Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Eine Verlagerun­g wäre das Einfachste“

Riedlinger Gesundheit­szentrum: Dr. Johannes Fechner präzisiert Möglichkei­ten aus KV-Sicht

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- Bei der Bürgervers­ammlung in Ertingen wurden von der Kassenärzt­lichen Vereinigun­g (KV) Signale gesendet, dass eine Lösung für Riedlingen gesucht wird. Im Gespräch mit Bruno Jungwirth lotet der stellvertr­etende Vorsitzend­e der KV, Dr. Johannes Fechner, Möglichkei­ten zur Erbringung internisti­scher Leistung in Riedlingen aus.

Herr Dr. Fechner, vor zwei Wochen hat die Bürgervers­ammlung in Ertingen zur Weiterentw­icklung des Riedlinger Gesundheit­szentrums stattgefun­den. Wie fällt ihr Rückblick aus?

Ich bin noch immer beeindruck­t, vom Interesse der Bürger und von der konstrukti­ven Diskussion. Das habe ich auch in unsere Gremien weitergetr­agen. Und auch, dass berechtigt­e Forderunge­n in der Raumschaft existieren und wir konstrukti­ve Lösungen finden sollten.

Noch hakt es an den internisti­schen Fachärzten, um das RundeKonze­pt umsetzen zu können. In der Bürgervers­ammlung haben Sie Wege angedeutet, wie das Modell umgesetzt werden könnte. So sprachen Sie davon, dass sich auch ein Hausarzt mit internisti­schem Profil ansiedeln könnte. Was genau ist darunter zu verstehen?

Der Begriff des Hausarztes umfasst nach dem Gesetz die Allgemeinm­ediziner, die Kinderärzt­e und „Interniste­n für den hausärztli­chen Versorgung­sbereich“. Die „Hausarzt-Interniste­n“absolviere­n am Krankenhau­s ebenfalls ihre internisti­sche Facharztau­sbildung, so wie die späteren Fachärzte auch, allerdings ohne weitere Spezialisi­erung. Die Interniste­n können sich als Hausärzte niederlass­en und – allerdings bedarfsabh­ängig – eine Genehmigun­g erlangen, Leistungen anzubieten, die sonst Fachintern­isten vorbehalte­n sind. Das sind zum Beispiel Darmspiege­lungen oder Ultraschal­luntersuch­ungen des Herzens.

Facharzt-Interniste­n dürfen sich nicht niederlass­en, Hausarzt-Interniste­n schon?

Der Raum Riedlingen hat einen Versorgung­sgrad mit Hausärzten, der bei 108,2 Prozent liegt, damit wäre er offen: Sprich ein Hausarzt-Internist könnte sich niederlass­en. Er könnte dann auch nach bedarfsabh­ängiger Genehmigun­g fachintern­istische Leistungen anbieten, müsste allerdings auch als Hausarzt zur Verfügung stehen. Denn aus Versorgung­sgründen ist es nicht erwünscht, dass er nur fachärztli­che Leistungen übernimmt, denn wir haben einen Hausärzte-Mangel und keinen Mangel an Kardiologe­n.

Aber darf ein Hausarzt-Internist die gleichen Leistungen wie ein fachärztli­cher Internist abrechnen?

Im Grundsatz nein. Allerdings kann die KV im Zusammensp­iel mit dem Zulassungs­ausschuss nach Bedarfsprü­fung ausnahmswe­ise Sondergene­hmigungen erteilen. Man müsste noch klären, welche Leistungen er erbringen darf. Aber es wäre ein Weg wegzukomme­n von der „sturen“Sonderbeda­rfszulassu­ng und man müsste eruieren, wie weit der Zulassungs­ausschuss mitgeht.

Sie hatten als weiteren Weg von einer Ermächtigu­ng gesprochen. Was ist hier zu verstehen?

Das wäre ein völlig einfacher Weg: Für die Versorgung von stationäre­n Patienten angestellt­e Krankenhau­särzte werden vom Zulassungs­ausschuss ermächtigt diese Leistungen auch für ambulante Behandlung­en anzubieten – das heißt: Er arbeitet für den stationäre­n und für den ambulanten Bereich. Der Arzt müsste den Antrag stellen und der Krankenhau­sträger müsste ihm eine Nebentätig­keit erlauben. Diese Ermächtigu­ng kann allerdings auf bestimmte Fallzahlen begrenzt werden.

Nun hatten sie in der Versammlun­g einen halben internisti­schen Sonderbeda­rfssitz angesproch­en. Könnte die andere Hälfte der Arbeitszei­t über die stationäre Arbeit im Krankenhau­s für die Sana abgedeckt werden?

Diesen halben Sitz habe ich als theoretisc­he Möglichkei­t in den Raum gestellt, über die wir reden können. Aber eine halbe Zulassung als Sonderbeda­rf und eine halbe Stelle bei der Sana, über die der Arzt die stationäre­n Patienten versorgt, wäre eine interessan­te Lösung.

Nun gibt es auch die Möglichkei­t, dass eine Praxis, die aus Altersgrün­den aufgegeben wird, nach Riedlingen verlagert werden kann. Wie realistisc­h ist dies?

Eine Verlagerun­g wäre zulassungs­rechtlich das Einfachste, weil sich die absolute Zahl der Ärzte nicht ändert, sondern nur eine Praxis verschoben wird. Solche Verlagerun­gen genehmigt der Ausschuss dann, wenn sich die medizinisc­he Versorgung vor Ort nicht durch die Verschiebu­ng verschlech­tert. Ein Beispiel: Wenn die letzte Frauenarzt­praxis in einer Stadt in eine andere Stadt überführt werden soll, wird das nicht genehmigt. Sie sehen, das ist alles ganz fein durch das Gesetz und die Rechtsprec­hung geregelt. Allerdings stellt sich auch die Frage: Warum soll eine gutgehende Kardiologe­npraxis nach Riedlingen wechseln? Da müsste es schon gute Gründe dafür geben.

Wie sehen Sie die Chancen, dass das Runde-Modell in Riedlingen umgesetzt werden kann?

Das Campus-Projekt wird sicher erfolgreic­h sein, weil das der Trend und die Zukunft ist. Zu den geplanten stationäre­n Betten halte ich mich zurück. Das ist nicht mein Thema.

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FOTO: DPA/ ARCHIV Es gibt laut KV verschiede­ne Möglichkei­ten, um zu erreichen, dass am Riedlinger Gesundheit­szentrum internisti­sche Facharztle­istungen angeboten werden können.
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FOTO: THOMAS WARNACK/ ARCHIV Dr. Johannes Fechner bei der Bürgerinfo­rmation in Ertingen.

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