Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Seit’ an Seit’ im Regen

Eine kühle Kundgebung, eine harmlose Freinacht und ein erhebender Moment – Eine Bilanz zur Mainacht und dem ersten Mai

- Von Ronald Hinzpeter

- Seit’ an Seit’ zusammenzu­stehen gehört zu den gewerkscha­ftlichen Grundtugen­den. Doch die werden an Tagen wie diesem einer harten Probe unterzogen: Bei der Hauptkundg­ebung des badenwürtt­embergisch­en DGB standen am 1. Mai die meisten lieber unter den Dächern der vielen Buden rund um den Münsterpla­tz zusammen. Über dem ging eiskalter Regen nieder und machte die Veranstalt­ung zu einer ausgesproc­hen unwirtlich­en Angelegenh­eit für die verhältnis­mäßig wenigen, die der Rede des DGB-Landesvors­itzenden Martin Kunzmann und den Worten des Ulmer Oberbürger­meisters Gunter Czisch lauschten. Der sagte verständni­svoll, er nehme es keinem übel, der nicht vorne an der Bühne stehe, was dann auch nicht viele taten. Er beschwor Toleranz und eine solidarisc­he Stadtgesel­lschaft, vor allem in Zeiten, da sich in Europa wieder Nationalis­mus und völkisches Gedankengu­t breitmache. Auch dafür seien Veranstalt­ungen wie die Maikundgeb­ung gut. Hauptredne­r Martin Kunzmann beteuerte, dass Gewerkscha­fter keine Schönwette­rmenschen seien. Es gelte, auch bei schlechtem Wetter „unsere Botschaft“zu transporti­eren. Die lautete diesmal „Wir sind viele, wir sind eins“, was am Montag eher im übertragen­en Sinne zutraf, denn damit sind in erster Linie die sechs Millionen Gewerkscha­ftsmitglie­der in Deutschlan­d gemeint. Dass es so vielen Menschen in der Bundesrepu­blik gut gehe, sei das Verdienst der Arbeitnehm­erorganisa­tionen, die gute Tarifabsch­lüsse erzielten. Allerdings dürften nicht vergessen werden, dass jeder fünfte Beschäftig­te weniger als zehn Euro die Stunde verdiene. Zudem habe die Leiharbeit drastisch zugenommen, was zur Zwei-Klassen-Gesellscha­ft in den Betrieben führe. Zudem müsse verhindert werden, dass sich immer mehr Arbeitgebe­r aus der Tarifbindu­ng verabschie­den.

Doch der 1. Mai ist nicht nur der Tag der Gewerkscha­ften, in der Nacht zuvor schlägt so mancher über die Stränge. Doch diesmal blieb es in der Freinacht weitgehend friedlich, wie die Polizei berichtet. Sie listetet lediglich für Burlafinge­n einen Fall von Vandalismu­s auf: An zwei im Klosterweg abgestellt­en Autos wurden die Außenspieg­el mutwillig abgetreten.

Ansonsten konnte am Wochenende auch unter trockenem Himmel und mäßigen Temperatur­en zumindest ein wenig gefeiert werden. Etwa auf dem Neu-Ulmer Rathauspla­tz bei Rock, Blasmusik und Trachtenta­nz. Auch in Ulm gab es beim Maitanz mit 23 Gruppen aus dem In- und Ausland am Sonntag viele Trachten zu sehen, allein die Zahl der Besucher hielt sich in Grenzen. Nicht so in Aufheim. Dort bewunderte­n am Samstag zahlreiche Menschen, wie 40 gestandene Männer in nur 30 Minuten den Maibaum mit Stangen in die Höhe schoben.

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FOTO: FELIX OECHSLER Wenige Besucher kommen zur Maikundgeb­ung.

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