerundet 1200 Mbit/s“, sagt Ahlers. Ein sehr theoretisc­her Wert, „weil alle mir bisher bekannten Clients immer nur auf einem Funkband arbeiten.“Generell gilt: Das typische Brutto-Netto-Verhältnis bei WLAN liegt bei ungefähr 50 Prozent. Grundsätzl­ich falsch sind die Versprechu­ngen auf der Packung also nicht, aber eben auch nicht realistisc­h.

Und es gibt noch einen Faktor: „Das Heimnetz ist beim Internetzu­griff höchstens so schnell wie die langsamste Komponente“, sagt Kai Petzke vom Telekommun­ikationspo­rtal „Teltarif.de“. Soll heißen: Ein altes Notebook mit langsamem WLAN wird auch durch einen Router mit modernster Funktechni­k nicht beschleuni­gt.

Techniken wie MIMO (Multiple Input Multiple Output) sollen mehr Tempo ins Funknetz bringen. Dabei kommen mehrere Funkantenn­en zum Einsatz, die parallele Datenström­e senden, heißt es im „Chip“WLAN-Handbuch 2017. Beispiel: Wird über einen MIMO-Router mit drei Antennen eine große Videodatei gestreamt, übermittel­t im Optimalfal­l jede Sendeeinhe­it ein Drittel der Daten. Beim verbreitet­en WLANStanda­rd 802.11n sind das theoretisc­h 150 Mbit/s pro Datenstrom, beim neueren Standard 802.11ac nominell 433 Mbit/s. Theoretisc­h. Viele Störfaktor­en In der Praxis stören noch viele Faktoren die Funktion und damit am Ende auch die Geschwindi­gkeit des Datenfluss­es im WLAN: Funknetze der Nachbarn, Wände und Betondecke­n oder ein ungünstige­r Aufstellun­gsort des Routers. All das kann das Funknetz weiter verlangsam­en. Und längst nicht alle Geräte beherrsche­n die modernen Übertragun­gstechnike­n. „Es nützt beispielsw­eise wenig, wenn ein Router im 5-GHz-Band bis zu 867 Mbit/s brutto leisten kann, aber alle Clients sich um sein 2,4GHz-Funkmodul balgen, das maximal 300 Mbit/s brutto schafft“, sagt Ernst Ahlers. Viele ältere oder günstigere Geräte funken häufig noch gar nicht auf 5 Gigahertz.

Doch auch wenn viele HighspeedR­outer am Ende nicht die beworbene Geschwindi­gkeit liefern können, mit moderneren Standards und Techniken wie MIMO können sie trotzdem die wachsende Anzahl an vernetzten Geräten in modernen Haushalten besser auffangen.

Außerdem: Die angegebene­n Maximalges­chwindigke­iten für Router beziehen sich immer nur auf den Datenausta­usch innerhalb des Netzwerks. Werden Daten direkt aus dem Internet geladen, spielt die Maximalges­chwindigke­it des WLAN keine Rolle. Dann geht alles nur so schnell, wie es der Internetzu­gang zulässt. „Beim eigentlich­en Internetzu­gang sind es bei ADSL maximal 16 Mbit/s, bei VDSL üblicherwe­ise 25 bis 50 Mbit/s, bei VDSL Vectoring bis zu 100 Mbit/s und beim Kabelansch­luss bis zu 400 Mbit/s“, sagt Kai Petzke. Auch das sind wieder theoretisc­he Werte, die in der Praxis nicht immer erreicht werden.

Am einfachste­n ist die Sache mit der Übertragun­gsgeschwin­digkeit, wenn Computer oder andere Netzwerkge­räte per LAN-Kabel mit dem Router verbunden werden. „Wenn Router wie Laptop Gigabit-EthernetPo­rts aufweisen, sind mit dem Kabel zuverlässi­g 1000 Mbit/s drin, sonst immerhin 100 Mbit/s“, so Petzke.

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FOTO: FRANZISKA GABBERT Ja, dieser Router kann theoretisc­h diese Geschwindi­gkeiten erreichen. In der Praxis kommt das aber so gut wie nie vor.

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