Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Die Kunst der Straße
In der Münchner Magic City dreht sich alles um Graffiti und Co.
Weiter links, weiter, weiter. Stop, nein, zurück. Ja, jetzt noch ein bisschen nach vorne beugen, super“, dirigiert ein Mädchen seine Freundin für das perfekte Foto. In der Ausstellung „Magic City“geht es an vielen Stellen nicht nur darum, ein Kunstwerk anzusehen, sondern Teil davon zu werden. Jetzt nur noch auf den Auslöser drücken und so entsteht die Illusion, als würde die junge Frau einem überdimensionierten Fisch einen Schmatzer aufdrücken.
Noch bis Sonntag, 3. September, dreht sich in der Kleinen Olympiahalle in München alles um Street Art, die Kunst der Straße. Mehr als 50 Künstler sind dort mit wandfüllenden Stücken, Videoinstallationen und kleinsten Skulpturen vertreten. Viele der Werke sind extra für die Ausstellung entstanden.
Eben noch an der gepflegten Oberfläche des Olympiaparks mit akkurat getrimmtem Rasen vorbei spaziert, geht es jetzt hinab in die Halle. Ein Video im abgedunkelten Eingangsbereich nimmt den Besucher mit auf eine Reise in die unübersichtliche Metropole New York, wo sich in den 1970er- und 1980er Jahren Graffitis auf Zügen und Wänden ausbreiteten. Ein paar Ecken weiter wird diese Zeitreise fortgesetzt und erzählt, wie sich Graffiti zu einer der größten Kunstbewegungen mit unterschiedlichen Stilen, Techniken und Motiven entwickelt hat. Die Faszination fürs Sprayen teilten damals auch Heiduk und Ray, die ihre Namen an vielen Stellen in und um München hinterließen. Auch der aus dem Allgäu stammende Künstler Loomit hat an vielen Brücken, Hallen und Wänden seine Werke hinterlassen. Er ist einer der Künstler, den die Besucher in der Ausstellung etwas näher kennenlernen können.
Der am Eingang erhaltene iPod dient als treuer Begleiter beim Entdecken der Magic City. Darauf lassen sich die Biografien der Künstler nachlesen, oft ist auch ein Video zur Entstehung des Kunstwerks enthalten und aufgeschlüsselt, welches Handwerk zugrunde liegt. Im Glossar finden Neugierige Antworten darauf, was es mit Crossen, Guerilla Knitting oder Paste-ups auf sich hat. Hier lässt sich auch nachlesen, wie die optischen Täuschungen der Anamorphen Kunst zustande kommen, die beispielsweise den Fisch und andere Motive der Ausstellung so schön plastisch erscheinen lassen.
Es empfiehlt sich durchaus, diesen Zusatzinhalten Beachtung zu schenken – denn wer einfach nur ohne groß stehenzubleiben die Ausstellung abläuft, hat die Runde recht schnell beendet.
Kurz vor dem Ausgang ist der Kinobereich. Wer genug vom iPodBildschirm hat, macht es sich auf einem Liegestuhl bequem und verfolgt das Geschehen auf der großen Leinwand. Dort flimmert beispielsweise die Geschichte des Dresdner Künstlers Andy K vorbei, der noch zu Zeiten der DDR mit Breakdance und Graffiti in Berührung kam – und mit „Der Schmierfink treibt Schabernack“in der Magic City vertreten ist.