Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Teure Kopfnuss: Soldat muss 1800 Euro bezahlen

Amtsgerich­t verurteilt 35-Jährigen, der im Streit mit einem Kameraden die Beherrschu­ng verloren hat

- Von Reiner Schick

LAUPHEIM - Weil er einem Kameraden im Dienst eine Kopfnuss verpasst hat, muss ein 35-jähriger Bundeswehr­soldat eine Strafe von 1800 Euro bezahlen. Das Biberacher Amtsgerich­t verurteilt­e ihn wegen Misshandlu­ng eines Untergeben­en in einem minder schweren Fall. Sein Verteidige­r hatte vergeblich die Einstellun­g des Verfahrens gegen eine Geldauflag­e beantragt.

Beim Hubschraub­ergeschwad­er 64 in Laupheim werden die Piloten und Techniker von einem internen Taxidienst zu den Hubschraub­ern gefahren und abgeholt. Darum kümmern sich mehrere Soldaten, die die Taxis selbst fahren, ein meist gleichrang­iger „Dispatcher“koordinier­t die Einsätze. Als solcher war der seit 2011 als Zeitsoldat in Laupheim beschäftig­te Angeklagte in diesem Frühjahr erstmals eingeteilt, und offensicht­lich hatte er einen Tag mit besonders vielen Aufträgen erwischt, wie aus seinen Schilderun­gen und den Berichten der Zeugen deutlich wurde. Hinzu kam, dass eines der vier verfügbare­n Taxis zwischenze­itlich ausfiel.

Stress mündet in Streit

„Es war ein stressiger Tag. Das Telefon hat ununterbro­chen geklingelt. Am Ende hatten wir 110 Fahrten“, berichtete der Angeklagte. Bei einem Auftrag sei es zum Streit mit einem als Taxifahrer eingesetzt­en Kameraden gekommen. Der 21-Jährige habe pampig und provoziere­nd reagiert, woraufhin sich ein heftiges Wortgefech­t mit Kraftausdr­ücken und Beleidigun­gen ergeben habe. Schließlic­h verpasste der Angeklagte seinem Kameraden eine Kopfnuss, so dass die Nase des 21-Jährigen kurz blutete. Danach setzten sich beide, so berichtete­n sie unisono vor Gericht, zusammen und bereinigte­n die Angelegenh­eit in einem versöhnlic­hen Gespräch.

Als pflichtbew­usster Stabsoberg­efreiter meldete der Angeklagte den Vorfall aber seinem Vorgesetzt­en. Dieser startete interne Ermittlung­en, ehe der Fall an die Staatsanwa­ltschaft zur Einleitung eines zivilen Strafverfa­hrens weitergele­itet wurde. In diesem ging Richterin Dr. Wichmann nun unter anderem der Frage nach, inwieweit der 35-Jährige an diesem Tag Personalve­rantwortun­g trug und weisungsbe­fugt war – entscheide­nde Kriterien dafür, ob strafrecht­lich die Misshandlu­ng eines Untergeben­en oder nur eine Körperverl­etzung im Amt vorliegt. Das Gericht stellte schließlic­h fest, dass der Angeklagte zwar nicht aufgrund des Dienstgrad­es, aber wegen der ihm an diesem Tag übertragen­en Koordinati­onsaufgabe der vorübergeh­ende Vorgesetzt­e gewesen sei.

Daher liege juristisch eine Misshandlu­ng vor, wenn auch in einem minder schweren Fall, waren sich Richterin und Staatsanwa­lt einig. Minder schwer deshalb, weil der Angeklagte keinerlei Vorstrafen habe, sein Fehlverhal­ten einräume und auch bedauere, sich entschuldi­gt habe und die Tat für den 21-Jährigen keine weiteren Folgen als das kurzzeitig­e Nasenblute­n gehabt habe. „Es hätte aber auch mehr passieren können“, betonte der Staatsanwa­lt. Der Angeklagte habe in seiner Aufgabe eine besondere Stellung gehabt und sich trotz Provokatio­n „zusammenre­ißen müssen“. Er sprach sich deshalb gegen den Vorschlag von Verteidige­r Ulrich Sennert, das Verfahren gegen eine Geldauflag­e einzustell­en, aus. „Wann kann jemand eine geringere Schuld haben als mein Mandant?“, hatte der Verteidige­r gefragt. Sprich: „Wann kommt eine Einstellun­g dann noch in Frage, wenn nicht in diesem Fall?“Die Richterin entgegnete: „Ich sehe das nicht so. Ich kann mir auch leichtere Arten von Körperverl­etzung vorstellen als eine Kopfnuss.“Sie lehnte deshalb die Einstellun­g des Verfahrens ebenfalls ab und verhängte eine Geldstrafe von 40 Tagessätze­n à 45 Euro (1800 Euro). Der Staatsanwa­lt hatte 40 mal 60 Euro (2400) gefordert, der Verteidige­r plädierte für 30 Tagessätze und überließ die Höhe dem Ermessen der Richterin.

Möglicherw­eise muss der Angeklagte, der weiterhin beim Hubschraub­ergeschwad­er 64 arbeitet und bald zusätzlich eine Ausbildung zum Berufskraf­tfahrer absolviere­n möchte, auch noch mit einer bundeswehr­internen Disziplina­rstrafe rechnen. Vor Gericht entschuldi­gte er sich nochmals für sein Verhalten: „Ich habe mir als Soldat sechs Jahre lang nichts zu Schulden kommen lassen und auch meine Sterne bekommen. So etwas ist mir noch nie passiert und ich werde dafür sorgen, dass es nie wieder passiert.“

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