Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Reinhard Grindel überzeugt die Zuhörer
Fußball: 120 Gäste beim Besuch des DFB-Präsidenten in Uttenweiler
- Reinhard Grindel, seit April 2016 Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), des größten Einzelsportfachverbandes der Welt, weiß, wo er herkommt. Von der Basis. Das hat er am Dienstagabend, bei seinem Besuch in Uttenweiler gezeigt.
Nicht nur, weil Reinhard Grindel zeigte, dass er ein offenes Ohr für die Belange der Vereine hat. Als ihm Wolfgang Dahler, Vorsitzender des SV Uttenweiler, und dessen Stellvertreterin Monika Vogel als Abschiedsgeschenk einen Fanschal des SVU und eine Anstecknadel mit dem Wunsch überreichten, Grindel könne die doch beim nächsten oder übernächsten Länderspiel tragen, schmunzelten alle, inklusive Grindel selbst. Nach einer kurzen Bedenkpause kündigte er an: „Normalerweise haben wir bei Länderspielen immer eine Anstecknadel am Revers, die sich auf das betreffende Länderspiel bezieht. Aber ich schaue mal, was ich tun kann. Nein, ich trage beim Spiel in London gegen England die Nadel und hoffe, dass unsere Marketingabteilung nicht gleich in Ohnmacht fällt.“Und so dürfte Fußball-Uttenweiler am Mittwochabend gebannt auf die Fernsehübertragung aus London geblickt haben. Basis und Ehrenamt weiter stärken Reinhard Grindel zeigt nicht nur bei dieser Gelegenheit, dass er von der Basis kommt. Der Niedersachse Grindel ist gelernter Journalist und war von 1997 bis 1999 Leiter des ZDF-Hauptstadtstudios in Berlin, anschließend bis 2002 Studioleiter in Brüssel. Danach saß er bis zu seiner Wahl als DFBPräsident für die CDU im Bundestag und lange Jahre im Führungsgremium eines Amateurvereins, des 1. Rotenburger SV. Grindel wirkt glaubwürdig, wenn er davon spricht, die Basis und das Ehrenamt weiter stärken zu wollen und zum Ziel hat, die „Großen“zu Gunsten der „Kleinen“verstärkt zur Kasse zu bitten. „Natürlich können wir die Mittel, die wir bekommen, nicht direkt an kleine, klamme Vereine weitergeben. Das wäre ja auch eine Verzerrung des Wettbewerbs gegenüber denen, die seriös arbeiten“, sagt Grindel.
Ums Geld ging es auch in einem Diskussionsbeitrag von Jürgen Hinderhofer, Vorstandsmitglied des FC Mengen. „Es ist doch Wahnsinn, dass ein ehrenamtlicher Kassenwart mit einem jährlichen Haushalt von um die 100 000 Euro Einnahmen und ebenso hohe Ausgaben umgehen und sie verbuchen muss. Die Einnahmen der Amateurvereine gründen sich auf zwei Eckpfeiler: „Zum einen müssen wir jährlich bei vielen kleinen Sponsoren betteln gehen“, sagt Hinderhofer. Zum anderen seien es die Mitgliedsbeiträge. „Doch die sind so niedrig, bei uns 30 Euro im Jahr, dass wir auf Dauer nicht umhin kommen, diese deutlich zu erhöhen“, so Hinderhofer. „Und wenn wir 100 Euro verlangen, sagen vielleicht viele Eltern: ,Das ist uns zu teuer.‘ Da gehen uns vielleicht viele Talente durch die Lappen.“Anders seien die steigenden Kosten wie für Aufwandsentschädigungen für Übungsleiter nicht mehr aufzufangen. Grindel blieb in diesem Punkt eine Antwort schuldig, verurteilte aber, dass viele Vereine im Amateurbereich bereits die Übungsleiter zahlten. Wenn man Ehrenamtliche zahle, komme dies einer Bankrotterklärung gleich.
Und so ließ Grindel am Dienstagabend auch kritische Fragen und Anmerkungen zu, blieb dabei sachlich und versuchte die Fragen zu beantworten. Dementsprechend war das Echo am späten Dienstagabend: „Ich fand es ganz interessant“, meinte der SVU-Vorsitzende Wolfgang Dahler. „Auch im Gespräch im kleinen Kreis vor seinem Vortrag hat er sich sehr interessiert gezeigt, wollte alles wissen. Mannschaften, Sportplätze, Verein, wie viele Mitglieder und so weiter“, zeigte sich Dahler vom Gast angetan. „Eine starke Persönlichkeit“Das empfand auch Michael Hurler, geschäftsführender Präsident des Württembergischen Fußballverbands (WFV) so. „Ich denke, man hat gemerkt, dass Reinhard Grindel selbst von der Basis kommt.“Auch der Donau-Bezirksvorsitzende Jürgen Amendinger sah den Abend positiv. „Grindel ist eine starke Persönlichkeit. Ich habe ihn zum ersten Mal erlebt. Ich denke und hoffe, dass er die Interessen des DFB bei den höher geordneten Gremien wie der Fifa sehr gut vertreten kann“, sagte Amendinger. „Er hat eine gewaltige Kompetenz. Dass das Geld aus der Umverteilung nicht in die Vereine direkt fließen kann, ist klar. Aber ich denke und hoffe, dass das Geld in die Infrastruktur und in die Landesverbände geht.“
Das sieht auch Norbert Selg, Vorsitzender des FV Neufra so: „Natürlich klappt das nicht, dass das in die Vereine direkt geht, auch in der Frage der Ablöseregelung.“Aber das Geld könne über die Landesverbände an die kleinen Vereine fließen, um so beispielsweise Lehrgänge zu bezuschussen. „Und: Die Verbände tun ja schon viel. Beispiele sind der Vereinsehrenamtspreis oder das Paket anlässlich der WM 2006, das alle Vereine erhalten haben.“
Stefan Schädle, Abteilungsleiter des SV Uttenweiler, freute sich über den aus Vereinssicht gelungenen Abend. „Grindel wirkte auf mich sehr authentisch. Er hat gezeigt, dass er einen Bezug zu den kleinen Vereinen hat“, sagte er. „Mit der Gästezahl sind wir absolut zufrieden. Vor einigen Jahren war mal Egidius Braun als DFBPräsident in Biberach. Da waren 20 Leute da. Deshalb können wir mit etwas mehr als 120 Gästen sehr zufrieden mit der Resonanz sein.“