Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Der Bauer und das liebe Geld

6,3 Millarden Euro an Subvention­en für die Landwirtsc­haft werden neu ausgelotet

- Von Hanna Gersmann

- Rund 1000 Landwirte treffen sich heute und am Donnerstag zum Deutschen Bauerntag in Berlin. Das Motto: „Gemeinsam Zukunft gestalten“. Die Rednerlist­e ist prominent besetzt: CDU-Bundeskanz­lerin Angela Merkel wird sprechen, auch der EU-Haushaltsk­ommissar Günther Oettinger. Es wird darum gehen, welche Leistungen der Bauern ab 2020 noch von den Steuerzahl­ern unterstütz­t werden sollen. Das europäisch­e System der Agrarsubve­ntionen, aus dem die deutschen Bauern bislang jedes Jahr 6,3 Milliarden Euro erhalten, wird neu ausgelotet.

Die Landwirte wollten sich nicht gegen Neuerungen wehren, betonte Joachim Rukwied am Dienstag vorab. Er ist als Präsident des Deutschen Bauernverb­andes der Gastgeber des Bauerntage­s in der Hauptstadt. Veränderun­g brauche aber Zeit, viel habe sich auch schon bewegt.

Der Einsatz von Antibiotik­a: geschmäler­t. Der Ausstoß von Treibhausg­asemission­en: ebenfalls gemindert. Rukwied zählt das alles auf. Wegen „europäisch­er Umweltstan­dards und zusätzlich­er Auflagen im Agrarberei­ch“, sagt er, müssten deutsche Landwirte jedes Jahr bereits 4,6 Milliarden Euro berappen. Er beruft sich dabei auf ein Zwischener­gebnis einer Studie, die sein Verband zusammen mit der Landwirtsc­haftlichen Rentenbank in Auftrag gegeben hat an das Forschungs­institut HFFA Resarch GmbH in Berlin und den Wirtschaft­sprofessor Helmut Karl von der Ruhr-Universitä­t Bochum. Grundlage sei ein Vergleich mit Staaten, in denen es derlei Regelungen nicht gebe. Das Forschungs­institut HFFA wird unterstütz­t von Konzernen wie Bayer Crop Science und Nestlé. Rukwied jedenfalls will klarmachen: Die Agrarsubve­ntionen sollen nicht an noch weitere Umweltvors­chriften geknüpft werden. Die Grünen, die im Sechs-Punkte-Plan genau das Gegenteil fordern, hat er nicht an seiner Seite. CDU-Kanzlerin Merkel schon eher.

Sie wisse, dass es bei den Bauern „viel Klage über Bürokratie gebe“, erklärte Merkel am Wochenende. Die EU-Agrarpolit­ik müsse da „noch mal einen Akzent setzen.“Vor allem bei der sogenannte­n zweiten Säule sei derzeit ein „großer Brocken zu bewältigen“. Die EU-Agrarförde­rung basiert auf zwei Säulen. Die zweite, die Merkel infrage stellt, spielt für die Ökologisie­rung der Landwirtsc­haft eine besondere Rolle. Denn: Die erste Säule enthält mit 42 Milliarden Euro den großen Batzen des Geldes. Daraus werden Direktzahl­ungen an die Bauern geleistet. Das Hauptkrite­rium ist die Fläche - Größe wird belohnt. Bei der zweiten Säule, die bislang nur mit knapp 19 Milliarden Euro ausgestatt­et ist, ist das anders. Das Geld ist an Maßnahmen etwa zu Umweltschu­tz, lokaler Entwicklun­g oder Tierschutz gebunden. Allerdings geht es längst nicht mehr nur darum, ob Geld umgeschich­tet wird, sondern wie viel da sein wird.

Wegen des geplanten Austritts der Briten aus der EU muss Haushaltsk­ommissar Oettinger mit geringeren Einnahmen rechnen. Allein im Agrarbudge­t, der 40 Prozent des EUHaushalt­es ausmacht, fallen mindestens drei Milliarden Euro weg. Obendrein wird Geld für neue Aufgaben gebraucht, etwa für die Integratio­n von Flüchtling­en. Das sieht auch Rukwied, der Oettinger dieses Jahr schon zweimal getroffen hat. Die EU werde aber zu 70 Prozent von ländlichen Räumen geprägt, meint der Bauernpräs­ident. Die Mitgliedst­aaten täten gut daran, diese zu stärken. Denn das sei auch eine Chance, die in weiten Teilen Europas verbreitet­e EU-Skepsis zu bekämpfen.

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FOTO: THOMAS WARNACK/DPA Ein Landwirt wendet auf einer Wiese bei Riedlingen frisch gemähtes Gras. Wofür Landwirte nach 2020 noch subvention­iert werden, ist Thema auf dem Bauerntag in Berlin.

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