Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Parteienprogramme zum Thema Gesundheit
Am bisherigen System der unterschiedlichen Krankenversicherungen möchte die CDU nicht rütteln. Eine Bürgerversicherung lehnt sie ab. Das Nebeneinander von gesetzlicher und privater Krankenversicherung mit dem Instrument der Zusatzbeiträge zulasten der krankenversicherten Beitragszahler soll sich also nicht ändern. Darüber hinaus sollen alle medizinischen Kräfte besser vernetzt werden. Auch plant die Union eine bessere finanzielle Ausstattung der Krankenhäuser. Sie will daher eine Berücksichtigung der Preisentwicklung bei der Krankenhausvergütung, vor allem einen „vollen Ausgleich der Tarifsteigerung“. Für den ländlichen Raum garantiert die CDU/CSU eine gute ärztliche Versorgung. Dazu zählt die Union auch ortsnahe Apotheken. Diese will sie stärken, indem sie den Onlinehandel mit verschreibungspflichtigen Medikamenten verbietet. Durch den Ausbau der Telemedizin soll medizinische Versorgung auch losgelöst vom Wohnort der Patienten möglich sein. Diese sollen zudem Gesundheitsinfos in einem „Nationalen Gesundheitsportal“bekommen.
Anders als die CDU plant die SPD im Falle eines Wahlsiegs die Einführung einer Bürgerversicherung. In diese sollen auch Freiberufler, Selbstständige und Beamte eintreten können. Private Krankenversicherungen sollen nicht abgeschafft werden, jedoch sollen bislang privat Krankenversicherte die Möglichkeit haben, in die Bürgerversicherung einzutreten. Die SPD plant eine Rückkehr zur paritätischen Zahlung der Beiträge. Dabei würden Arbeitgeber und Arbeitnehmer die gleichen Beiträge zahlen, Zusatzbeiträge für die Arbeitnehmer würden wegfallen. Die SPD möchte zudem eine einheitliche Honorarordnung für Ärzte, um die Bevorzugung von Privatpatienten zu beenden. Für ländliche und strukturschwache Regionen soll eine „integrierte Bedarfsplanung der gesamten medizinischen Versorgung“eingeführt werden. Die Telemedizin soll nach Worten der SPD „Versorgungsstrukturen gerade in weniger besiedelten Bereichen entscheidend verbessern“. Die Sozialdemokraten versprechen zudem mehr Geld für Investitionen in Krankenhäuser. Das Angebot an Reha-Maßnahmen und Prävention soll gestärkt und das Netz an Hausärzten ausgebaut werden.
Auch die Linke möchte die Einführung einer Bürgerversicherung, einer „Solidarischen Gesundheitsversicherung“. Zunächst jedoch soll die paritätische Finanzierung wiederhergestellt und Zuzahlungen gekippt werden. Auch Beamte, Abgeordnete und Selbstständige sollen entsprechend ihres gesamten Einkommens einzahlen. Die Betragsbemessungsgrenze möchte die Linke abschaffen, Gutverdiener würden damit stärker belastet als bisher. Und sie geht noch einen Schritt weiter als die SPD: Die private Vollversicherung soll abgeschafft und auf Zusatzleistungen reduziert werden. Für den ländlichen Raum plant die Linke „neue Versorgungsformen wie Patientinnenund Patientenbusse, Gemeinschaftsund Teilzeitpraxen oder medizinische Versorgungszentren in öffentlicher Hand“. Das soll den ländlichen Raum attraktiv machen für junge Ärzte und medizinisches Fachpersonal. Den Versandhandel mit Arzneimitteln will die Linke so weit wie möglich begrenzen, um damit die persönliche Beratung und die wohnortnahe Versorgung zu stärken. Das System der Fallpauschalen in den Krankenhäusern will die Linke durch ein bedarfsorientiertes Modell ersetzen.
Die Grünen wollen – wie SPD und Linke – eine Bürgerversicherung. „Alle zahlen dort ein, auch Beamt*innen, Selbstständige, Unternehmer*innen und Abgeordnete werden einbezogen“, wie es im Wahlprogramm heißt. Ziel soll laut Grüne sein: „Alle werden bei Ärzt*innen auf dem gleichen hohen Niveau behandelt. Das Zwei-KlassenSystem, in dem Privatpatient*innen bevorzugt werden, hat ein Ende.“Neben Löhnen und Gehältern sollen auch Aktiengewinne und Kapitaleinkünfte von Beitragszahlern herangezogen werden. Mehr Menschen sollen in den Gesundheitssektor beruflich einsteigen können. Es bedürfe „zusätzlicher Ausbildungsplätze für die Gesundheitsberufe an Hochschulen und Universitäten, auch für Ärztinnen und Ärzte“. Die Grünen wollen auch die Krankenhäuser finanziell besser ausstatten und setzen dabei auf eine Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Vor allem Universitätskliniken benötigten „aufgrund der spezialisierten Patient*innenversorgung eine solidere Vergütung“. Auch regionale Unterschiede in der medizinischen Versorgung möchten die Grünen korrigieren.
Eine Bürgerversicherung soll es mit der FDP – genau wie mit CDU/ CSU – nicht geben. „Einer als ,Bürgerversicherung’ getarnten staatlichen Zwangskasse erteilen wir eine klare Absage“, heißt es im Wahlprogramm. Die FDP möchte die Wahlfreiheit zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung erhalten. Es soll Bürgern jedoch möglich sein, „frei und unabhängig vom Einkommen“in eine private Krankenversicherung zu wechseln. Dafür möchte die FDP die entsprechenden Bedingungen schaffen. Durch freien Wettbewerb zwischen den Kassen hofft die FDP auf eine Verbesserung der medizinischen Versorgung. Die Liberalen fordern zudem die Abschaffung der Budgetierung im Gesundheitswesen. Patienten sollen mitentscheiden können, welche Leistungen sie in Anspruch nehmen. Die Kosten für medizinische Leistungen sollen transparenter gestaltet werden. Zur Stärkung der Krankenhäuser möchte die FDP ein Anreizsystem schaffen. Bundesländer, die „ihren Investitionsverpflichtungen“nachkommen, sollen nach dem Willen der Freien Demokraten vom Bund bezuschusst werden.