Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Hilfsprojekt in Namibia führt Helfer zusammen
Das Laupheimer Ehepaar Müller und Brigitte Lämmle aus Ingerkingen engagieren sich für Kinder
- Seit 16 Jahren bereisen Peggy Gasche-Müller und ihr Mann Andreas den afrikanischen Kontinent. 2007 stießen sie auf ein Kinderhilfsprojekt in Namibia, das sie seither unterstützen. Wie es dazu kam und welch unerwartete Verbindung zu ihrer schwäbischen Heimat sie entdeckten, haben sie der SZ erzählt.
Namibia ist ein schönes Land, sagt Peggy Gasche-Müller: die Natur, die Weite, die Tierwelt – die Ruhe. „Es ist nicht so hektisch wie bei uns, die Menschen sind unkompliziert“, schwärmt die Laupheimerin. Doch die Idylle hat auch Schattenseiten, die den Müllers nicht verborgen geblieben sind. Schließlich reisen sie mit offenen Augen, sind mit dem Mietauto unterwegs und suchen den Kontakt zur einheimischen Bevölkerung.
Vor zehn Jahren kam das Ehepaar ins Gespräch mit den Besitzern einer Pension in Namibias Hauptstadt Windhoek. Sie erzählten den Müllers von einem Kinderhilfsprojekt. „Das war schon am Ende unseres Aufenthalts und wir hatten keine Zeit mehr, hinzufahren“, sagt Peggy GascheMüller. Zurück in Laupheim, informierte sie sich jedoch gründlich. Pater Nordkamp ging voran Was die Müllers nicht ahnen konnten: In Schemmerhofen hatte sich ungefähr zur selben Zeit eine Reisegruppe über die Seelsorgeeinheit gebildet, die ebenfalls zu einer Rundreise durch Namibia aufbrach und dasselbe Hilfsprojekt besuchte. Als Reiseleiter agierte der Oblaten-Pater Bernhard Nordkamp, der eben dieses Projekt selbst gegründet hatte und damals in Schemmerhofen wirkte. Die Teilnehmer der Reise waren beeindruckt und beschlossen, wie auch die Müllers in Laupheim, die gute Sache fortan zu unterstützen. Eine weitere gemeinsame Reise sollte es nicht mehr geben: Pater Nordkamp verstarb 2009. Die Reisegruppe jedoch sammelt weiter Spenden, und eine Teilnehmerin, Brigitte Lämmle aus Ingerkingen, hat Windhoek seither noch zweimal besucht.
Das „Bernhard Nordkamp Center“ (BNC) liegt im Stadtteil Katutura. „Übersetzt heißt das ,Der Ort, an dem ich nicht leben möchte’“, erklärt Gasche-Müller. In dem Viertel gebe es neben mittelständischen Einfamilienhäusern auch Wellblechhütten, in denen die armen Einwohner Windhoeks leben. Überwiegend Farbige haben in Katutura ihr Zuhause – und die Amerikanerin Mary Beth Gallagher, die seit einigen Jahren das BNC leitet. „Mary Beth ist eine sehr engagierte Frau“, versichern sowohl Peggy Gasche-Müller als auch Brigitte Lämmle. Die beiden Frauen kennen sich erst seit rund einem Jahr persönlich. Das hat sich dank des beiderseitigen Engagements nun geändert, im Herbst 2016 reisten sie gar gemeinsam nach Namibia.
Der Besuch des BNC ist bei beiden immer fester Programmpunkt der Reise. 150 bis 180 Kinder werden im Center regelmäßig nachmittags betreut. Vielen von ihnen hat Aids den Stempel aufgedrückt, in Form einer HIV-Infektion oder weil die Krankheit sie zu Waisen machte. Andere leben in einem Umfeld häuslicher Gewalt oder bitterer Armut, ohne Zuneigung, ohne Zugang zu Bildung. Den Teufelskreis durchbrechen Diesen Teufelskreis will das BNC durchbrechen. Die Tagesstätte bietet den Kindern ein einfaches Mittagessen – „für sie oft die einzige Mahlzeit am Tag“, sagt Brigitte Lämmle –, spielerischen Unterricht, Sport, Spiel und ganz einfach Zuneigung. Eingefordert wird Disziplin: „Nur, wenn das Kind ein Jahr regelmäßig zum BNC gekommen ist, erhält es auch finanzielle Unterstützung für Schulgeld, Schuluniform oder Schreibmaterialien“, wissen die Besucher aus Oberschwaben.
Wenn die Müllers oder Brigitte Lämmle zu Besuch kommen, freuen sich die Menschen im BNC doppelt: Zum einen werden die Gäste gleich ins Geschehen eingebunden und dürfen mithelfen, zum anderen wird das Geld, das sie dabei haben, immer gebraucht, denn das Center finanziert sich nur aus Spenden.
4000 Euro hat das BNC im Herbst von den Reisenden erhalten. 1200 Euro stammen von den Müllers. „Ich habe in meinem Kosmetikstudio Informationen ausliegen über das Projekt und ein Spendenkässchen, das meine Kunden füllen“, erzählt Peggy Gasche-Müller. Auch so mancher Euro Trinkgeld wandert in die Kasse. Und auch die „Reisegruppe“um Brigitte Lämmle ist sehr aktiv: 2800 Euro kamen zusammen und wurden über das Konto der Oblatenmission direkt ans BNC überwiesen. Ein Teil des Geldes sind Spenden aus einem Gedächtnisgottesdienst, den die Gruppe jedes Jahr für Pater Nordkamp abhält. „Das Center lag ihm so am Herzen“, sagt Brigitte Lämmle. „Und Afrika hätte ihn noch nötig gebraucht.“