Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Seit’ an Seit’ im Regen
Eine kühle Kundgebung, eine harmlose Freinacht und ein erhebender Moment – Eine Bilanz zur Mainacht und dem ersten Mai
- Seit’ an Seit’ zusammenzustehen gehört zu den gewerkschaftlichen Grundtugenden. Doch die werden an Tagen wie diesem einer harten Probe unterzogen: Bei der Hauptkundgebung des badenwürttembergischen DGB standen am 1. Mai die meisten lieber unter den Dächern der vielen Buden rund um den Münsterplatz zusammen. Über dem ging eiskalter Regen nieder und machte die Veranstaltung zu einer ausgesprochen unwirtlichen Angelegenheit für die verhältnismäßig wenigen, die der Rede des DGB-Landesvorsitzenden Martin Kunzmann und den Worten des Ulmer Oberbürgermeisters Gunter Czisch lauschten. Der sagte verständnisvoll, er nehme es keinem übel, der nicht vorne an der Bühne stehe, was dann auch nicht viele taten. Er beschwor Toleranz und eine solidarische Stadtgesellschaft, vor allem in Zeiten, da sich in Europa wieder Nationalismus und völkisches Gedankengut breitmache. Auch dafür seien Veranstaltungen wie die Maikundgebung gut. Hauptredner Martin Kunzmann beteuerte, dass Gewerkschafter keine Schönwettermenschen seien. Es gelte, auch bei schlechtem Wetter „unsere Botschaft“zu transportieren. Die lautete diesmal „Wir sind viele, wir sind eins“, was am Montag eher im übertragenen Sinne zutraf, denn damit sind in erster Linie die sechs Millionen Gewerkschaftsmitglieder in Deutschland gemeint. Dass es so vielen Menschen in der Bundesrepublik gut gehe, sei das Verdienst der Arbeitnehmerorganisationen, die gute Tarifabschlüsse erzielten. Allerdings dürften nicht vergessen werden, dass jeder fünfte Beschäftigte weniger als zehn Euro die Stunde verdiene. Zudem habe die Leiharbeit drastisch zugenommen, was zur Zwei-Klassen-Gesellschaft in den Betrieben führe. Zudem müsse verhindert werden, dass sich immer mehr Arbeitgeber aus der Tarifbindung verabschieden.
Doch der 1. Mai ist nicht nur der Tag der Gewerkschaften, in der Nacht zuvor schlägt so mancher über die Stränge. Doch diesmal blieb es in der Freinacht weitgehend friedlich, wie die Polizei berichtet. Sie listetet lediglich für Burlafingen einen Fall von Vandalismus auf: An zwei im Klosterweg abgestellten Autos wurden die Außenspiegel mutwillig abgetreten.
Ansonsten konnte am Wochenende auch unter trockenem Himmel und mäßigen Temperaturen zumindest ein wenig gefeiert werden. Etwa auf dem Neu-Ulmer Rathausplatz bei Rock, Blasmusik und Trachtentanz. Auch in Ulm gab es beim Maitanz mit 23 Gruppen aus dem In- und Ausland am Sonntag viele Trachten zu sehen, allein die Zahl der Besucher hielt sich in Grenzen. Nicht so in Aufheim. Dort bewunderten am Samstag zahlreiche Menschen, wie 40 gestandene Männer in nur 30 Minuten den Maibaum mit Stangen in die Höhe schoben.