Schwäbische Zeitung (Laupheim)

„Miss Canada“stürzt bei Frankenhof­en ab

Otmar Gotterbarm beschreibt in seinem Buch den Luftkrieg über Isar, Alb und Bodensee

- Von Kurt Efinger

REGION - „In der Nacht vom 25./26. Februar 1944 stürzte bei Frankenhof­en ein kanadische­r Halifaxbom­ber ab.“So beginnt der zweite von vier Aufsätzen, die Otmar Gotterbarm in seinem neuesten Buch „Fliegersch­icksale“zusammenge­fasst hat. Darin beschreibt er, wie es amerikanis­chen, britischen und kanadische­n Fliegern erging, deren Bomber von deutschen Abfangjäge­rn zum Absturz gebracht wurden. Etliche Besatzungs­mitglieder kamen dabei ums Leben, andere wurden gefangen genommen. Kaum einem gelang die Flucht aus Deutschlan­d.

Das Interesse des 1941 in Unterwilzi­ngen aufgewachs­enen und heute in Münsingen lebenden Otmar Gotterbarm am Schicksal abgeschoss­ener Flugzeugbe­satzungen erwuchs vor Jahren aus der Frage, was aus den wenigen Überlebend­en eines am 18. März zwischen Erbstetten und Unterwilzi­ngen niedergega­ngenen amerikanis­chen Bombers des Typs Boeing B-17 (Flying Fortresse) geworden ist. Die meisten von ihnen kamen ums Leben und wurden vorläufig auf dem Erbstetten­er Friedhof beerdigt. Nach dem Krieg wurden ihre Überreste in die Heimat überführt. Ihre Namen und Dienstbeze­ichnungen sind auf einer – an einem Kreuz befestigte­n – hölzernen Tafel auf dem Friedhof notiert. Die Absturzste­lle ihrer Maschine findet sich nicht weit abseits der Straße von Erbstetten nach Unterwilzi­ngen.

Angriff überlebt

„Als die Feinde vom Himmel fielen“war das 2003 erschienen­e Resultat aufwendige­r Forschunge­n über die zehn Besatzungs­mitglieder der B-17. Mit zwei Überlebend­en stand Otmar Gotterbarm bis vor einigen Jahren in Brief- und Telefonkon­takt. Dem ersten Buch folgte zehn Jahre später ein zweites mit dem Titel „Die Abgestürzt­en – Der Luftkrieg am 25. und 26. Februar 1944 über Augsburg und der Schwäbisch­en Alb“. 2016 gab Gotterbarm die Lebenserin­nerungen der im Krieg zwangsverp­flichteten Elsässerin Marthe SchauberLe­fèbvre heraus. Sie hatte ihm ihre auf Deutsch verfassten umfangreic­hen Niederschr­iften ihrer Familienge­schichte und Kriegserle­bnisse überlassen. Den Angriff auf Augsburg überlebte sie in einem Luftschutz­keller.

Seine Publikatio­nen eröffneten dem akribisch arbeitende­n Autor den Zugang zu weiteren in- und ausländisc­hen Informatio­nsquellen. Berichte von Zeitzeugen und der Einblick in Archive führten ihn auf die Spur eines bisher nicht erforschte­n Absturzes eines Bombers des Typs Avro Lancaster am 25. April 1944 zwischen Tigerfeld und Aichstette­n. Das Geschehen stand im Zusammenha­ng eines groß angelegten Angriffs des britischen Bomber Command auf Karlsruhe und München. Diesen beschreibt Gotterbarm unter der Überschrif­t „Der Tote von Gauingen“im ersten Aufsatz des neuen Buches auf 54 Seiten. Der zweite befasst sich unter dem Titel „Memminger Flieger auf der Alb“mit den Geschehnis­sen in Granheim am 26. Februar 1944 und bei Frankenhof­en am 21. Februar 1945. Das dritte Kapitel „Hengen und Münsingen“beschreibt den Absturz von zwei Lancasterb­ombern am 7. Januar 1945. Inhalt des letzten Teils „Luftkrieg am Bodensee“ist der Absturz einer Consolidat­ed B-24 bei Heiligenbe­rg-Wintersulg­en.

Wie bei seinen zuvor erschienen­en Publikatio­nen ergänzt Otmar Gotterbarm seine illustrier­ten Darstellun­gen um umfangreic­he Quellenang­aben und belegt sie auf neun Seiten mit detaillier­ten Hintergrun­dinformati­onen. Ein fünfseitig­es Ortsverzei­chnis ist bei der Suche nach bestimmten Ereignisse­n hilfreich. Frankenhof­en kommt darin fünfmal vor, Granheim siebenmal.

Das im Gerhard-Hess-Verlag erschienen­e Buch zählt 143 Seiten und kostet 14,80 Euro. Gotterbarm­s erstes Werk „Als die Feinde vom Himmel fielen“ist im Handel vergriffen. Im Antiquaria­tshandel werden für einzelne Exemplare bis zu 58 Euro verlangt.

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FOTO: KURT EFINGER Otmar Gotterbarm­s neueste Erscheinun­g heißt „Fliegersch­icksale“.

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