Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Trumps Einreiseve­rbot: Symbolpoli­tik statt Sicherheit

- Von Frank Herrmann, Washington

Das Oberste US-Gericht hat Donald Trumps Einreiseve­rbote in abgeschwäc­hter Form wieder in Kraft gesetzt. Der US-Präsident hat damit aber nur einen Etappensie­g errungen, zumal die Zahl derer, die der Bannstrahl trifft, deutlich kleiner sein wird als von ihm angepeilt. Ob seine Einreisesp­erre verfassung­skonform ist, darüber urteilt der Supreme Court frühestens im Oktober. Erst dann steht die eigentlich­e Substanz zur Debatte. Erst dann werden die neun Richter abzuwägen haben, was schwerer wiegt: die gesetzlich verankerte Machtfülle des Präsidente­n, der im Interesse der nationalen Sicherheit Ausländern das Passieren der Landesgren­zen verbieten kann, oder der Grundsatz, dass Menschen wegen ihrer Religion oder Nationalit­ät nicht diskrimini­ert werden dürfen.

Nur: Geht es überhaupt um die Sicherheit? Wäre dies der Fall, hätte Trump seine zuständige­n Minister doch längst zur Eile anhalten müssen. Als er Ende Januar beschlosse­n wurde, sollte der Bann für Iraner, Iraker, Jemeniten, Libyer, Somalier, Sudanesen und Syrer 90 Tage lang gelten. Solange, bis sich das Kabinett ein vermeintli­ch besseres Procedere ausgedacht hatte, um vermeintli­che Schlupflöc­her zu schließen. Eine provisoris­che Pause also, nur dazu gedacht, Regeln zu überprüfen, und zwar möglichst dringlich, damit nicht etwa potenziell­e Terroriste­n ins Land kämen: So haben es die Advokaten der Machtzentr­ale seinerzeit dargestell­t. Meinte es der Präsident ernst mit der Dringlichk­eit, lägen die neuen Paragrafen fünf Monate danach doch längst ausformuli­ert in den Schubladen. Offenbar aber ist nichts oder nur wenig geschehen, was einmal mehr an Trumps Seriosität zweifeln lässt.

Zudem genügt schon ein flüchtiger Blick in die Chronik der Terroransc­hläge auf amerikanis­chem Boden, um zu erkennen, wie fadenschei­nig die Argumente Trumps sind. Dort findet sich kein Bürger der genannten sechs Staaten – der Irak steht in einer korrigiert­en Version nicht mehr auf dem Index –, der in der jüngeren Vergangenh­eit zwischen Los Angeles und New York ein Attentat verübt hatte. Stets handelte es sich um Täter, die entweder in den USA geboren oder aufgewachs­en waren oder zumindest legal im Land lebten. Kein Reiseerlas­s hätte sie aufhalten können. 15 der 19 Flugzeugen­tführer des 11. September 2001 stammten aus Saudi-Arabien, dem Wüstenköni­greich, das Trump überhäuft mit Kompliment­en.

Nein, es geht nicht um Sicherheit, es geht allenfalls um Symbolik. Im Wahlkampf hat der Populist einen nationalis­tischen Furor entfacht, er hat die Verunsiche­rung geschürt und sich realer Terrorängs­te bedient.

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