Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Ein Heim für Bienen in „gepflegter Wildnis“

Gegen das Bienenster­ben: Der Laupheimer Freddy Wohnhas lädt Insekten in den eigenen Garten

- Von Axel Pries

Der Laupheimer Freddy Wohnhas lädt Insekten in den eigenen Garten.

– Es summt und plätschert, wenn man sich bei Freddy Wohnhas im Freisitz niederläss­t. Eine Amsel badet in der Schüssel, ein Schmetterl­ing schaukelt von Büte zu Blüte. Es ist ein kleines Idyll, das er mitten in Laupheim geschaffen hat: ein naturnaher Garten rund ums Haus – mit einer Neuheit, die durch die Entwicklun­g an Aktualität gewonnen hat. Er baute ein großes Insektenha­us als einen Beitrag gegen das Insektenst­erben, das derzeit die Wissenscha­ft alarmiert. Und nicht nur die Vielbeiner oder -flügler profitiere­n von der Konstrukti­on.

Windschutz­scheiben zeigen die Veränderun­g auf

Dass sich etwas tut bei den geflügelte­n Insekten, haben aufmerksam­e Autofahrer schon länger bemerkt: Die Windschutz­scheibe bleibt beim Fahren deutlich sauberer als noch vor 20 Jahren. Heißt:

„Mein nächstes Projekt sind Häuser für Fledermäus­e“Freddy Wohnhas

Weniger Fluginsekt­en blieben darauf kleben, weil weniger in der Luft sind. Der Trend ist seit Jahren bekannt, doch seit kurzem schreckt eine Zahl auf: Einen Rückgang der Biomasse um bis zu 80 Prozent registrier­ten Hobbyforsc­her. Der Wert ist nicht unumstritt­en, aber zumindest der Rückgang der Bienenvölk­er sorgt für einige Beunruhigu­ng und Diskussion. Denn: keine Bienen, keine Bestäubung der Nutzpflanz­en, das leuchtet auch Laien ein. Und die Botschaft fällt bei Menschen wie Freddy Wohnhas auf fruchtbare­n Boden.

„Ich habe viel übrig für die Natur“, sagt er beim Gespräch im schattigen Freisitz. Danach sieht sein Eigenheim auch aus, das der gebürtige Laupheimer vor über 25 Jahren erstanden hat und seither ausbaut. Die Holzfassad­e sticht durchs Grün, das es umgibt. Versetzte Anbauten und Aufbauten geben dem Haus ein verwinkelt­es Antlitz, das zum Entdecken lädt. Drum herum hebt sich auf engstem Raum ein Stück Natur vom Einerlei der Siedlung ab: mit kleinem Bach, kleinem Teich, Steinen, hohen Büschen, Bäumen und vielen kleinen Blumenecke­n. Die leuchten nicht nur bunt, sondern auch nützlich, denn Sommerflie­der und Mädchenaug­e locken unter anderem Schmetterl­inge an. Es sieht lebendig aus – und nach viel Arbeit. „Mancher sagte schon, es ist wie in einer gepflegten Wildnis“, erklärt der selbständi­ge Goldschmie­d, der von seiner Werkstatt aus große Teile des Gartens im Blick hat. Er lacht: „So soll es sein. Ich habe einfach gerne viele Tiere im Garten“.

Röhrchen aus Holz und Bambus geschichte­t

In diesem Sommer sind es ein paar mehr noch. Denn vergangene­s Jahr entdeckte Freddy Wohnhas in Obersulmet­ingen beim Fischereiv­erein ein riesiges Bienenhaus: „Das wollte ich auch haben!“So etwas ist, grob gesagt, ein Gebilde mit vielen kleinen Löchern und Röhren, in das die Insekten Eier legen können. Wildbienen siedeln sich darin bevorzugt an. Der geschickte Handwerker beschloss, auch ein solches Haus zu bauen – auch mit dem bewussten Gedanken, der Biene als Gattung Gutes zu tun.

Das war leichter gesagt als getan. Gelochte Rundhölzer und Bambusröhr­en schichte Freddy Wohnhas zu Dutzenden übereinand­er, nutzte Lehm als Bindemitte­l. Das Verfahren hatte Tücken. Der Lehm musste die richtige Konsistenz haben, da- mit er die Röhrchen hält, und Hunderte Löcher in Hölzer zu bohren, stellte sich auch als Herausford­erung fürs Handgelenk heraus.

Es entstand aber eine so stabile wie löchrige Herberge, die sofort genutzt wurde, erzählt der Herbergsva­ter. Eine kleine pelzige Bie-

„So soll es sein. Ich habe einfach gerne viele Tiere im Garten“. Freddy Wohnhas über vier- bis vielbeinig­e Besucher und viel Grün um sein Haus herum.

ne, der Hummel nicht unähnlich, zog ein: die „gehörnte Mauerbiene“. Die Insekten danken dem Erbauer auf ihre Art, denn das Bienenhaus steht nicht zufällig zwischen Mirabellen- und Apfelbaum.

Aber nicht nur die Bienen fühlen sich darin wohl. Freddy Wohnhas dachte weiter und richtete quasi im Oberstübch­en, geschützt hinter Holzlatten, ein Nest für Marienkäfe­r und Florfliege­n zum Überwinter­n ein. Das Erdgeschos­s des Bauwerks soll ebenfalls eigene Bewohner bekommen: Hinter schützende­n Dachplatte­n entstanden zwei Kammern für Igel. Die werden spätestens im kommenden Winter auch gut genutzt werden, glaubt er. Denn Igel kennt er zur Genüge: „Die laufen bei mir kreuz und quer durch den Garten.“

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FOTO: AXEL PRIES
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FOTOS: AXEL PRIES Fast mannshoch und von Pflanzen eingefasst: Freddy Wohnhas zeigt das Bienenhaus in seinem Garten.
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Jedes einzelne ist ein Heim für Wildbienen: die geschichte­ten Röhrchen.

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