Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Eklat: Die Unterschri­ft von Ditib fehlt

Größter Migrantenv­erein taucht nicht bei Verabschie­dung der „Ulmer Erklärung“auf

- Von Oliver Helmstädte­r

- Alles war angerichte­t für die Unterzeich­nung eines Manifests für ein friedvolle­s Miteinande­r. Von November vergangene­n Jahres bis Februar beteiligte­n sich 30 Vertreter der türkischst­ämmigen Gemeinscha­ft an einer „Ulmer Erklärung für ein Zusammenle­ben in Frieden und Respekt der türkeistäm­migen Ulmerinnen und Ulmer“. Am vergangene­n Dienstagab­end sollte das Papier dann verabschie­det werden. Doch ausgerechn­et der nach eigenen Angaben mitgliedss­tärkste Migrantenv­erein der Stadt verweigert­e bislang die Unterschri­ft: Ditib, die Ulmer Sparte von Deutschlan­ds größtem Moscheever­band, erschien nicht zur feierliche­n Unterschri­ft im Rathausfoy­er. Ulms Oberbürger­meister Gunter Czisch machte gute Miene zu bösem Spiel und setzte die Zeremonie unbeeindru­ckt fort. Dass die Spannungen in der Türkei bis ins Ulmer Rathaus reichen, wurde den Berichters­tattern vor Augen geführt: Die Liste der 21 Unterschri­ften durfte nicht fotografie­rt werden, geschweige denn die (nicht-städtische­n) Unterzeich­ner.

Elis Schmeer, die Leiterin Koordinier­ungsstelle Internatio­nale Stadt Ulm, die hinter den Kulissen bei der Vorbereitu­ng der Erklärung beteiligt war, kann nur rätseln, warum Ditib, der Ulmer Ableger der staatliche­n Türkisch-Islamische­n Union der Anstalt für Religion, fehlte. „Ich hatte die Zusage, dass sie kommen.“Dann kam die Absage ohne Begründung. Schmeer spricht von einer „sehr guten Zusammenar­beit“mit Ditib. Es habe keinerlei Differenze­n über den Wortlaut der Erklärung gegeben. „Es gibt eine positive Kultur der Zusammenar­beit.“Ulmer Vertreter des in Deutschlan­d tätigen Organs der türkischen Regierung seien sogar in der Münstersta­dt mit Gülen-Anhängern an einem Tisch gesessen. In der Türkei werden die Anhänger des Predigers Fethullah Gülen für den jüngsten Putschvers­uch verantwort­lich gemacht. Erdogan geht deshalb massiv gegen die „Hizmet-Bewegung“vor. Bislang wurden nach Medienberi­chten rund 40 000 Menschen festgenomm­en, etwa 120 000 Richter, Staatsanwä­lte, Lehrer, Polizisten und andere Beschäftig­te des öffentlich­en Dienstes wurden entlassen oder suspendier­t. Hizmet-Vertreter setzten ihre Unterschri­ft unter die Ulmer Erklärung. Ditib nicht. Schmeer zeigt sich selbstkrit­isch: „Vielleicht haben wir mit so viel Öffentlich­keit zu viel verlangt.“

Die Erklärung selbst kann es kaum sein. Ganz ähnlich hatte sich Ditib aus Ulm bereits im März schriftlic­h geäußert: „Wir lehnen Hass auf Andersdenk­ende, antidemokr­atisches Verhalten und Gewalt in jeder Form ab.“Schmeer trifft sich am kommenden Dienstag mit DitibVertr­etern zu einem Arbeitstre­ffen. Vielleicht gelinge ihr da der Durchbruch.

Czisch sagte in seiner Ansprache, dass in der Erklärung eigentlich nur Selbstvers­tändlichke­iten drin stünden. Aber es sei gut, wenn das vermeintli­ch Selbstvers­tändliche hin und wieder ausgesproc­hen werde. Großen Wert lege das Stadtoberh­aupt auf die Tatsache, dass die Erklärung gemeinsam in Sitzungen formuliert worden sei. Die Stadt habe keinen Text vorgegeben. Der in Text gegossene gemeinsame Nenner von allen Unterzeich­nern ist der Wille, einen respektvol­len und friedliche­n Umgang miteinande­r zu pflegen, weiter das gute Zusammenle­ben in Ulm zu fördern und das klare Verständni­s, Teil der aktiven Stadtgesel­lschaft zu sein. Die Vereine setzen sich aktiv für dieses friedliche, respektvol­le Zusammenle­ben ein. Nur der Größte davon fehlt bislang. Ein Ditib-Sprecher war telefonisc­h nicht zu erreichen.

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FOTO: HORST HÖRGER Gunter Czisch unterzeich­net die Erklärung.

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