Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Neuer Verein setzt sich für sexuelle Vielfalt ein
„Foqus“berät Schwule und Lesben in der Region – Öffentliche Veranstaltung im Juli
(jab) - In Oberschwaben haben es Jugendliche nicht unbedingt leicht, wenn sie merken, dass sie schwul, lesbisch, bi- oder transsexuell sind. Mal abgesehen davon, dass es in ländlichen Gegenden oft konservativer zugeht als in Städten, gibt es hier auch keine Bars oder Kneipen für Homosexuelle und auch keine Beratungsstellen. Doch das ändert sich jetzt. Denn in Ravensburg hat sich der erste Schwulen- und Lesbenverein im Raum Bodensee Oberschwaben gegründet. Am 1. Juli geht der Verein mit einer Veranstaltung im Kulturzentrum Linse in Weingarten an die Öffentlichkeit.
„Foqus“nennt sich der eingetragene Verein, der sich laut Satzung „für die Rechte und gegen die Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transidenten, intersexuellen, queeren Menschen in der Region Bodensee Oberschwaben einsetzt“. Seit zwei Jahren gibt es den Verein, der sich für seine Arbeitstreffen in einem Agendaraum in Weingarten trifft. 15 Mitglieder hat er. Doch agieren diese bislang im Stillen. „Wir haben erst einmal die Strukturen aufgebaut und eine Basis geschaffen“, erklärt Michael Maucher, der Vorstandsvorsitzende von Foqus. Jetzt ist es seiner Meinung nach an der Zeit, einen „Entwicklungssprung“zu wagen. „Wir wollen zeigen, wer wir sind und was wir machen“, so Maucher. Mit Schulprojekt begonnen Hauptsächlich war es das Projekt „foqus@school“, bei dem sich der Verein in der Vergangenheit präsentierte. Bei diesem „Bildungsprojekt“, wie Maucher es nennt, gehen Vereinsmitglieder in Schulen. Mindestens drei Unterrichtsstunden nehmen sie sich Zeit. Sie klären Begrifflichkeiten und Fragen, klopfen die Haltungen der Schüler zu dem Thema ab und erzählen ihnen ihre persönlichen Coming-out-Geschichten. „Bei dem Projekt geht es um Vielfalt. Wir möchten den Schülern zeigen, dass sie etwas Besonderes sind – egal, welcher Religion sie angehören, welche Hautfarbe sie haben oder auf wen sie stehen“, erklärt Michael Maucher. „Wenn sich in der Gesellschaft etwas ändern soll, müssen wir bei der Bildung anfangen“, meint er.
Laut Maucher hat der Verein Foqus im Prinzip die gleichen Ziele wie das Bildungsprojekt. Das sind in erster Linie Aufklärung, Gleichberechtigung und Toleranz. „Der, der neben mir lebt, kann eine Frau oder einen Mann haben und trotzdem ein guter Mensch sein“, sagt der 52-Jährige, der selbst mit einem Mann zusammenwohnt.“ Ideale werden nicht erfüllt Jedoch fehle es gerade Jugendlichen oft an Selbstbewusstsein, berichtet Maucher: „Viele verzweifeln, wenn sie feststellen, dass sie anders sind – besonders auf dem Land. Sie haben keinen Ansprechpartner und fühlen sich verlassen.“Die Folge: Depressionen. Aber auch Eltern sind mit dem Outing ihrer Kinder mitunter überfordert. „Manche fragen sich: ,Was habe ich falsch gemacht?‘“, berichtet Maucher, „andere wiederum wenden sich von den Kindern ab oder setzen sie einfach vor die Tür.“An diesem Punkt kommt der Verein Foqus ins Spiel. Er berät und informiert. Maucher: „Uns ist es wichtig, dass die Leute Fragen stellen. Denn Unsicherheit ist ein schlechter Ratgeber.Überhaupt beobachtet der 52-Jährige, dass die Welt zunehmend polarisierter wird. „Es gibt ein Entweder-Oder, aber nichts mehr dazwischen.“Für viele Homosexuelle sei es schmerzhaft, die gesellschaftlichen Vorstellungen nicht zu erfüllen. „An dem Ideal von Heirat, Kinder, Eigenheim können sie nicht teilhaben“, beschreibt Maucher. Dennoch sieht er das Schussental auf einem guten Weg, schließlich gibt es in Weingarten einen homosexuellen Oberbürgermeister und in Ravensburg einen homosexuellen Ersten Bürgermeister. „Das ist toll“, freut sich Maucher. Denn es zeige, dass die sexuelle Einstellung im Alltag keine Rolle spielt. Es ist Normalität.