Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Rock 'n' Roll in der Luft“
Kraft stößt mit Weltrekord in neue Dimension vor – Wellinger stürzt am Monsterbakken böse ab
(SID) - Stefan Kraft stapfte nach seinem spektakulären Weltrekord-Flug noch einmal zurück auf den Hang. Genau dort, wo der Österreicher kurz zuvor nach unglaublichen 253,5 m zur Landung angesetzt hatte, ging Kraft in die Knie und deutete mit dem Finger in den Schnee. „Hier war es. Wahnsinn, einfach Wahnsinn. Genau dafür fängt man mit dem Skispringen an“, sagte der 23-Jährige nach seinem Vorstoß in neue Dimensionen.
Nur zwei Wochen nach DoppelGold bei der WM in Lahti setzte Kraft mit der Bestmarke und seinem Gesamtsieg bei der neuen „Raw Air“-Serie vor Kamil Stoch (Polen) und Andreas Wellinger seinem Traum-Winter die Krone auf. Auf dem Monsterbakken in Vikersund, der größten Schanze der Welt, flog und flog er, lag sechs Sekunden in der Luft, sieben, acht – und setzte in letzter Sekunde zu einer höchst wackligen Landung an. Kraft blieb mit Mühe auf den Ski, der Rest war Jubel.
„Bei 100 Metern habe ich gemerkt: Jetzt geht es richtig ab, das wird ein Weltrekord. Bei 200 Metern dachte ich nur noch: Bitte steh den Sprung, schmeiß dich nicht hin“, sagte Kraft. Es klappte: Das Flugwunder brachte wenige Millimeter zwischen sein Gesäß und den Schnee, nur einer der fünf Sprungrichter wertete die Landung als Sturz – Weltrekord. „Das war pures Adrenalin“, sagte Kraft.
Gleiches hätte wohl auch Andreas Wellinger gern ausgekostet, doch überwog bei Deutschlands Überflieger eher die Wut, als er gestern den schon sicher geglaubten Gesamtsieg verpasste. „Ich bin stinksauer“, schimpfte Wellinger, der sich von der Rennleitung böse verschaukelt und um die Siegprämie von 60 000 Euro gebracht fühlte. Der zur Halbzeit nach starken 242,0 m noch führende 21-Jährige „hüpfte“bei widrigen Bedingungen nur auf 166,0 m und wurde auf den 18. Rang durchgereicht. Kraft kassierte die stattliche Gewinnerprämie, Wellinger für Rang drei immerhin 10 000 Euro. Was Wellinger derart auf die Palme brachte: Vor dem zweiten Sprung von Weltrekordler Kraft hatte die Jury den Anlauf verringert und war bei der tieferen Luke auch geblieben, als Wellinger kurz danach bei deutlich schlechteren Bedingungen an der Reihe war.
„Das war ziemlich Rock 'n' Roll in der Luft“, hatte Wellinger nach dem ersten Durchgang über die schwierigen Bedingungen am Monsterbakken gesagt – er behielt recht.