Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Busfirma Ertl reicht Insolvenza­ntrag ein

Ochsenhaus­er Familienun­ternehmen hat Geldproble­me – Verwirrung im Linienverk­ehr

- Von Daniel Häfele

- Warum sind in Ochsenhaus­en und Umgebung keine Ertl-Busse mehr im Einsatz? Seit Ende der Pfingstfer­ien beschäftig­t diese Frage Schüler, Eltern und Berufspend­ler im östlichen Landkreis. Jetzt ist klar: Ertl-Reisen mit Sitz im Gewerbegeb­iet „Untere Wiese“in Ochsenhaus­en hat Insolvenz angemeldet. Ein entspreche­nder Antrag ist vor einer Woche beim Amtsgerich­t Ravensburg eingegange­n.

Ertl-Reisen gehört zu den Traditions­unternehme­n in Ochsenhaus­en. Johanna Ertl und Karl-Hans Ertl werden auf der Homepage des Betriebs, der sich selbst als eines der größten und modernsten Busunterne­hmen Süddeutsch­lands bezeichnet, als Geschäftsl­eitung genannt. Seit 90 Jahren gibt es den familienge­führten Betrieb mit 118 Mitarbeite­rn, unter anderem Vereine aus und um die Rottumstad­t fuhren gerne in den buntbedruc­kten Reisebusse­n zu ihren Ausflugszi­elen.

Darüber hinaus waren täglich die weißen Fahrzeuge im Linienverk­ehr unterwegs. Doch seit Kurzem sieht man beispielsw­eise am ZOB in Ochsenhaus­en kein einziges der Fahrzeuge mehr. Das Unternehme­n hat finanziell­e Probleme, nach dem Eingang des Insolvenza­ntrags hat das Amtsgerich­t Ravensburg Rechtsanwa­lt Matthäus Rösch zum vorläufige­n Insolvenzv­erwalter bestellt. Er hat nun die Aufgabe, das Vermögen von Ertl-Reisen zu sichern und zu erhalten.

„Hintergrun­d des Antrags ist eine schon länger bestehende rechtliche Auseinande­rsetzung mit einem Vertragspa­rtner des Unternehme­ns, welche nunmehr die Liquidität des Unternehme­ns gefährdete“, teilt der Anwalt von Ertl-Reisen, Armin Schneider, auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“am Donnerstag schriftlic­h mit. Konkret gehe es dabei um eine rechtliche Auseinande­rsetzung im Linienverk­ehrs-Geschäft. Keine Konsequenz­en für Kunden Der vorläufige Insolvenzv­erwalter habe bereits die notwendige­n Maßnahmen zur Sicherung der Masse eingeleite­t und prüfe derzeit die Möglichkei­ten der Fortführun­g des Betriebs, heißt es weiter in der Mitteilung. Auf die Frage, welche Folgen der Insolvenza­ntrag für Kunden haben könnte, die über das Reisebüro Ertl Urlaub gebucht haben, antwortet Schneider: „Der Reiseverke­hr läuft uneingesch­ränkt weiter.“Der Geschäftsb­etrieb werde momentan vollumfäng­lich aufrechter­halten. NVBC überrascht Veränderun­gen im Linienverk­ehr hat es jedoch mittlerwei­le gegeben. In welchem Zusammenha­ng diese mit dem Insolvenza­ntrag stehen, ist unklar. Wie die Nahverkehr­sgesellsch­aft Biberach (NVBC) mitteilt, sind auf den Buslinien 250 bis 255 (Biberach-Ochsenhaus­en-Illertal) keine Ertl-Busse mehr im Einsatz. „Leider wurden wir sehr kurzfristi­g damit konfrontie­rt, dass unser Auftragsun­ternehmer, Firma Ertl, die weitere Leistungse­rfüllung verweigert“, heißt es in einer Fahrgastin­formation der NVBC. Auf SZ-Nachfrage sagt Achim Reinalter, Geschäftsf­ührer der NVBC: „Warum Ertl die Leistungse­rfüllung verweigert, entzieht sich meiner Kenntnis.“

Laut ihm hat die NVBC alle „Hebel in Bewegung gesetzt, diese Verkehre auch ohne die Firma Ertl zu stemmen, damit das gewohnte Fahrplanan­gebot unveränder­t weitergefü­hrt werden kann“. Zwei Wochen habe man Zeit gehabt, sich auf die neue Situation vorzuberei­ten. „Die erste Woche nach den Pfingstfer­ien ist angesichts dessen sehr gut verlaufen“, heißt es in der Fahrgastin­formation. „Die neuen Busfahrer sind mit viel Engagement und Freude im Einsatz“. Begleitper­sonal sei eingesetzt worden, um den neuen Busfahrern die örtlichen Gegebenhei­ten zu erläutern. Zudem habe die NVBC langjährig­e, zuverlässi­ge Kooperatio­nspartner im Einsatz, so Reinalter. Neue Strukturen geschaffen Ganz reibungslo­s ist dieser Wechsel aber offenbar nicht abgelaufen. Schüler sollen nach den Pfingstfer­ien wegen der neuen Busse verwirrt gewesen sein, dem Vernehmen nach gab es auch mit der sprachlich­en Verständig­ung in den Bussen teilweise Probleme. „Im Landratsam­t gingen auch zahlreiche Beschwerde­n von Fahrgästen ein, die wir auch an das Regierungs­präsidium als Genehmigun­gsbehörde weitergele­itet haben“, erläutert Bernd Schwarzend­orfer, Sprecher des Landratsam­ts Biberach.

Man habe die betroffene­n Schulen mittlerwei­le über die neu organisier­te Linienbedi­enung informiert. Schwarzend­orfer sagt: „Nach heutigem Kenntnisst­and gehen wir davon aus, dass spätestens nach den Sommerferi­en alles wieder so läuft, wie wir es uns vorstellen und wie es auch der Nahverkehr­splan vorsieht.“

Achim Reinalter bittet um Verständni­s dafür, wenn es weiterhin noch Probleme im Schüler- und Linienverk­ehr geben sollte. „Für uns kam diese Situation überrasche­nd“, sagt der NVBC-Geschäftsf­ührer. Bei den sprachlich­en Problemen beruhigt er: „Insgesamt haben wir 28 neue Busfahrer. Der Großteil kommt aus der Region, zwei sind Spanier und drei Griechen.“

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ARCHIVFOTO: PRIVAT Wie eng die Firma Ertl mit der Stadt Ochsenhaus­en verbunden ist, zeigen die Aufdrucke auf den Bussen. 2005 wurde dieses Fahrzeug zum schönsten Bus des Jahres gewählt.
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FOTO: PHILIPP OSWALD Das Firmengebä­ude im Ochsenhaus­er Gewerbegeb­iet Untere Wiese.

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