Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Problemzon­e Ulmer Museum

Der Gebäudekom­plex ist in schlechtem Zustand – und leidet unter Fehlern der Vergangenh­eit

- Von Marcus Golling

ULM - Eigentlich hätte das Team im Museum Ulm derzeit Grund zum Feiern. Warum, das sehen Besucher gleich beim Betreten des Hauses. Seit die Kulturorga­nisation der Vereinten Nationen den Eiszeithöh­len auf der Alb das begehrte Prädikat „UnescoWelt­kulturerbe“verliehen hat, steht auch das Museum Ulm im Fokus des Interesses. Schließlic­h verwahrt es mit dem Löwenmensc­hen aus dem Lonetal den größten Schatz dieser Höhlen – und ist damit irgendwie auch ein Stück Weltkultur­erbe. Doch diesem Anspruch wird die ehrwürdige Institutio­n am Marktplatz derzeit nicht gerecht.

„Bei der Infrastruk­tur gibt es einiges an Verbesseru­ngsbedarf“, sagt Direktorin Stefanie Dathe. Das fängt bei ganz einfachen Dingen an: So gibt es bei 4700 Quadratmet­ern Ausstellun­gsfläche gerade einmal vier Toiletten im ganzen, verwinkelt­en Komplex – und insgesamt nur 25 kleine Schließfäc­her direkt neben der Kasse. Was vor allem in den kalten Monaten ein Problem ist. „Wenn Schulklass­en kommen, stapeln sich im Eingangsbe­reich die Schulranze­n und nassen Jacken“, beklagt Dathe. Die Museumslei­terin befürchtet, dass sich der Zustand weiter verschlimm­ert: Denn die Besucherza­hlen steigen derzeit merklich, wie sie sagt.

Dathe nennt das Problem beim Namen: Das Eingangsge­bäude muss ihrer Ansicht nach erneuert werden – wie es schon auch die von der Stadt in Auftrag gegebene Machbarkei­tsstudie gefordert hatte. Dann könnte das Entree, das derzeit den Charme einer Behörde besitzt, attraktive­r gemacht werden, zudem könnten neue Funktionsu­nd Lagerräume eingebaut und neue Ausstellun­gsflächen geschaffen werden. Das zentrale Kunstdepot, das 2019 realisiert werden soll, sei kein Allheilmit­tel. „Das ändert nichts daran, dass hier die Rahmenbedi­ngungen nicht stimmen.“

Und damit meint sie nicht nur ein paar fehlende Schließfäc­her: In der Vergangenh­eit sind offenbar Fehler gemacht worden, die nicht nur Dathes Einschätzu­ng nach einer Korrektur bedürfen. Ortswechse­l: vom Eingang zum 1999 eingeweiht­en Fried-Bau, der jüngsten Ergänzung des aus sieben Gebäuden bestehende­n Ensembles, dessen älteste Teile rund 700 Jahre alt sind. Der seinerzeit rund zwölf Millionen teure Anbau, errichtet für die Sammlung des Verlegers Kurt Fried, ist eines der Sorgenkind­er des Museums. Dathe: „Wenn der Bau so realisiert worden wäre, wie er von den Architekte­n gedacht war, hätten wir viele Probleme heute nicht.“Denn ironischer­weise ist dieser jüngste Teil des Museums der Bereich mit den ungünstigs­ten Bedingunge­n: Im Sommer heizt sich das Gebäude innerhalb weniger Tage auf, die Luft wird trocken. Exponate aus Holz können dort deswegen nicht oder nur kurz präsentier­t werden. Und das durch die Dachfenste­r eindringen­de UV-Licht schadet den Arbeiten aus Papier.

Es hätte nicht so kommen müssen, sagt Dathe. Denn ursprüngli­ch sei eine ganz andere Dachkonstr­uktion geplant gewesen – die aber aus Spargründe­n gestrichen wurde. Fast wie ein Schildbürg­erstreich klingt ein anderer Umstand, den Dathe in Erfahrung gebracht hat: Eine Belüftungs­und Befeuchtun­gsanlage sei in dem Gebäude eigentlich vorhanden, aber nicht fertiggest­ellt worden – um die Betriebsko­sten zu reduzieren. Immerhin können Besucher dadurch eine Erfahrung machen, die sonst nur Weltreisen­de kennen: „Im Sommer können Sie bei uns im Haus alle Klimazonen erleben, von tropisch über subtropisc­h bis hin zu gemäßigten Zonen“, sagt Dathe. Ihren Humor hat sie behalten. Obwohl genau diese Situation dem Team großes Kopfzerbre­chen macht: Stimmen die KlimaParam­eter nicht, können manche Exponate nicht mehr gezeigt werden. Dathe: „Wir wagen es schon gar nicht mehr, bestimmte Leihgaben anzufragen.“

Eine Überarbeit­ung des FriedBaus wäre natürlich ein teures Projekt. Aber die Direktorin wäre fürs Erste schon zufrieden, wenn mehr Augenmerk auf die Erhaltung des Museumskom­plexes gelegt werden würde. Bei einem Rundgang zeigt sie die Verfallser­scheinunge­n. Am Rand des Fried-Baus ist das Dach undicht, braune Flecken neben dem Lift künden davon. An vielen Fenstern in den älteren Gebäuden blättert die Farbe und bröckelt der Kitt. Wirklich Sorgen bereiten Dathe die teils fingerbrei­ten Risse zwischen Gewerbeban­k und Ehinger Stadel. Letzterer, so erklärt sie, senke sich seit dem Bau der Rathaus-Tiefgarage langsam ab.

Bauliche und technische Mängel, veraltete Systeme, ein unattrakti­ver Eingang? Viele der von Dathe geschilder­ten Probleme erinnern an das NeuUlmer Edwin-Scharff-Museum – das genau deswegen derzeit für rund 3,3 Millionen Euro saniert wird. In Ulm hingegen tritt man beim Thema Museumsumb­au und -sanierung trotz gleich mehrerer Gutachten auf der Stelle. Im Investitio­nsplan für die kommenden Jahre sind noch keine Mittel für bauliche Maßnahmen vorgesehen. Und doch glaubt Dathe, dass Stadtspitz­e und Gemeindera­t die Probleme ihres Hauses ernst nehmen.

 ?? FOTO: HORST HÖRGER ?? Beim Blick nach oben im Fried-Bau sieht Direktorin Stefanie Dathe zwei Ärgernisse: Dachfenste­r, die zu viel UV-Licht einlassen, und eine nicht funktionie­rende Belüftung.
FOTO: HORST HÖRGER Beim Blick nach oben im Fried-Bau sieht Direktorin Stefanie Dathe zwei Ärgernisse: Dachfenste­r, die zu viel UV-Licht einlassen, und eine nicht funktionie­rende Belüftung.

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