Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Wie die Stadt Neu-Ulm von ihrem Landkreis profitiert
Nuxit: Landratsamt stellt Papier zusammengestellt, was ein Ausstieg der Stadt aus dem Landkreis bedeuten würde – Sondersitzung geplant
NEU-ULM - Jetzt macht das Landratsamt die Gegenrechnung auf: Nachdem die Neu-Ulmer Verwaltung im Juli erstmals aus ihrer Sicht dargestellt hat, wie sich der Nuxit auf die Große Kreisstadt auswirken würde, stehen nun die Zahlen der Gegenseite fest. Sie zeigen, dass Neu-Ulm zwar eine Menge Kreisumlage zahlt, jedoch unter dem Strich deutlich profitiert, weil mehr Geld zurückfließt. Das geht aus einer umfangreichen Zusammenstellung hervor, die jetzt an die Mitglieder des Kreistags verschickt worden ist. Sie werden darüber in einer Woche auf einer Sondersitzung beraten.
Bis dahin haben die Kreispolitiker einiges zu lesen, denn der Kommentar des Landratsamtes zum Nuxit ist ein knapp 40-seitiges, mit vielen Zahlen unterfüttertes Werk. Hinzu kommen tabellarische Abschätzungen zur Finanzsituation der kommenden Jahre. Die Kernbotschaft des Papiers dürfte sein, dass der Landkreis auch ohne seine finanzstarke bisherige „Hauptstadt“auskommen könnte. Die Leistungsfähigkeit dürfte „grundsätzlich erhalten bleiben“, heißt es in dem Papier. Allerdings wäre das ein Neustart mit einer ziemlichen Hypothek, denn die Pro-Kopf-Verschuldung in diesem dann einwohnerschwächeren Landkreis würde deutlich ansteigen. Derzeit beläuft sie sich auf 332 Euro, wenn die Verbindlichkeiten der Kreisspitalstiftung Weißenhorn hinzugenommen werden. Ohne Neu-Ulm würde die Verschuldung pro Kopf auf 501 Euro anschwellen. Zum Vergleich: Der bayerische Durchschnitt liegt bei 244 Euro.
Stadt profitiert von Kreisumlage
Was die Finanzbeziehungen betrifft, so verblieben dem Landkreis von der Kreisumlage, die Neu-Ulm zwischen den Jahren 2008 bis 2017 entrichtet hat, unter dem Strich 122,3 Millionen Euro. Wie es in der Aufrechnung des Landratsamtes heißt, seien aber im Gegenzug für den gleichen Zeitraum wieder rund 184,7 Millionen zurückgeflossen. Diese Gelder dienten zur Erfüllung der Pflichtaufgaben sowie der freiwilligen Leistungen der Stadt. Darin enthalten sind in allererster Linie Ausgaben für Soziales, die sich auf knapp 83 Millionen Euro summieren. Den zweitgrößten Brocken mit 58 Millionen Euro machen Zahlungen für den Betrieb und Unterhalt aller weiterführenden Schulen im Stadtgebiet aus. Dabei seien aber Investitionszuschüsse für die Donauklinik über 13,6 Millionen noch nicht berücksichtigt. Das Fazit: In den vergangenen zehn Jahren seien 62,4 Millionen mehr an die Stadt zurückgeflossen, als der Kreis – abzüglich der Bezirks- und Krankenhausumlage – aus der NeuUlmer Kreisumlage erhalten habe.
Personaleinsparungen beim Kreis
Was das Personal betrifft, kann nach einem Nuxit kräftig gespart werden, denn zahlreiche Aufgaben wandern dann zur Stadt Neu-Ulm. Nach einer „ersten konservativen Schätzung“, wie es heißt, müsste der Kreis pro Jahr 4,7 Millionen Euro weniger für seine Beschäftigten ausgeben. Allerding sei nicht davon auszugehen, dass sämtliche Stellen, die in Neu-Ulm zur Erledigung der zusätzlichen Aufgaben neu geschaffen werden müssten, komplett im Landratsamt eingespart werden können.
Was die mögliche Scheidung im Hause der „kommunalen Familie“, wie sie Landrat Thorsten Freudenberger gerne nennt, für den Kreis tatsächlich bedeuten würde, kann wohl nur grob über den Daumen gepeilt werden. Das sei für die kommenden Jahre nahezu unmöglich, heißt in der Zusammenstellung aus der Kupferburg, weil dabei viele Faktoren eine Rolle spielten, die sich nicht seriös abschätzen ließen.
Das Papier nimmt auch Stellung zu einigen Fragen, die im Zuge der Nuxit-Debatte aufgekommen sind. Wie steht es mit dem Parkhaus für die Donauklinik, das von Stadt und Hospitalstiftung gemeinsam errichtet wird? Eine Möglichkeit könnte sein, den abgeschlossenen privatrechtlichen Vertrag so zu ergänzen, dass der Kreis im Namen der Stiftung keine Zahlungsverpflichtungen mehr für den Bau übernimmt. Und was ist mit der Klinik? Sie könnte an Neu-Ulm verkauft oder von der Stiftung weiterbetrieben werden. Allerdings müsste in diesem Fall die kreisfreie Stadt die anfallenden Investitionskosten sowie sämtliche Defizite selbst tragen.
Standortfrage ist ungeklärt
Keine Vorschläge enthält das Papier dazu, wo künftig das Landratsamt stehen soll. So viel ist klar: Die bestehende Kupferburg müsste saniert werden, doch das wird wohl nicht passieren, zumindest nicht durch den geschrumpften Landkreis. Somit könnte alles auf einen Neubau hinauslaufen – in Senden, Weißenhorn oder Illertissen. Ein neuer Name für den Kreis, der noch den Namen der abtrünnigen Stadt trägt, muss erst gefunden und vom Landtag abgesegnet werden. Doch eine Lösung, die sich am Vorbild Augsburg Land orientiert, soll es nicht geben. Der Name müsste „keineswegs unbedingt Landkreis NeuUlm Land heißen“, steht unmissverständlich in dem Amtspapier.