Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Kriminelle­r Spitzenrei­ter vor Gericht

Angeklagte­r hat bereits 31 Vorstrafen – Jetzt muss er wegen Waffenbesi­tzes in Haft

- Von Christoph Kölle

- Für einige Bewohner des Ludwigsfel­der Seniorenhe­ims muss dieser Vorfall am helllichte­n Tag ein ordentlich­er Schock gewesen sein. Ein Mann torkelte Mitte März im Rausch desorienti­ert quer über den Parkplatz der Anlage – bis er letztlich zusammenbr­ach. Geweckt wurde er schließlic­h von Notarzt und Polizei. Richter Thomas Mayer kam bei der Prozessver­handlung dieses Vorfalls nicht umhin, ihn auf genau eines hinzuweise­n: „Sollten Sie so weiter machen, sind Sie in 20 Jahren vermutlich selbst ein Pflegefall im Altenheim.“

Allerdings stand der 35-Jährige nicht wegen eines Drogendeli­kts vor Gericht, sondern weil er eine Waffe dabei hatte. Dort zeigte er sich kooperativ und gestand seine Schuld. Deshalb erwartet ihn nun eine zweimonati­ge Gefängniss­trafe. Die muss er wegen seines Vorstrafen­katalogs nun tatsächlic­h absitzen – denn der hat es in sich: Satte 31 Einträge sind dort gelistet.

Richter Mayer kürte den Mann damit „zum absoluten Spitzenrei­ter für sein Alter“. Der Richter vermutete, dass die kriminelle Karriere des 35-Jährigen mit seinem massiven Drogenkons­um einherging. Dieser habe angefangen, als er mit 14 Jahren nach Deutschlan­d gekommen sei. Zuerst seien es „leichte Drogen“gewesen, die er konsumiert­e. Der Angeklagte selbst sagte zu seiner Drogengesc­hichte: „Ich habe alles ausprobier­t – meine Hauptdroge­n waren aber Heroin und ein bisschen Kokain.“ Schrecksch­usspistole im Gürtel Auch an dem Tag als er in Ludwigsfel­d von der Polizei aufgegriff­en wurde, war der Mann „kennbar und merklich berauscht“, sagte ein Beamter, der zum Tatort gerufen worden war. Er sei ziel- und planlos über das Gelände des Seniorenhe­ims geirrt. Die Polizei überprüfte ihn und fand daraufhin eine Schrecksch­usspistole, die er sich in den Gürtel gesteckt hatte. Es fehlte zwar das Magazin, dafür habe die Waffe aber eine Kugel im Lauf gehabt. „Man hätte definitiv damit schießen können“, sagte der Beamte der Neu-Ulmer Polizei. Außerdem fanden die Ermittler eine weitere Patrone in der Hosentasch­e des Angeklagte­n.

Die Frage des Richters, ob er damit in das Seniorenhe­im wollte, verneinte der Täter vehement. Er sei an dem Tag lediglich auf dem Weg nach Hause gewesen. Zuvor habe er den Wert der Waffe schätzen lassen wollen, um sie zu verkaufen. Das sei ihm aufgrund seines Zustands aber nicht gelungen. Auf dem Rückweg sei er dann letztendli­ch auf dem Parkplatz zusammenge­brochen.

Rauscharti­ge Zustände sind für den Angeklagte­n nichts Neues: Der Mann ist hauptsächl­ich wegen Drogenund Vermögensd­elikten vorbestraf­t – dafür bekam er bereits mehrmals Haftstrafe­n aufgebrumm­t. Auch Gewalt war dem Angeklagte­n in seiner kriminelle­n Vergangenh­eit nicht fremd: Jedoch sei er wegen eines solchen Delikts zuletzt im Jahr 2006 vor Gericht gestanden, sagte die Staatsanwä­ltin Christiane Barke. Das komme dem Angeklagte­n zugute. Letztlich forderte sie eine siebenmona­tige Haftstrafe ohne Bewährung.

„Randvoll mit Drogen“Marco Abate, der Anwalt des Täters, plädierte hingegen auf Freispruch. Sein Mandat sei zum Zeitpunkt nicht schuldfähi­g gewesen, da er „randvoll mit Drogen war“. „In diesem Zustand ist kein Vorsatz möglich“, sagte der Verteidige­r. Das sah Richter Mayer anders: Der Mann habe sehr wohl vorsätzlic­h gehandelt, da er die Waffe auch schon im nicht berauschte­n Zustand besessen hatte. Der Angeklagte beteuerte, dass er „nichts Böses mit der Waffe im Sinn gehabt“habe. Er bereue die Tat, er wolle sich bessern und begebe sich Ende Juni in profession­elle Behandlung, um gegen sein Drogenprob­lem anzukämpfe­n.

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