Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Viel erlebt und viel gelernt

Steffen Lerch aus Schwendi arbeitet seit einem halben Jahr als Spengler in Australien

- Von Felizitas Eglof

SCHWENDI - Spengler oder Klempner sind Menschen, die im Allgemeine­n Gegenständ­e aus Metall anfertigen. Der 24-jährige Steffen Lerch hat diesen Beruf nach dem Abitur 2012 erlernt und im April 2016 seinen Meister bei der Ulmer Handwerksk­ammer gemacht. Danach hat er nicht wie andere im heimischen Schwendi oder in der Region in einem Betrieb angefangen zu arbeiten; ihn zog es nach Australien, wo er sich, im 16 456 Kilometer entfernten Sydney, bei einer Spenglerei beworben hat. Eine leichte Wahl „Nach dem Meister wollte ich mich zuerst in einem Betrieb in Deutschlan­d bewerben, einfach um Erfahrunge­n zu sammeln“, sagt Lerch. „Als mir aber ein Freund erzählt hat, er arbeite im Ausland, dachte ich mir: Why not?“Auf der Homepage des Internatio­nalen Interessen­verbunds für Baumetall hat er sich informiert und Stellenanz­eigen aus Kanada, Norwegen und Australien entdeckt. Die Wahl für das Land „down under“fiel schnell: „Ich bin einfach ein Sommer-Mensch, da waren für mich Kanada und Norwegen sofort raus“, erzählt Steffen Lerch lachend. Kurze Zeit nach der Bewerbung bei ARC – ein Dachdecker- und Wandverkle­ider in Sydney und Melbourne – kam auch schon die Zusage, und Anfang Januar flog Lerch nach Australien.

Zuerst wollte er Land und Leute kennenlern­en, und so begab er sich mit Freunden auf einen Roadtrip durch das australisc­he Outback. „Die Natur ist einfach so weitläufig und besonders. Außerdem sieht man so viele exotische Tiere, die wir nur aus dem Zoo kennen“, berichtet Lerch. Mit einigen hat er Bekanntsch­aft gemacht, natürlich mit Kängurus, aber auch mit einer Spinne im Zelt und mit Bettwanzen.

Auffallend freundlich seien die Menschen, die er bisher kennengele­rnt hat, sagt Lerch. „Ob die Kassiereri­n im Supermarkt oder die Busfahrer, jeder ist total freundlich und das macht es auf jeden Fall schöner hier zu leben.“

Am besten gefällt Steffen Lerch aber die Arbeit: „Hier in Australien ist der Beruf Spengler zwar prinzipell gleich wie in Deutschlan­d, jedoch kann ich hier ganz andere Projekte machen.“Dazu gehört zum Beispiel der Bau des Daches eines Gebäudes, das einem Palast sehr nahe kommt. „Die Architekte­n sind in Australien viel weiter und offener für Neues, außerdem ist es hier wichtig, dass ein Haus gut aussieht. In Deutschlan­d wird mehr Wert auf die Funktion und Stabilität gelegt.“Diese Qualität können gelernte Spengler aus Deutschlan­d aber auch bieten. In Australien scheint da eher das Gegenteil der Fall zu sein: „Einmal habe ich auf einer Baustelle gelötet“, berichtet Lerch. „Meine Kollegen hatten das davor noch nie gesehen oder gemacht, wobei das in Deutschlan­d zur Grundausbi­ldung eines Spenglers gehört.“

So ist es auch kein Wunder, dass von 35 Kollegen nur einer Australier ist. Alle anderen kommen aus Deutschlan­d, der Schweiz, Österreich und Frankreich. Deutsche Handwerker haben also Chancen auf einen gut bezahlten Arbeitspla­tz im Ausland? „Ich kann nur jedem raten, das auch zu machen. Ich habe hier bisher so viel gelernt und erlebt, was ich sicher so schnell nicht vergessen werde“, sagt der Wahl-Australier. Mutters Essen fehlt Momentan ist Steffen Lerch auf Besuch in Schwendi, ab September geht es aber wieder zurück in die zweite Heimat Australien. Über seinen Arbeitgebe­r hat er die Möglichkei­t auf ein Sponsorshi­p-Visum, mit dem er vier Jahre in Australien arbeiten kann. Für immer bleiben möchte der 24-Jährige nicht: „Die Arbeit und das Land gefallen mit echt gut und momentan möchte ich auch in Australien leben. Aber meine Freunde und vor allem Mamas Essen fehlen mir.“

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FOTO: PRIVAT Der Spengler Steffen Lerch vor einem Projekt in Melbourne.

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