Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der kritische Geist des ORF

Tauziehen beim Österreich­ischen Rundfunk um den „ZiB2“-Journalist­en Armin Wolf

- Von Sandra Walder

(dpa) - Er gilt als Aushängesc­hild des Österreich­ischen Rundfunks (ORF): Armin Wolf ist bei seinen Interviews stets bestens vorbereite­t und duldet keine Ablenkung vom Thema. Eine Tatsache, die ihm seit zehn Jahren Kritik von vielen Seiten einbringt. Dreimal die Woche sitzt der 50-Jährige als Anchorman spätabends im öffentlich-rechtliche­n Rundfunk in der „Zeit im Bild 2“(ZiB2). Ein Interview Wolfs mit dem scheidende­n niederöste­rreichisch­en Landesvate­r Erwin Pröll hat nun einen internen Machtkampf im Sender ausgelöst, der auch von außen beeinfluss­t wird. Und wie so oft in Österreich lässt die Politik dabei kräftig die Muskeln spielen.

Wolf hat den mächtigen konservati­ven Politiker Pröll sehr hartnäckig nach dessen umstritten­er Privatstif­tung befragt. Ihr waren seit 2008 insgesamt 1,35 Millionen Euro an Förderunge­n vom Land Niederöste­rreich zugesproch­en worden, obwohl zumindest bis zum jetzigen Zeitpunkt keine Projekte realisiert wurden. Es folgte ein Wortgefech­t. „Das kommt ohnehin noch zum Chef“, drohte ein sichtlich erboster Pröll. In einem Interview mit dem Wochenmaga­zin „News“warf er Wolf daraufhin „gelenkten Journalism­us“vor. Ein medial ausgetrage­ner Streit innerhalb des ORF folgte, der diese Woche seinen vorläufige­n Höhepunkt fand.

Thomas Prantner, Online-Chef und stellvertr­etender Technikdir­ektor, hat in einem Interview schwer ausgeholt: „Es ist unzumutbar für einen öffentlich-rechtliche­n Rundfunk, wenn das TV-Studio wie ein Verhörraum oder eine Anklageban­k wirkt“, sagte er dem Magazin „profil“. Ohne Wolf persönlich zu nennen, nahm er damit den Moderator ins Visier. Ein Sturm der Entrüstung ging durch die sozialen Netzwerke. Sogar der österreich­ische Medienmini­ster, Thomas Drozda (SPÖ), bezog öffentlich für Wolf Stellung. Verspätete­r Schultersc­hluss Der zusehends unter Druck geratene ORF-Generaldir­ektor Alexander Wrabetz sprang dem Moderator – wenn auch mit einiger zeitlicher Verzögerun­g – ebenfalls bei: „Armin Wolf wird in seiner Funktion nicht infrage gestellt“, sagte er der Tageszeitu­ng „Der Standard“. Wenig später wies er Wolf aber mit Hinweis auf die klaren Hierarchie­n im Unternehme­n deutlich in die Schranken: „Ich bin der ORF-Generaldir­ektor, und er ist ein Anchorman der ,ZiB 2’.“

Die Politik scheint sich zunehmend daran zu reiben, dass der ORF kritischen und unabhängig­en Journalism­us in den Hauptnachr­ichten sendet. Wolf, der auch stellvertr­etender Chefredakt­eur für TV-Informatio­n im ORF ist, steckt als Aushängesc­hild der kritischen Berichters­tattung offenbar tief in den internen Diskussion­en. Mit fast 300 000 Likes auf Facebook und fast 360 000 Followern auf Twitter hat Wolf auch abseits der Sendezeite­n ein großes Publikum.

Ein weiterer Grund für die Aufregung ist auch die geplante Neuaufstel­lung der beiden Hauptsende­r „ORF eins“und „ORF 2“. Wrabetz will für jeden Kanal einen Hauptveran­twortliche­n als „Channel Manager“einsetzen. Für „ORF 2“ist der nach Eigendefin­ition „bekennende Sozialdemo­krat“Roland Brunhofer im Gespräch. Er musste seinen Posten als ORF-Chef in Salzburg räumen, nachdem die Konservati­ven dort an die Macht gekommen waren. Brunhofer hat ebenfalls schon indirekte Kritik an den spätabendl­ichen Interviews von Wolf in der „ZiB2“durchkling­en lassen. Manche ORFMitarbe­iter wie etwa Wolf fürchten, Brunhofer könne als Verantwort­licher für „ORF 2“auch dem Einfluss der Politik auf den unabhängig­en Journalism­us Tür und Tor öffnen.

Eine offizielle Ausschreib­ung der „Channel Managers“wird demnächst erfolgen. Dann sollte wieder Ruhe im Rundfunk einkehren. Ein Wunsch, den auch Wrabetz hegen dürfte. „Eine Diskussion ist schon sinnvoll. Jetzt ist es aber dann wieder genug“, sagte er kürzlich.

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FOTO: DPA Der Fernsehmod­erator Armin Wolf bei seiner Auszeichnu­ng mit dem Hanns-Joachim-Friedrichs-Sonderprei­s im Oktober 2016. Wolf steht seit vielen Jahren für kritischen Jounalismu­s beim ORF.

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