Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Düstere Coolness
Sam Shepard, Pulitzerpreisträger und Schauspieler, im Alter von 73 Jahren gestorben
NEW YORK (AFP) - Wer dieser Tage mit Sam Shepard Kontakt aufnehmen wollte, bekam eine digitale Abfuhr. „Ich habe keinen Computer. Ich habe kein Internet. Ich habe keine EMail“, hieß es knapp auf seiner Webseite. „Ich habe nichts von diesem Scheiß.“Shepard passte in die Rolle des verschlossenen Außenseiters, der sich ungern fügt. Solche Figuren spielte er im Film, solche Charaktere beschrieb er in seinen Theaterstücken. Nun ist er im Alter von 73 Jahren gestorben.
Die Folgen der Nervenkrankheit ALS haben zu seinem Tod geführt, wie die „New York Times“und andere Medien unter Berufung auf einen Sprecher der Familie berichteten. Er sei am vergangenen Donnerstag in seinem Zuhause im Staat Kentucky friedlich im Kreis seiner Kinder und seiner Schwestern gestorben. Shepard, den das New York Magazine einmal als „größten amerikanischen Dramatiker seiner Generation“beschrieb, hinterlässt dem Theater und dem Kino eine Fülle an Titeln und Rollen mit ganz eigener Handschrift.
Da wäre natürlich das berühmte Bühnenstück „Buried Child“(Vergrabenes Kind), mit dem Shepard 1979 den Pulitzerpreis und damit die begehrteste Literaturauszeichnung der USA gewann. Oder sein Drehbuch für den unvergessenen WimWenders-Film „Paris, Texas“, der 1984 die Goldene Palme in Cannes abräumte. 2005 lieferte er Wenders dann das Drehbuch für „Don’t Come Knocking“und spielte den FilmCowboy Howard Spence gleich mit.
Grüblerischer Blick, asketische Gesichtszüge, nur selten ein Lächeln: In der düsteren Coolness Shepards schwang immer auch ein tragisches Moment mit. Die brachte er als einsamer Farmer in Terrence Malicks „In der Glut des Südens“(1978), als Einzelgänger in Volker Schlöndorffs „Homo Faber“(1990) oder als unbeugsamer Testpilot in Philip Kaufmans „Der Stoff, aus dem die Helden sind“(1983) ins Kino. Diese Rolle brachte ihm 1984 eine Oscarnominierung ein.
Dem Zirkus in Hollywood hielt sich Shepard meist fern und lebte stattdessen zurückgezogen, lange Zeit auf einer Ranch in Minnesota, wo er Mustangs züchtete. Fast 30 Jahre war er mit der Schauspielerin Jessica Lange liiert, mit der zwei gemeinsame Kinder hatte. Die beiden heirateten nie, galten aber als Vorzeigepaar. Aus einer früheren Ehe kam ein weiterer Sohn Shepards dazu.
Zerrüttete Familien, der Mythos des Westens, einsame Pioniere und Individualisten – Shepard beschäftigten Themen, die ihm auch privat vertraut waren. Er wuchs als Sohn eines Militäroffiziers auf, der ständig mit der Familie umzog und nach Shepards Worten „mit Leib und Seele dem Alkohol verfallen war“. Von der elterlichen Farm in Kalifornien aus schloss sich Shepard einem Tourneetheater an und kam mit 20 Jahren nach New York, wo er Theaterstücke schrieb. Bald avancierte er zu einem der meistgespielten US-Dramatiker.