Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Gemeinde wehrt sich gegen Werbewand
Regierungspräsidium sieht keine übermäßige Verkehrsgefährdung und für Mietingen wenig Chancen vor Gericht
- Muss der Gemeinderat Mietingen eine knapp zehn Quadratmeter große Werbetafel im Ortskern von Baltringen hinnehmen, obwohl er sie nicht will? Es sieht ganz so aus, und das hat bei den Gemeinderäten Kopfschütteln, Fassungslosigkeit und Unverständnis ausgelöst. Die Räte fühlen sich machtlos.
Eine Werbetafel in der genannten Größe in einem Wohngebiet ist tabu. Nicht aber im Dorfgebiet, das rechtlich als „unbeplanter Innenbereich“gilt. Hier prüft der Gemeinderat, ob ein geplantes Bauwerk, und als solches gilt eine Werbetafel, in das Ortsbild passt oder nicht. Im Gesetz heißt es dazu: das Bauwerk muss sich „in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen“und „das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden“.
Geplant ist die scheunentorgroße Plakatanschlagtafel gegenüber der Einmündung der Schemmerberger Straße in die Baltringer Hauptstraße. Wenige Schritte entfernt erhebt sich an herausgehobener Stelle die Dorfkirche. Die Werbetafel sollte an der Hauswand eines alten Bauernhofes montiert werden. Auch ringsum zeugen alte Bauernhöfe vom einstigen Haupterwerb im Ort. Die Gebäude prägen das Dorfbild an dieser Stelle.
Nennenswerte Beachtung findet die Plakatwand, auf der die Betrachter zum Konsum aufgefordert werden, vor allem von Fahrzeuglenkern, die, aus Richtung Schemmerberg kommend, in die Hauptstraße einfahren. Und da sieht man im Mietinger Rat und in der Verwaltung eine Verkehrsgefährdung. Die Vorfahrt auf der Hauptstraße ist zu beachten. Die Fahrer könnten durch Werbebilder, etwa für Hamburger und kühlem Gerstensaft, abgelenkt werden, so die Befürchtung. Außerdem folge nach der Einmündung in Richtung Laupheim umgehend ein Zebrastreifen, der viel von Kindern auf dem Weg zur Schule und Kindergarten genutzt werde.
Die Schemmberger Straße ist hier leicht abschüssig. Die Autofahrer müssen darauf achten, dass der Wagen nicht rückwärts rollt. Das erfordere, so die Gemeinde, „höchste Konzentration der Verkehrsteilnehmer“.
Aus den genannten Gründen will die Gemeinde Mietingen hier keine Plakatwand. Das Ortsparlament lehnte nach eingehender Beratung im September vergangenen Jahres ab (die Schwäbische Zeitung berichtete). Als im Dezember der Bauantrag erneut vorgelegt wurde, zeigten die Räte erneut mit dem Daumen nach unten. Daraufhin flatterte dem Unternehmen für Außenwerbung vom Baurechtsamt der Stadt Laupheim die Ablehnung der Baugenehmigung ins Haus. Dagegen wehrte sich die Konstanzer Firma durch Widerspruch beim Regierungspräsidium.
Bei dieser Behörde sieht man das Ganze anders als vor Ort. Sie hat Bedenken, den Widerspruch zurückzuweisen. Das war bei der Sitzung des Gemeinderates zu vernehmen. Die Plakatwand passe sehr wohl in das Dorfbild, lässt man die Gemeinde aus Tübingen wissen. Außerdem sei im Durchschnitt nur ein Unfall pro Jahr an dieser Kreuzung zu registrieren. Das rechtfertige nicht, irgendeine Gefahr für die Kinder durch den Straßenverkehr zu sehen. Nach Ansicht der Behörde in Tübingen ist eine Ablehnung des gemeindlichen Einvernehmens rechtlich unzulässig. Die Erfolgsaussichten vor Gericht seien gering.
Dennoch beharrten die Gemeinderäte bei einer Abstimmung in der jüngsten Sitzung auf ihrer Position. Sie lehnten den Bauantrag ein drittes Mal ab. Auch ein Nachbar habe Einwendungen gegen die Plakate vor der Nase, war zu vernehmen. Jetzt liegt der Ball wieder bei der Baurechtsbehörde, ob sie eine Genehmigung erteilt oder nicht.