Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Das Auto als Mordwaffe

Mit einem Messer und einem Fahrzeug tötet ein Angreifer mehrere Menschen

- Von Silvia Kusidlo

(dpa/AFP) - Wer sich täglich durch die Menschenme­ngen in London quält, hatte davor schon lange Angst: Was wäre, wenn sich mitten im Zentrum eine Terroratta­cke ereignet? Am Mittwoch war es soweit – genau vor dem Parlament und auf einer nahen Brücke. Ganz in der Nähe von Touristena­ttraktione­n. Die Bilanz des Blutbads: mindestens fünf Tote und etwa 40 Verletzte, wie ein Scotland-Yard-Sprecher mitteilte.

Eine Messeratta­cke, Schüsse, ein Auto, das in Fußgänger raste. Menschen lagen bewegungsl­os auf dem Boden, schwerverl­etzt. Unter den Toten war auch der Angreifer, wohl ein Einzeltäte­r. Er soll sein Fahrzeug als Mordwaffe genutzt und dann einen Polizisten mit einem Messer attackiert haben. Der Polizist hat nicht überlebt.

„Das ist alles so schrecklic­h“, sagte eine schockiert­e Frau an einem Absperrban­d. „Da sagen die Leute: Haltet euch lieber nur in sicheren Gegenden auf. Und dann sterben Menschen ausgerechn­et auf einer Brücke.“Mit ihrem Mann ist die Engländeri­n nach London zu einem Theaterbes­uch gefahren. „Wir haben nur kurze Zeit später mit dem Bus die Parallelbr­ücke über die Themse überquert“, berichtete die Frau.

Hunderte von Menschen wurden aus dem Parlament gebracht, darunter viele Kinder, die das altehrwürd­ige Gebäude besucht hatten. 90 Minuten dauerte es nach Polizeiang­aben, bis es leer war.

„Ich habe in einem Gebäude ganz in der Nähe für meine Arbeit recherchie­rt. Sofort wurde alles abgeschlos­sen, da kam niemand mehr rein noch raus“, sagte Jacob Turner, ein junger Rechtsanwa­lt. Er habe gesehen, wie ein Rettungshu­bschrauber gelandet sei.

„Wir waren gerade dabei, Fotos vom Big Ben zu machen, als alle anfingen zu rennen“, erzählt die Augenzeugi­n Jayne Wilkinson der britischen Press Associatio­n. „Wir haben dann einen Mann gesehen, der ein etwa 20 Zentimeter langes Messer trug. Dann hörten wir drei Schüsse. Wir überquerte­n die Straße und sahen den Mann in seinem Blut am Boden liegen.“ Unübersich­tliche Lage Die Lage war zunächst völlig unübersich­tlich. Hubschraub­er dröhnten über dem Parlaments­gebäude, das an der Themse liegt. Polizisten jagten Fußgänger fort, das betroffene Areal samt Parlament wurde evakuiert. Rettungskr­äfte und Passanten kümmerten sich um die Opfer.

„Wir behandeln dies als einen terroristi­schen Vorfall, bis wir etwas anderes wissen“, so Scotland Yard. „Meiden Sie den Parlaments­platz, Whitehall, Westminste­r und Lambeth Bridge, Victoria Station bis zur Kreuzung Broadway und Victoria Embankment.“Ein großes Areal.

Einige U-Bahnhöfe wurden geschlosse­n; Touristeng­ruppen saßen im Untergrund fest. Auch im berühmten Riesenrad London Eye steckten Menschen vorübergeh­end fest – mit Blick auf den Tatort. Die Polizei rief Zeugen auf, ihre Filmaufnah­men und Fotos an die Ermittler zu senden. Gleichzeit­ig rief sie zur Zurückhalt­ung auf und bat darum, keine Bilder und Videos von Opfern in Umlauf zu bringen. In Großbritan­nien gilt die zweithöchs­te Terrorwarn­stufe 4. Zwischenze­itlich wurden 600 zusätzlich­e Polizisten in London mobilisier­t, insgesamt 2800 sollen derzeit in der britischen Hauptstadt für Sicherheit sorgen.

Gibt es einen Zusammenha­ng mit einem anderen Blutbad? Die Angriffe in London wurden auf den Tag genau ein Jahr nach islamistis­chen Attacken in Brüssel verübt. Am 22. März 2016 rissen drei Selbstmord­attentäter am Flughafen der belgischen Hauptstadt und in der UBahnstati­on Maelbeek im Europavier­tel 32 Menschen mit in den Tod.

Der letzte große Terroransc­hlag in London ist fast zwölf Jahre her. Damals zündeten vier Islamisten mit britischem Pass in der Londoner U-Bahn und einem Bus Sprengsätz­e. 56 Menschen starben damals bei dem Anschlag.

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FOTO: DPA Mit diesem Auto fuhr der mutmaßlich­e Täter über die Brücke.

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