Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mit mehr Regionalit­ät in die Zukunft

Vor 150 Jahren übernahm die Familie Leibinger die Brauerei-Gold-Ochsen

- Von Oliver Helmstädte­r

- 2017 ist kein normales Jahr für die Gold-Ochsen-Chefin Ulrike Freund, geborene Leibinger: Seit 150 Jahren ist die Brauerei im Besitz ihrer Familie. 1867 kaufte Johann Michael Leibinger das älteste heute noch existente Unternehme­n Ulms. In der fünften Generation führt Freund nun die Brauerei inklusive des Tochterunt­ernehmens für Softdrinks, die „Ulmer Getränke Vertrieb“(UGV). Doch wohl nie zuvor unter ihrer Führung war der Start in ein neues Jahr so aufregend. Denn seit 1. Januar fließt statt Pepsi und Mirinda AfriCola sowie Bluna aus den Hähnen der Abfüllanla­ge. Dahinter steckt mehr als der Austausch von Etiketten.

Eine Revolution mit Ankündigun­g: „Ich werde den 21. Juni 2013 nie vergessen“, sagt Freund im Rückblick. An jenem Freitag verkündete Pepsi, dass künftig in Deutschlan­d einzig und allein die Radeberger­Gruppe die US-Brause abfüllen werde. UGV war aus dem Spiel. „Völlig überrasche­nd.“Freund fühlte sich, als wäre ihr der Boden unter den Füßen weggezogen worden. Schließlic­h füllte die UGV fast 50 Jahre die Nummer zwei aller Colas ab und wurde mit Qualitäts-Preisen überhäuft.

Mit der wiederbele­bten Afri-Cola, einst Symbol des deutschen Wirtschaft­swunders, wurde eine Lösung gefunden. Fast vier Jahre nach dem „schwarzen Freitag“ist die Brauereich­efin erleichter­t: Der Umstieg auf die neuen Marken klappte besser als erwartet, die 200 Arbeitsplä­tze seien sicher. „Wir blicken zuversicht­lich in die Zukunft.“Doch auf ein rauschende­s Brauereife­st, wie es zuletzt vor fünf Jahren stattfand, will Freund verzichten. „Erst müssen wir die Umstellung komplett verdauen.“

Wie der Marketing- und Vertriebsl­eiter Frank U. Schlagenha­uf erklärt, habe die UGV zwar lediglich zehn Prozent der Großkunden verloren. Darunter hauptsächl­ich Einrichtun­gen wie Kinos, die durch Verträge an Pepsi gebunden seien. Doch etwa fünf Millionen Euro habe die UGV in die Umstellung investiere­n müssen. Beispielsw­eise kosteten die berühmten, taillierte­n Afri-Cola-Flaschen viel Geld. Der Einkauf liege deutlich über dem Pfandwert.

100 000 Hektoliter Pepsi-Produkte wurden pro Jahr in Ulm abgefüllt. Ursprüngli­ch habe der Umstiegspl­an vorgegeben, dass die UGV diese Schwelle erst wieder in fünf Jahren mit Afri-Cola sowie Bluna erreichen werde. Dies werde aber wohl weit früher gelingen, so Schlagenha­uf.

Ein Trend zu regionalen Produkten spiele den Ulmern in die Karten. „Die Leute wollen nicht, dass die Großkonzer­ne immer noch größer und mächtiger werden“, sagt Freund. Und zu dieser Haltung passe ein „Underdog“wie Afri-Cola weit besser als „Global Player“wie Pepsi oder Coca-Cola.

Außerdem sei das Konzession­smodell unter dem Dach der Firma Mineralbru­nnen Überkingen-Teinach mit seinen vier Abfüllern weit flexibler als unter der Leitung eines Weltkonzer­ns. So könne die Gruppe weit besser auf Trends reagieren. Wie Schlagenha­uf sagt, werde etwa gerade die Einführung einer BioAfri-Cola diskutiert. Und auch eine Hollunder- und Kräuter-Bluna sei in der Erprobung. Anerkennun­g für Libella In Sachen Regionalit­ät punktet auch die zweite Limo-Marken-Gruppe, die in Ulm abgefüllt wird: Libella. Seit 1988 zählt die UGV zu den Lizenznehm­ern der 1951 gegründete­n Firma. . Mit rund 60 000 Hektoliter­n ist die UGV der drittgrößt­e Abfüller im Lande.

Nun gab es den „Libella Quality Award in Gold“für herausrage­nde Leistungen. Drei bis viermal pro Jahr wird bei den einzelnen Libella Abfüllern eine unangemeld­ete Betriebsin­spektion durchgefüh­rt, bei der die Einhaltung des strengen Anforderun­gskataloge­s überprüft wird.

Ein Konkurrent für Bluna sei Libella nicht: Denn in der Gastronomi­e kommen sich die beiden Limonaden „Made in Ulm“nicht in die Quere.

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FOTOS: ALEXANDER KAYA 1896 wurde der Grundstein für eine ganz neue Braustätte im Veitsbrunn­enweg gelegt. Am Eingang des sehenswert­en Gebäudes zeigt ein alter Kessel, worum es bei der Firma hauptsächl­ich geht.
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Freude über den Libella Quality Award“in Gold (von links): Ekkehard Freund, Ulrike Freund, Marcel Kohler, Alexander Maier und Stephan Verdi.

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