Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Ein hollywoodreifes Happy End
Roland Emmerich ist der erste Träger des Carl-Laemmle-Produzentenpreises und will heiraten
Auf gut Glück sind Robin Seifert und Lucas Daniilidis, sie studieren Medienwissenschaften in Stuttgart, am Freitag nach Laupheim gekommen. Vor dem Kulturhaus hoffen sie einen Blick auf Roland Emmerich zu erhaschen, den sie für seine technisch ausgefeilten Action-Filme bewundern. Plötzlich schreitet genau dieser Emmerich auf sie zu, er will frische Luft schnappen vor der Gala, bei der er für sein Lebenswerk geehrt werden soll. Lässt er sich ansprechen? Kein Problem. Zwei Minuten Small-talk sind drin, ein Selfie ebenfalls, und als Krönung signiert der Meister mit silberfarbenem Marker die Rückwand der Fotoapparate. Robin und Lucas strahlen: Diese Reise hat sich gelohnt.
Nicht nur für sie. Was Rang und Namen hat in der deutschen Filmwirtschaft, ist in die Große Kreisstadt geströmt, um eine Premiere zu feiern: die erstmalige Verleihung des mit 40 000 Euro dotierten CarlLaemmle-Produzentenpreises. Die Allianz der deutschen Film- und Fernsehproduzenten und die Stadt Laupheim haben die Auszeichnung gemeinsam ins Leben gerufen. Namensgeber ist der vor 150 Jahren in Laupheim geborene Carl Laemmle. Er gründete 1912 die Universal Studios und legte mit dem Bau der Filmstadt Universal City den Grundstein für die Traumfabrik Hollywood. Erster Preisträger ist der Produzent, Regisseur und Drehbuchautor Roland Emmerich. Über den roten Teppich Ein bisschen wie Hollywood fühlt sich denn auch der Gala-Abend an. Limousinen fahren vor, denen Stars wie Veronica Ferres, Jürgen Prochnow, Jutta Speidel und Sonja Kirchberger entsteigen. Im Blitzlichtgewitter der Fotografen schreiten sie über den roten Teppich, lächeln hier, posieren dort. Auch lokale und überregionale Prominenz aus Politik und Wirtschaft und einige Laupheimer, die Eintrittskarten gewonnen haben, dürfen sich im Rampenlicht sonnen. Knapp 500 Gäste sind geladen, mehr fasst das Kulturhaus bei einer Veranstaltung dieses Zuschnitts nicht. Ein Mehrfaches an Tickets hätten die Organisatoren locker losbekommen.
Die Bühne ist in grün-goldenes Licht getaucht. Das Laupheimer Salonorchester und der Tenor Philipp Nicklaus stimmen „Sing a little love song“an, aus dem Universal-Film „Broadway“von 1929. Eine Filmsequenz zeigt Carl Laemmle 1925 auf Heimatbesuch und Ausschnitte aus Universal-Klassikern wie „Phantom der Oper“, „Frankenstein“und „Im Westen nichts Neues“.
„Back to the roots, zurück zu den Wurzeln“könnte der Abend überschrieben sein, begrüßt Oberbürgermeister Rainer Kapellen die Gäste und erinnert an Laemmle, der mutig in die Zukunftsindustrie der bewegten Bilder investierte und größer dachte als die Konkurrenz: „Universal City wurde zur Blaupause aller künftigen Studios.“
Laemmle sei freilich mehr als Hollywood, betont Kapellen und verweist auf die wohltätige Unterstützung der alten Heimat und Laemmles humanitäres Engagement für von den Nazis verfolgte jüdische Deutsche. Mitmenschlichkeit und das Einstehen für Schutzbedürftige seien auch heute, da vielerorts neue Mauern und Grenzzäune gezogen werden, eine Notwendigkeit, betont Kapellen und wird unverhohlen politisch. Roland Emmerich habe das Weiße Haus in seinen Filmen das ein oder andere Mal von außen zerstört, „jetzt aber ist jemand auf dem besten Weg, dies von innen zu tun“.
Christoph Palmer, Geschäftsführer der Produzentenallianz, erläutert die Gründe, eine Laemmle-Trophäe zu kreieren. Filmproduzenten seien die Motoren und Ermöglicher der Branche, sie stünden aber eher selten im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses. Ein repräsentativer Preis, der ihr Schaffen würdige, habe bisher in Deutschland gefehlt. Diesen Preis künftig jedes Jahr in Laemmles Vaterstadt zu verleihen, besitze besonderen Charme.
Für die Landesregierung spricht der stellvertretende Ministerpräsident Thomas Strobl. Er zieht eine Linie von Laemmle zu Emmerich: beide seien waschechte Schwaben mit landestypischen Tugenden und „echte Exportschlager“.
Martin Moszkowicz, Vorstandschef der Constantin Film AG und Jury-Vorsitzender, erklärt, warum die Wahl auf Emmerich fiel: „Er ist ein Visionär, dessen unverwechselbare Handschrift und Kreativität das Kino nachhaltig prägen.“Mit seinem originären Talent für außergewöhnliche Geschichten, technischen Innovationen und seinem besonderen Geschick als Produzent habe der gebürtige Stuttgarter Maßstäbe in der Kino-Unterhaltung gesetzt. Mit einem Einspielergebnis von mehr als 3,8 Milliarden US-Dollar sei er zudem einer der erfolgreichsten Filmemacher aller Zeiten. Im Namen von NBC Universal gratuliert der Geschäftsführer der deutschen Niederlassung, Paul Steinschulte. „Wer wäre nicht gern so ein Held“Der Schauspieler und Laudator Jürgen Prochnow kennt den Preisträger noch aus einer Zeit, als das Modell einer Corvette auf dessen Schreibtisch stand und Emmerich sagte: „Dieses Auto hätte ich gern in Groß“. Heute sei er eine Hollywood-Legende wie Carl Laemmle. Was Prochnow bewundert: In Filmen wie „Independence Day“oder „The Day After Tomorrow“seien die Helden und Hoffnungsträger gewöhnliche Menschen, die in einer aktuellen Bedrohung über sich hinauswachsen – „wer wäre nicht gern so ein Held“. Emmerich habe auch stets den deutschen RegieNachwuchs unterstützt und damit der hiesigen Filmindustrie große Dienste erwiesen.
Dann ist es soweit: Der Preisträger hält die von der Majolika-Manufaktur in Karlsruhe gefertigte Trophäe in Händen, ein stilisiertes Lamm, aus weißem Ton gebrannt. Beifallsrufe erschallen, es gibt „Standing Ovations“. Emmerichs Blick sagt in diesem Moment mehr, als es tausend Gesten könnten: In seinen Augen liegt tief empfundene Freude über die Würdigung in der Heimat.
Irgendwann erwacht er aus dem Zauber des Moments und geht ans Rednerpult. „Jetzt setzen sich erst mal alle wieder hin und beruhigen sich“, spricht er lächelnd und dankt in bewegten Worten seiner im Saal anwesenden Mutter Hilde (89), die ihn immer unterstützt habe, seiner Schwester Ute, mit der er die Produktionsfirma „Centropolis“betreibt – und „meinem zukünftigen Mann“. Der 61-jährige Starregisseur deutet auf seinen rund 30 Jahre jüngeren Lebensgefährten Omar de Soto, der in der ersten Reihe sitzt, und verkündet, was augenblicklich weltweit die Runde macht: „Wir sind seit achteinhalb Jahren zusammen und ich bin stolz zu sagen, diesen Sommer heiraten wir.“
Ein hollywoodreifes Happy End scheint zum Greifen nah.
„Er ist ein Visionär, dessen unverwechselbare Handschrift und Kreativität das Kino nachhaltig prägen.“Der Jury-Vorsitzende Martin Moszkowicz über Roland Emmerich