Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Das Auto als Mordwaffe
Mit einem Messer und einem Fahrzeug tötet ein Angreifer mehrere Menschen
(dpa/AFP) - Wer sich täglich durch die Menschenmengen in London quält, hatte davor schon lange Angst: Was wäre, wenn sich mitten im Zentrum eine Terrorattacke ereignet? Am Mittwoch war es soweit – genau vor dem Parlament und auf einer nahen Brücke. Ganz in der Nähe von Touristenattraktionen. Die Bilanz des Blutbads: mindestens fünf Tote und etwa 40 Verletzte, wie ein Scotland-Yard-Sprecher mitteilte.
Eine Messerattacke, Schüsse, ein Auto, das in Fußgänger raste. Menschen lagen bewegungslos auf dem Boden, schwerverletzt. Unter den Toten war auch der Angreifer, wohl ein Einzeltäter. Er soll sein Fahrzeug als Mordwaffe genutzt und dann einen Polizisten mit einem Messer attackiert haben. Der Polizist hat nicht überlebt.
„Das ist alles so schrecklich“, sagte eine schockierte Frau an einem Absperrband. „Da sagen die Leute: Haltet euch lieber nur in sicheren Gegenden auf. Und dann sterben Menschen ausgerechnet auf einer Brücke.“Mit ihrem Mann ist die Engländerin nach London zu einem Theaterbesuch gefahren. „Wir haben nur kurze Zeit später mit dem Bus die Parallelbrücke über die Themse überquert“, berichtete die Frau.
Hunderte von Menschen wurden aus dem Parlament gebracht, darunter viele Kinder, die das altehrwürdige Gebäude besucht hatten. 90 Minuten dauerte es nach Polizeiangaben, bis es leer war.
„Ich habe in einem Gebäude ganz in der Nähe für meine Arbeit recherchiert. Sofort wurde alles abgeschlossen, da kam niemand mehr rein noch raus“, sagte Jacob Turner, ein junger Rechtsanwalt. Er habe gesehen, wie ein Rettungshubschrauber gelandet sei.
„Wir waren gerade dabei, Fotos vom Big Ben zu machen, als alle anfingen zu rennen“, erzählt die Augenzeugin Jayne Wilkinson der britischen Press Association. „Wir haben dann einen Mann gesehen, der ein etwa 20 Zentimeter langes Messer trug. Dann hörten wir drei Schüsse. Wir überquerten die Straße und sahen den Mann in seinem Blut am Boden liegen.“ Unübersichtliche Lage Die Lage war zunächst völlig unübersichtlich. Hubschrauber dröhnten über dem Parlamentsgebäude, das an der Themse liegt. Polizisten jagten Fußgänger fort, das betroffene Areal samt Parlament wurde evakuiert. Rettungskräfte und Passanten kümmerten sich um die Opfer.
„Wir behandeln dies als einen terroristischen Vorfall, bis wir etwas anderes wissen“, so Scotland Yard. „Meiden Sie den Parlamentsplatz, Whitehall, Westminster und Lambeth Bridge, Victoria Station bis zur Kreuzung Broadway und Victoria Embankment.“Ein großes Areal.
Einige U-Bahnhöfe wurden geschlossen; Touristengruppen saßen im Untergrund fest. Auch im berühmten Riesenrad London Eye steckten Menschen vorübergehend fest – mit Blick auf den Tatort. Die Polizei rief Zeugen auf, ihre Filmaufnahmen und Fotos an die Ermittler zu senden. Gleichzeitig rief sie zur Zurückhaltung auf und bat darum, keine Bilder und Videos von Opfern in Umlauf zu bringen. In Großbritannien gilt die zweithöchste Terrorwarnstufe 4. Zwischenzeitlich wurden 600 zusätzliche Polizisten in London mobilisiert, insgesamt 2800 sollen derzeit in der britischen Hauptstadt für Sicherheit sorgen.
Gibt es einen Zusammenhang mit einem anderen Blutbad? Die Angriffe in London wurden auf den Tag genau ein Jahr nach islamistischen Attacken in Brüssel verübt. Am 22. März 2016 rissen drei Selbstmordattentäter am Flughafen der belgischen Hauptstadt und in der UBahnstation Maelbeek im Europaviertel 32 Menschen mit in den Tod.
Der letzte große Terroranschlag in London ist fast zwölf Jahre her. Damals zündeten vier Islamisten mit britischem Pass in der Londoner U-Bahn und einem Bus Sprengsätze. 56 Menschen starben damals bei dem Anschlag.