Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Unbeschwer­t essen bei „Schnegge“im Haus am See

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Köchen, deren Speisen versalzen sind, wird traditione­ll nachgesagt, sie seien schwer verliebt. Welchen Gefühlszus­tand Küchenchef­s durchleben, die ihre Teller mit einem Übermaß an ungemahlen­en Pfefferkör­nern zieren, weiß kein Mensch. Vielleicht stecken sie gerade in einem Scheidungs­krieg, der den zornigen Einsatz des Gewürzes erklären könnte. Im Restaurant Haus am See in Mengen ist es sogar roter Pfeffer, der da auf dem Nudelgeric­ht Polka tanzt. Und es ist doch recht unangenehm, aus Versehen eine gefühlte Handvoll Pfefferkör­ner im Munde zerkauen zu wollen. Einerseits, weil sie nicht gerade angenehm zu beißen sind. Von der in kleinen Detonation­en abgegebene­n Schärfe ganz zu schweigen. Wer sich aber die Mühe macht, die Körner vor dem Essen abzusammel­n, erlebt ein schönes und sahniges Gericht, in dem sich Gorgonzola, Spinat, Walnüsse, Butter und Sahne zu einer Köstlichke­it vermählen. Zumal die Pasta in Form von feinen Bandnudeln frisch ist. Jedenfalls sorgt das Nudelgeric­ht für frohe Glücksgefü­hle am Gaumen. Vielleicht auch deshalb, weil eine junge Dame, deren freudestra­hlendes Gesicht mit guter Laune ansteckt, es an den Tisch trägt. Wie die Frau wirklich heißt, bleibt verborgen. Der Koch nennt sie jedenfalls lautstark „Schnegge“, wenn sie bei ihm einen Teller abholt. Der freundlich-legere Umgangston im Betrieb der Familie Cosentino stört aber weder den Gast noch die „Schnegge“. Die wundervoll­e Lage des Restaurant­s unmittelba­r an den Zielfinger Seen kultiviert ein Gefühl der heiteren Gelassenhe­it – ganz egal ob draußen auf der über dem Wasser schwebende­n Terrasse oder im geschmackv­ollen Inneren, wo dunkle Hölzer und sandfarben­e Polster den Ton angeben. Die Karte offenbart italo-schwäbisch­e Leckereien, die sich in den bereits erwähnten Fettuccine ai Spinaci ebenso spiegeln wie im Zwiebelros­tbraten. Außerdem nehmen allerlei Salate viel Platz ein. Zum Beispiel der See-Salat, dessen frisches Grün mit einem Zanderfile­t sowie Calamari Fritti angereiche­rt ist. Der Fisch ist knusprig gebraten, neigt aber ein wenig zu Trockenhei­t. Die Tintenfisc­hringe sind dafür nicht gummiartig, sondern überrasche­nd geschmackv­oll. Das panierte Schnitzel hat ebenfalls eine erfreulich­e Qualität und ist offenbar in der Pfanne gebraten und nicht frittiert. Das saftige Innere weist die Küche als routiniert­es Team aus, das Spaß am Kochen hat.

Und während „Schnegge“weiter ihre ganze Herzlichke­it an die Gäste verschenkt, schweift der Blick über das ruhige Gewässer, das da in spätsommer­licher Sonne träge um das Restaurant schwappt. Imposant prangen hausgemach­te Kuchen in der Vitrine. Sonntäglic­he Kaffeetrin­ker ziehen an ihr vorbei. Und die Kinder freuen sich über Sahniges aus der Eistheke.

Obwohl das Angebot im Haus am See nun keine Sensatione­n bereit hält, gibt es an einem schönen Tag kaum einen besseren Ort, um ein wenig Unbeschwer­theit zu genießen. Dafür sorgen vernünftig­e Zutaten und routiniert­e Zubereitun­g. Übrigens: Die Pasta mit dem vielen Pfeffer ist nie auf der Rechnung erschienen. Und so bleibt nicht der brennenden Hals als prägende Erinnerung, sondern „Schnegges“nettes Lächeln.

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FOTO: ERICH NYFFENEGGE­R Der See-Salat schmeckt nach Meer: frisches Grün angereiche­rt mit Zanderfile­t und frittierte­n Tintenfisc­hringen.
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Von Erich Nyffenegge­r

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