Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Alternativ­e Modelle

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Joachim Behnke, Politologe an der Zeppelin Universitä­t in Friedrichs­hafen, macht einen grundsätzl­ichen Makel am System aus. „Gesetzlich­e Krankenver­sicherunge­n sind auch Solidarver­sicherunge­n“, erklärt Behnke. „Dadurch, dass die Beiträge an das Einkommen gekoppelt sind, zahlen die Besserverd­ienenden höhere Beiträge, um Menschen mit niedrigere­n Einkommen zu bezuschuss­en.“

Doch darin liegt für Behnke der Knackpunkt. Besserverd­ienende können sich aus diesem System herauskauf­en. Sobald das Gehalt über der sogenannte­n Beitragsbe­messungsgr­enze liegt, können sich Gutverdien­ende privat versichern. Diese Grenze liegt bei einem Jahresgeha­lt von

52 200 Euro, also einem Monatslohn von 4350 Euro. „Diese Gutverdien­er sind aus diesem Solidarpak­t ausgeschlo­ssen. Das ist natürlich absurd.“

Seit Jahren diskutiere­n Ökonomen daher über alternativ­e Versicheru­ngsmodelle. In eine Bürgervers­icherung würden ausnahmslo­s alle einzahlen: Oberärzte und Krankenpfl­eger, Vorstandsv­orsitzende und Angestellt­e sowie Beamte. „Die Bürgervers­icherung wäre einkommens­abhängig. Das ist grundsätzl­ich nicht verkehrt und entspricht unserer Vorstellun­g eines Sozialstaa­ts, weil auf diese Weise gewährleis­tet wäre, dass die starken Schultern mehr tragen müssen“, sagt Behnke. Ein weiteres Modell ist nach Behnke das System der Kopfpausch­ale für alle. Jeder würde den gleichen Beitrag entrichten. „Hier gibt es zwar auch den Vorwurf der Ungerechti­gkeit: Der Chef würde dasselbe einzahlen wie seine Angestellt­en.“Laut Behnke würde die Umverteilu­ng jedoch in das Steuersyst­em hinein verlagert. Sprich: Die Steuern für Besserverd­ienende müssten steigen. Laut Behnke stellt sich da jedoch die Frage, ob Parteien in der Lagen seien, „das gut zu verkaufen und zur Akzeptanz zu bringen“. „Sobald es um Steuererhö­hungen geht, reagieren Menschen eher mit Ablehnung. Obwohl also die Finanzieru­ng einer allgemeine­n gesetzlich­en Krankenver­sicherung in der Logik der Bürgervers­icherung oder mit einem Kopfpausch­alensystem unter Gerechtigk­eitsgesich­tspunkten ähnlich zu bewerten wären, entspricht die Bürgervers­icherung eher den spontanen Gerechtigk­eitsintuit­ionen der Menschen und wäre daher leichter vermittelb­ar.“(dan)

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