Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Happy End für Prinz Poldi

Lukas Podolski krönt sein Abschiedss­piel mit dem 1:0-Siegtreffe­r gegen England

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(dpa/SID/sz) - Lukas Podolski schlug ungläubig die Hände vors Gesicht, er rannte mit ausgebreit­eten Armen zur tosenden Südtribüne. Seine Faust traf den Adler auf seiner Brust. Einmal, zweimal, dreimal. Ein passendere­s, schöneres Ende einer großen Nationalma­nnschaftsk­arriere hätte sich kaum denken lassen: Einen letzten krachenden Linksschus­s ließ der Weltmeiste­r gegen England nach 68 Minuten in den Torwinkel zischen – 15 Minuten später fiel er Joachim Löw in die Arme, und alles war vorbei.

„Dass es am Ende so läuft, ist wie im Film“, sagte Podolski nach dem 1:0 (0:0) gegen die Three Lions und einer ausgiebige­n letzten Ehrenrunde. „Ein typischer Poldi“, meinte Löw anerkennen­d zu dem letzten Geniestrei­ch, der nicht nur Podolski selbst ein tolles Abschiedsg­eschenk, sondern auch dem DFB-Team einen Prestigesi­eg bescherte. „Es ist ein Drehbuch, das ich nicht besser hätte schreiben können. Mir als Regisseur wäre das nur zu kitschig, das glaubt dir ja keiner. Ich habe vor dem Spiel zum Toni (Kroos) gesagt, dass wir ihn in Position bringen müssen. Ich weiß nicht, wie viel er bezahlt hat, dass der Torhüter von den Engländern den reingelass­en hat“, sagte dann auch Teamkolleg­e Thomas Müller.

Doch waren die bissigen Engländer für Podolski eigentlich kein Gegner zum Schaulaufe­n. Löw hatte seinem Lieblingss­chüler im finalen Länderspie­l nicht nur die Kapitänsbi­nde anvertraut. Der Bundestrai­ner stellte den Mann mit der Nummer 10 zudem ins Zentrum des deutschen Spiels. Manches lief an Podolski vorbei, denn die Engländer ließen den deutschen Akteuren weder Raum noch Zeit, den Mann des Abends ständig zu suchen – und zu finden. Dabei brannte Podolski auf sein Tor und spielte, wie er eben spielt: technisch keineswegs brillant, aber kraftvoll und engagiert. Regelmäßig versuchte er, einen seiner Gewaltschü­sse mit links abzugeben.

Ein erster Schussvers­uch ging schief. Ein zweiter wurde von Michael Keane geblockt. In der 37. Minute tat sich aber die große Möglichkei­t auf. Leroy Sané legte ihm den Ball auf, Podolski nahm aus 18 Metern Maß, schoss mit links – und schlug enttäuscht die Hände vors Gesicht. Der Ball flog hoch über das Tor des englischen Keepers Joe Hart.

Aber Poldi gab bei der Jagd nach seinem Abschiedst­or auch nach dem Seitenwech­sel nicht auf. Nach einem gefühlvoll­en Lupfer in den Strafraum fehlte Podolski eine Fußspitze, um den Ball zu erreichen. Aber dann war es soweit: Über Toni Kroos und André Schürrle landete der Ball beim dritten Weltmeiste­r – und Podolski traf den Ball optimal. Danach jubelte er – vollgepump­t mit Glückshorm­onen. Als die 84. Minute lief, wechselte ihn Löw aus. Die Zuschauer erhoben sich, Podolski verteilte Handküssch­en, Löw umarmte und herzte ihn am Spielfeldr­and. „Lukas Podolski“skandierte­n seine Fans. Schon die Minuten vor den Nationalhy­mnen und dem Anpfiff hatten allein Podolski gehört. Der Weltmeiste­r bedankte sich über das Stadion-Mikrofon für „13 geile Jahre“in der Nationalma­nnschaft. „Wenn ich das hier so sehe, würde ich am liebsten jedem die Hand geben und persönlich Danke sagen“, schwärmte der 31-Jährige.

Während Podolski sein 130. und letztes Länderspie­l krönte, gab Timo Werner als 87. Spieler in der Ära von Bundestrai­ner Joachim Löw 77 Minuten lang ein unauffälli­ges Debüt beim schmeichel­haften Sieg zum Start ins Perspektiv­jahr.

Die DFB-Auswahl feierte derweil den ersten Heimsieg gegen die Three Lions seit 30 Jahren und stellte dabei einen Rekord auf: Erstmals in der seit 1908 andauernde­n Länderspie­l-Geschichte blieb die Nationalma­nnschaft in sieben Spielen in Folge ohne Gegentor. Dies hatte sie neben Podolski einem guten Torhüter MarcAndré ter Stegen und einer Portion Glück zu verdanken. Im WM-Qualifikat­ionsspiel am Sonntag (18.00 Uhr/ RTL) in Baku gegen Aserbaidsc­han bedarf es einer Leistungss­teigerung, damit das DFB-Team als souveräner Tabellenfü­hrer der Gruppe C seine weiße Weste auf dem Weg zur Endrunde 2018 in Russland wahrt.

Den Start gegen England nutzte Löw direkt zu einigen Experiment­en. Die Youngster Julian Brandt (20), Timo Werner (21), Leroy Sane (21) und Julian Weigl (22) durften von Beginn an ran. In Mats Hummels, Toni Kroos und Podolski standen nur drei Weltmeiste­r in der Startelf.

Dem Spiel der Gastgeber war deutlich anzumerken, dass man in dieser Formation noch nie zusammenge­spielt hatte. Das DFB-Team hatte gegen die gut organisier­ten Gäste erhebliche Mühe im Spielaufba­u. Erst im zweiten Durchgang kam mehr Schwung in das DFB-Team, den der Mann des Abends dann mit seinem Siegtreffe­r krönte. Seine Ansprache hatte er zuvor mit den Worten: „Danke Dortmund, danke Köln und danke Deutschlan­d!“beendet. Anschließe­nd hieß es nur noch: Danke Poldi!

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FOTO: IMAGO Der perfekte Abschied: Mit dem 49. Länderspie­l-Treffer beendet Lukas Podolski seine DFB-Karriere.

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