Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Dämpfer für CDU-Landeschef Strobl
Nur 82 Prozent Zustimmung bei Wiederwahl – Kampfabstimmung um Stellvertreter
REUTLINGEN - Mit verhältnismäßig mageren 82 Prozent der Stimmen ist Thomas Strobl am Samstag beim Parteitag der Südwest-CDU in Reutlingen als Landesvorsitzender wiedergewählt worden. Etliche Delegierte kritisierten das Hauen und Stechen rund um die Wahl der drei stellvertretenden Landesvorsitzenden. Sie lasteten Strobl an, Gräben innerhalb der Partei zu vertiefen – ein Eindruck, den ausgerechnet Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel befeuerte.
Seit 2011 führt Thomas Strobl den CDU-Landesverband. Bei der Wiederwahl vor zwei Jahren erreichte er das Traumergebnis von 98 Prozent der Stimmen. Seine Bestätigung im Amt lag nun nicht nur 16 Prozentpunkte darunter. 35 Delegierte der 338 gaben ihre Stimme erst gar nicht ab, neun weitere enthielten sich. Auch bei der Verkündung des Ergebnisses war der Applaus in der Reutlinger Stadthalle mäßig.
Mack unterliegt Caspary
Nach Ansicht vieler Delegierter hat Strobl den Chef der CDU/CSU-Landesgruppe im Europaparlament, Daniel Caspary, ins Rennen um einen Posten als Vize-Landeschef geschickt. Ein Schachzug, den viele als Angriff auf den bisherigen Stellvertreter und Ellwanger Landtagsabgeordneten Winfried Mack werteten. Strobls Gefolgsleute indes bezeichneten die Kampfkandidatur als normalen demokratischen Prozess.
Caspary selbst erklärte, dass er nicht gegen jemanden, sondern für sich und für den Regionalbezirk Nordbaden kandidierte. Der regionale Proporz spielt in der CDU eine wichtige Rolle. Bisher vertrat weder der Vorsitzende noch einer seiner drei Stellvertreter Nordbaden. Mack unterlag mit 47 Prozent seinem Rivalen Caspary, der 56 Prozent der Stimmen erreichte. Die Bundestagsabgeordneten Annette WidmannMauz (74 Prozent) und Thorsten Frei (69 Prozent) blieben Stellvertreter.
Wahlkampfrede der Kanzlerin
Bundeskanzlerin Merkel hatte die Südwest-CDU auf den Endspurt im Wahlkampf eingeschworen, indem sie von den Leistungen der ablaufenden Legislaturperiode sprach und die Grundwerte der CDU betonte: Stabilität, Sicherheit, Kontinuität. Und sie griff den Noch-Koalitionspartner SPD an, als sie von geplanten Steuerentlastungen in der nächsten Legislaturperiode sprach. „Die Sozialdemokraten können es nicht ertragen, einer Gruppe Steuern zu senken, ohne die für eine andere Gruppe gleich zu erhöhen.“Merkel betonte die Bedeutung von Investitionen in Forschung und Entwicklung, in die innere Sicherheit und in den Wohnungsbau und kritisierte die AutoKonzerne wegen des Dieselskandals. „Da ist Vertrauen verspielt worden.“Die Kanzlerin, wie später auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, warnte vor einem Bündnis aus SPD, Linken und Grünen nach der Wahl.
Gerade hatte sich Merkel nach ihrer Rede hingesetzt, da eilte sie erneut ans Rednerpult. „Ich habe etwas vergessen“, sagte sie und sprach sich für die Wahl von Daniel Caspary aus. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie nicht gewusst, dass es sich um eine Kampfkandidatur handelte, erklärte später Tagungspräsident Thomas Bareiß. „Das sollte keine einseitige Wahlempfehlung sein.“
Viele Delegierte werten dies dennoch als Instrumentalisierung Merkels, die sie Caspary, zuvorderst aber Strobl anlasteten. „Heute ist ein schlechter Tag für die CDU BadenWürttemberg“, so der Kommentar eines hochrangigen Parteimitglieds. „Das hat Nachwirkungen für die nächsten 20 Jahre.“
Ein Landtagsabgeordneter nannte die Vorgänge nicht förderlich so kurz vor der Bundestagswahl, „auch nicht für das Verhältnis zwischen Partei und Landtagsfraktion. Dadurch wird es für Strobl in der Fraktion nicht einfacher, das Lagerdenken wird nochmal verstärkt.“