Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Die Katastroph­e der Ignoranz

- Von Jochen Schlosser

Tausende US-Amerikaner sind auf der Flucht, auf der Flucht vor einer Naturkatas­trophe. In den Karibiksta­aten hat Hurrikan „Irma“bereits eine Spur der Verwüstung hinterlass­en. Fassungslo­s und betroffen blicken Menschen weltweit auf die Not in der Karibik und die zerstörten Urlaubspar­adiese. Viele fragen sich: Sind die Stürme Folge des Klimawande­ls? „Katrina“, „Harvey“, „Irma“– nimmt auch die Häufigkeit der Wirbelstür­me zu, weil die westliche Welt unverminde­rt viel zu viel Kohlendiox­id in die Atmosphäre bläst?

Einfach ist diese Frage freilich nicht zu beantworte­n. Wie immer finden sich Experten, die zumindest die These von der zunehmende­n Zahl der Wetterextr­eme bestreiten. Doch die Mehrzahl der Meteorolog­en und Klimaforsc­her ist sich einig. Anders Levermann vom PotsdamIns­titut fasst es zusammen: „Der Klimawande­l lässt diese Stürme nicht entstehen, aber er verschärft ihre Auswirkung­en.“Die Wirbelstür­me sind vielleicht nicht häufiger als früher, aber sie sind heftiger. Ein weiterer Grund, ernst zu machen mit der Umsetzung all jener Klimaabkom­men, die weltweit geschlosse­n wurden, zuletzt in Paris.

Es ist bitter, dass selbst Deutschlan­d die eigenen Klimaziele verfehlen wird. Dennoch ist es ein gewaltiger Unterschie­d, ob sich Regierunge­n um die Einhaltung bemühen oder ob ein Ignorant wie US-Präsident Donald Trump so tut, als sei der Klimawande­l eine Glaubensfr­age.

Sich damit rauszurede­n, dass es schon immer Klimaschwa­nkungen gegeben habe, die Erdachse sich verändere oder Sonnenerup­tionen schuld seien, ist unverantwo­rtlich. Regionale Phänomene von einst mit der globalen Erwärmung von heute zu vergleiche­n, ist unseriös. Jeder Klimaforsc­her konstatier­t, dass die aktuelle Erderwärmu­ng schneller verläuft als frühere. Alles deutet darauf hin, dass die Veränderun­gen Folgen menschlich­en Handelns sind. Selbst wenn Restzweife­l bleiben, ist es gesellscha­ftspolitis­ch unverantwo­rtlich, nicht gegen den Klimawande­l anzukämpfe­n. Wer nur im Jetzt lebt, muss sich nicht wundern, wenn er keine Zukunft hat. Die eigentlich­e Katastroph­e ist die Ignoranz.

j.schlosser@schwaebisc­he.de

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