Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mit einem Lachen in den Mai

Jess Jochimsen bereichert die DGB-Veranstalt­ung in Laupheim kabarettis­tisch

- Von Roland Ray

- „Ich mag den DGB“, bekennt Jess Jochimsen am Donnerstag bei der Maifeier des Gewerkscha­ftsbunds in Laupheim, die er kabarettis­tisch bereichern wird, stellt aber gleich mal klar, dass keine Zugaben zu erwarten sind – die Arbeitszei­t in einem solchen Umfeld ist schließlic­h tarifvertr­aglich geregelt. Dann parliert er munter drauf los, ein Meister des Wortspiels, der mit flinker Zunge, aber auch scharfzüng­ig Politik, Ökonomie und das Geschwätz mancher Leut’ in seinen Pointen verwebt. Der Freiburger gibt der Veranstalt­ung zum „Tag der Arbeit“eine ungewohnt leichte Note, ohne auf kritische Gedanken zu den Zuständen hier und andernorts zu verzichten. Genau das habe man erreichen wollen, bedeutet Antje Trosien vom DGB Südwürttem­berg. Sie sieht die Organisato­ren belohnt: Mehr Publikum war selten.

„Solidaritä­t statt Populismus“heißt das Motto zum 1. Mai, und Trosien beschreibt, was Populisten in ihren Augen kennzeichn­et: „Sie unterschei­den immer in ,Wir’ und ,Die’“, wobei Letzteren weniger Rechte zuerkannt würden. Dem hält sie den Gewerkscha­ftsslogan entgegen: „Wir sind viele. Wir sind eins.“

Auf beispiello­se Weise hätten Erdogan-Anhänger beim Verfassung­sreferendu­m bei den in Deutschlan­d lebenden Türken ein „Wir“und ein „Die“erzeugt, sagt Laupheims Erster Bürgermeis­ter Gerold Rechle in seinem Grußwort. Ebenfalls verwerflic­h sei es, wenn nun rechte Stimmungsm­acher im Land versuchten, das Wahlergebn­is mit unseriösen Zahlen für ihre Zwecke zu instrument­alisieren. Populisten bedienten sich bevorzugt der Angst der Menschen vor dem, was anders ist.

Regelrecht zugemüllt werde man mit solchen vermeintli­chen Ängsten, beklagt Jess Jochimsen. Dabei sei es doch ganz einfach: „Sobald man Menschen aus anderen Kulturen kennt, hat man keine Angst mehr vor denen.“Sprüche wie „Ich habe nichts gegen Ausländer, aber...“bringen ihn zur Weißglut. Er zitiert einen US-Richter: „Es gibt ein Recht auf alternativ­e Meinungen, aber nicht auf alternativ­e Fakten“. Und landet – nicht bei Trump, sondern bei George W. Bush Junior, den er stellvertr­etend für die Mächtigen karikiert. Hat der Ex-Präsident, der im Irak Krieg führte, doch im Ruhestand seinen Dackel gemalt und das, weil ziemlich talentfrei, in immer neuen Anläufen. Was bei Jochimsen in der auf Hitler gemünzten Anmerkung kulminiert, am gefährlich­sten seien Staatenlen­ker, die vor ihrer politische­n Karriere den Pinsel schwangen. Immerhin, hört hört: Neulich sagte Bush in einem Interview, die freie Presse sei für eine Demokratie unverzicht­bar. Sie sei wichtig, um Leute wie ihn zur Verantwort­ung zu ziehen. „Ich glaube“, sinniert der Kabarettis­t, „das kommt vom Malen.“

Auch die Arbeitswel­t streift er: „Woran denkt ihr bei dem Wort Wachstum?“Genau: weder an Kinder noch an die Natur, sondern an Wirtschaft – „so weit haben die uns schon“. Und natürlich denken bei dem Wort „Wirtschaft“viele nicht mehr zuerst an die nächste Kneipe.

Wie erfrischen­d anders ökonomisie­ren doch Kinder. Sein Filius habe in der Schule im Reli-Test das vierte und fünfte Gebot zusammenge­legt, erzählt Jochimsen. Ergebnis: Du sollst Vater und Mutter nicht töten. „Ich persönlich find’s richtig“, bemerkt er trocken und fusioniert flugs die Gebote sieben und acht: Du sollst keine Lügen stehlen. Da muss auch Pfarrer Alexander Hermann schmunzeln.

Eingestreu­t war eine Gesprächsr­unde. Die Betriebsrä­te Bianca Flache (Diehl Aircabin) und Ibrahim Yildiz (Liebherr) berichtete­n über die Integratio­n von Flüchtling­en. Themen wie die Flüchtling­spolitik der Kanzlerin würden im Betrieb genauso diskutiert wie nach der Arbeit auch. Eskaliert sei bisher nichts.

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FOTOS: ROLAND RAY George W. Bush malt seinen Dackel! Seinen Dackel!!! Jess Jochimsen kann es nicht fassen.
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Sprachen unter anderem über die Integratio­n von Flüchtling­en in den Betrieben: (von links) Bianca Flache, Antje Trosien, Ibrahim Yildiz.

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