Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Busfirma Ertl reicht Insolvenzantrag ein
Ochsenhauser Familienunternehmen hat Geldprobleme – Verwirrung im Linienverkehr
- Warum sind in Ochsenhausen und Umgebung keine Ertl-Busse mehr im Einsatz? Seit Ende der Pfingstferien beschäftigt diese Frage Schüler, Eltern und Berufspendler im östlichen Landkreis. Jetzt ist klar: Ertl-Reisen mit Sitz im Gewerbegebiet „Untere Wiese“in Ochsenhausen hat Insolvenz angemeldet. Ein entsprechender Antrag ist vor einer Woche beim Amtsgericht Ravensburg eingegangen.
Ertl-Reisen gehört zu den Traditionsunternehmen in Ochsenhausen. Johanna Ertl und Karl-Hans Ertl werden auf der Homepage des Betriebs, der sich selbst als eines der größten und modernsten Busunternehmen Süddeutschlands bezeichnet, als Geschäftsleitung genannt. Seit 90 Jahren gibt es den familiengeführten Betrieb mit 118 Mitarbeitern, unter anderem Vereine aus und um die Rottumstadt fuhren gerne in den buntbedruckten Reisebussen zu ihren Ausflugszielen.
Darüber hinaus waren täglich die weißen Fahrzeuge im Linienverkehr unterwegs. Doch seit Kurzem sieht man beispielsweise am ZOB in Ochsenhausen kein einziges der Fahrzeuge mehr. Das Unternehmen hat finanzielle Probleme, nach dem Eingang des Insolvenzantrags hat das Amtsgericht Ravensburg Rechtsanwalt Matthäus Rösch zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Er hat nun die Aufgabe, das Vermögen von Ertl-Reisen zu sichern und zu erhalten.
„Hintergrund des Antrags ist eine schon länger bestehende rechtliche Auseinandersetzung mit einem Vertragspartner des Unternehmens, welche nunmehr die Liquidität des Unternehmens gefährdete“, teilt der Anwalt von Ertl-Reisen, Armin Schneider, auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“am Donnerstag schriftlich mit. Konkret gehe es dabei um eine rechtliche Auseinandersetzung im Linienverkehrs-Geschäft. Keine Konsequenzen für Kunden Der vorläufige Insolvenzverwalter habe bereits die notwendigen Maßnahmen zur Sicherung der Masse eingeleitet und prüfe derzeit die Möglichkeiten der Fortführung des Betriebs, heißt es weiter in der Mitteilung. Auf die Frage, welche Folgen der Insolvenzantrag für Kunden haben könnte, die über das Reisebüro Ertl Urlaub gebucht haben, antwortet Schneider: „Der Reiseverkehr läuft uneingeschränkt weiter.“Der Geschäftsbetrieb werde momentan vollumfänglich aufrechterhalten. NVBC überrascht Veränderungen im Linienverkehr hat es jedoch mittlerweile gegeben. In welchem Zusammenhang diese mit dem Insolvenzantrag stehen, ist unklar. Wie die Nahverkehrsgesellschaft Biberach (NVBC) mitteilt, sind auf den Buslinien 250 bis 255 (Biberach-Ochsenhausen-Illertal) keine Ertl-Busse mehr im Einsatz. „Leider wurden wir sehr kurzfristig damit konfrontiert, dass unser Auftragsunternehmer, Firma Ertl, die weitere Leistungserfüllung verweigert“, heißt es in einer Fahrgastinformation der NVBC. Auf SZ-Nachfrage sagt Achim Reinalter, Geschäftsführer der NVBC: „Warum Ertl die Leistungserfüllung verweigert, entzieht sich meiner Kenntnis.“
Laut ihm hat die NVBC alle „Hebel in Bewegung gesetzt, diese Verkehre auch ohne die Firma Ertl zu stemmen, damit das gewohnte Fahrplanangebot unverändert weitergeführt werden kann“. Zwei Wochen habe man Zeit gehabt, sich auf die neue Situation vorzubereiten. „Die erste Woche nach den Pfingstferien ist angesichts dessen sehr gut verlaufen“, heißt es in der Fahrgastinformation. „Die neuen Busfahrer sind mit viel Engagement und Freude im Einsatz“. Begleitpersonal sei eingesetzt worden, um den neuen Busfahrern die örtlichen Gegebenheiten zu erläutern. Zudem habe die NVBC langjährige, zuverlässige Kooperationspartner im Einsatz, so Reinalter. Neue Strukturen geschaffen Ganz reibungslos ist dieser Wechsel aber offenbar nicht abgelaufen. Schüler sollen nach den Pfingstferien wegen der neuen Busse verwirrt gewesen sein, dem Vernehmen nach gab es auch mit der sprachlichen Verständigung in den Bussen teilweise Probleme. „Im Landratsamt gingen auch zahlreiche Beschwerden von Fahrgästen ein, die wir auch an das Regierungspräsidium als Genehmigungsbehörde weitergeleitet haben“, erläutert Bernd Schwarzendorfer, Sprecher des Landratsamts Biberach.
Man habe die betroffenen Schulen mittlerweile über die neu organisierte Linienbedienung informiert. Schwarzendorfer sagt: „Nach heutigem Kenntnisstand gehen wir davon aus, dass spätestens nach den Sommerferien alles wieder so läuft, wie wir es uns vorstellen und wie es auch der Nahverkehrsplan vorsieht.“
Achim Reinalter bittet um Verständnis dafür, wenn es weiterhin noch Probleme im Schüler- und Linienverkehr geben sollte. „Für uns kam diese Situation überraschend“, sagt der NVBC-Geschäftsführer. Bei den sprachlichen Problemen beruhigt er: „Insgesamt haben wir 28 neue Busfahrer. Der Großteil kommt aus der Region, zwei sind Spanier und drei Griechen.“