Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die Skibrille weist den Weg zu Wildknödel und Jazzmusik
Das Gasteinertal in Österreich hat mächtig aufgerüstet – für Technikfreaks und Gourmets
Julian Scharfetter ist erst 22 Jahre alt. Und hat trotzdem schon viel Gastronomieerfahrung. In Holland war er unlängst, in England auch schon und im Sommer will er nach Schweden. Die „Weitmoser Schlossalm“im Gasteinertal, deren Juniorchef er ist, zählt zu den besonders guten Hütten, die mit dem Siegel der „Ski amadé Ski- und Weingenusshütten“ausgezeichnet wurden. Dort werden regionale Speisen und österreichische Weine am Tisch serviert. „Selbstbedienung haben wir schon auch noch, aber eben auch die etwas gehobenere G’schicht“. Die Weitmoser Schlossalm gehört außerdem zu den „Gasteiner Skihauben“, einer Aktion, bei der Haubenköche Gerichte kreieren, die die Skifahrer dann die ganze Saison über in den jeweiligen Hütten bestellen können. Die Wintersuppe mit Pastinaken schmeckt bei Scharfetters wunderbar. Und kostet 5,90 Euro. Ja, er gibt es zu, „a bisserl extravagant“sei das Konzept schon, aber die Qualität insgesamt gestiegen. Eine hochwertige Alternative zu Spaghetti und Pommes wolle man bieten. Und das Ganze zu einem akzeptablen Preis, sagen die Macher vom „Gasteiner Genusswinter“, zu dem auch Events wie „der höchste Bauernmarkt der Alpen“(vom 18. bis 25. März) und der Food-Maokt gehören, den ebenfalls Julian Scharfetter mit ins Leben gerufen hat und bei dem seine holländischen Freunde zeigen können, „wie sie mit unserem Speck und Topfen umgehen“(am 23. Februar sowie am 2. März). Lammcurry statt Gulaschsuppe Kulinarik und Region sollen im Gasteinertal mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Das kommt an, selbst bei den Einheimischen, sagen die Wirte, und die Marketingprofis der Tourismuszentralen stimmen zu. „Wem wichtig ist, was er isst und woher es kommt, möchte das auch im Urlaub“, hört man hier. SüßkartoffelTomatenragout, Lammcurry, Gasteiner Beerenschmarrn oder gebackene Wildknödel auf Kohl-Kürbis-Ragout heißen also die Alternativen zu den typischen Skihüttengerichten wie Gulaschsuppe oder Germknödel. Doch es gibt noch weitere kulinarische Highlights, wie etwa das Gondel-Diner, bei dem in der festlich gedeckten, schwebenden Gondel ein Vier-Gang-Menü serviert wird, während man die Aussicht genießt. Sehr speziell und vor allem bei schönem Wetter lohnenswert ist ein Gourmetfrühstück, das auf 2700 Metern Höhe am Kreuzkogel in einer Glasaluminiumkugel eingenommen wird – inklusive Sekt und einer grandiosen Rundumsicht auf 300 Berggipfel.
Als würde das pure Skifahren mit 760 Pistenkilometern und fünf verschiedenen eigenständigen Skigebieten nicht schon reichen. Wer im Gasteinertal eine Woche Urlaub bucht, kann jeden Tag ein anderes Skigebiet testen. Großarl, Dorfgastein, Bad Hofgastein, Sportgastein und das alt-ehrwürdige Bad Gastein haben jeweils ihre eigenen Bahnen und Pisten, sind teilweise jedoch mit Skischaukeln verbunden. Insgesamt neun Snowparks, elf Funlopes und zahlreiche Freeride-Routen warten auf Sportler. Außerdem gehört das Gasteinertal zum großen Verbund „Ski amadé“.
Mozart und die Berge? Musik und Ski? Passt bestens zusammen und geht weit über den „Anton aus Tirol“hinaus. Das beweist zum Beispiel das Musikfestival „Snow Jazz Gastein“, das in diesem Jahr bereits zum 16. Mal stattfindet (10. bis 19. März). Tagsüber Ski fahren, mittags die ersten Jazzklänge auf der Hütte genießen und am Abend zum Konzert in den Jazzclub – für sportliche Jazzfans und jazzliebende Skifahrer gibt es das Package „Snow Jazz Weekend“. Berühmtes Bad Gastein Und wer gar nicht auf die Bretter stehen will, besucht die Orte abseits der Pisten, vor allem Bad Gastein mit den Jugendstil-Prachtbauten, das mit seinem radonhaltigen Thermalwasser schon vor Hunderten von Jahren Menschen anlockte. Prominente und Staatsoberhäupter aus aller Welt ließen sich hier vor dem Wasserfall ablichten. Der Schah von Persien genauso wie der japanische Tenno oder Kaiser Franz Joseph. Der Promirummel hat sich längst gelegt, aber das warme Wasser tut heute noch gut. In den Thermen lässt es sich herrlich entspannen, und der Heilstollen ist äußerst beliebt bei Menschen mit rheumatischen Erkrankungen.
Und natürlich ist das Essen auch in den Tälern ein Thema. Im Unterbergerwirt kreiert Haubenkoch Hans-Peter Berti seine Gerichte nach den fünf Elementen, „vor allem mit Lebensmitteln, die sich gegenseitig vertragen“. In seinem Feng-ShuiRestaurant lässt er viel Energie fließen, „weil das wichtig ist und die meisten Menschen gar nicht mehr merken, dass sie blockiert sind“. Ein paar Kilometer weiter schmecken alle drei Sorten von Österreichs einziger Bio-Weißbier-Brauerei. Der Chef, Rupert Viehauser, steht mit dicker Strickweste am offenen Feuer und schwingt im „Schmaranz“die Kartoffelpfanne. Das Fleisch der üppigen Rinder- und Schweinegerichte stammt selbstverständlich aus heimischer Produktion.
Dass im Gasteinertal aufgerüstet wurde, hat sich gelohnt. Die steigenden Übernachtungszahlen sprechen für sich. Sparen können Urlauber bei der „Ladies Week“, bei der ein Partner kostenlos den Sechs-Tages-Skipass erhält, und der Minis Week, in der Kinder weniger zahlen. „Aber auch die kleinen Dinge zeigen uns den Erfolg, die mobile App „Ski amadé Guide“ist zum Beispiel ein Renner“, sagt Ski-amadé-Geschäftsführer Christoph Eisinger. Auch in die neue Datenskibrille, die man für 19 Euro am Tag ausleihen kann, setzt er Hoffnungen. „Hütten können gezielt angefahren werden, Alternativrouten werden aufgezeigt, und den Kalorienverbrauch misst sie auch noch“. Beim Test informierte sie sogar nach einem Sturz in den Graben neben der Piste: „Sie haben die Route verlassen!“„Danke, habe ich bemerkt!“, möchte man dann bissig antworten. Doch für Technikfreaks sind die Möglichkeiten mit der Datenskibrille groß und ein „Bitte wenden“müssen sie nicht befürchten.