Schwäbische Zeitung (Laupheim)
„Es wird weltweit leider mehr Extremwetter geben“
BERLIN - Hurrikane und Wüstenklima in Europa? Kein Ding der Unmöglichkeit, wie Hans Joachim Schellnhuber (Foto: pr) sagt. Der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung warnt angesichts der verheerenden Folgen von Hurikan „Irma“vor dem Klimawandel. Andreas Herholz hat mit ihm gesprochen.
Erst der Hurrikan „Harvey“, dann der Tropensturm „Irma“– sind diese Wetterkatastrophen abzusehen gewesen und Folge des Klimawandels?
Durch die vom Menschen verursachte Erderwärmung werden die Folgen eines Hurrikans gleich dreifach verstärkt – bereits heute, und mehr noch in Zukunft. Erstens heizen wir die Ozeane auf. Tropische Stürme bilden sich ab etwa 26 Grad Oberflächentemperatur des Wassers. Wenn die Meere wärmer werden, liefern sie mehr
Energie für die Zerstörungskraft des Hurrikans. Zweitens steigt der Meeresspiegel. Jede Sturmflut dringt damit natürlich viel weiter ins Landesinnere ein. Und drittens speichert warme Luft mehr Feuchtigkeit, die dann auf einen Schlag als Extremregen niedergehen kann. Die Niederschläge sind wie bei „Harvey“intensiver.
Das heißt, solche Wetterkatastrophen wird es in Zukunft häufiger geben?
Es wird weltweit leider mehr Extremwetter geben. Der Tropensturm „Irma“war, was die Dauer der höchsten Windstärken angeht, der stärkste Sturm aller Zeiten. Jetzt purzelt ein Rekord nach dem anderen. Wer das nicht erkennt, muss schon ziemlich blind sein. Auch in Europa erleben wir jetzt häufiger Tornados. Wenn wir den Klimawandel nicht bremsen, gäbe es irgendwann Bedingungen, die sogar Hurrikans in europäischen Küstengewässern begünstigen könnten. Die Wissenschaft warnt seit Jahrzehnten vor den Folgen des Klimawandels. Wir bringen den Planeten aus dem Gleichgewicht. Im Süden Spaniens und Italiens gibt es ohnehin Probleme mit Dürren – der Klimawandel verschlimmert dies. Da steht zu befürchten, dass in den nächsten Jahrzehnten die Sahara nach Europa vordringt, wenn der Klimawandel nicht gestoppt wird. Das mag reißerisch klingen, aber das sind die Fakten, die sich aus der wissenschaftlichen Beobachtung ergeben.
Lassen sich der Klimawandel und die Folgen überhaupt noch stoppen?
Das Ziel des Pariser Klimaabkommens, die Erderwärmung bei unter zwei Grad zu stoppen, ist erst einmal ein frommer politischer Wunsch – den allerdings fast alle Staaten der Welt unterschrieben haben. Selbst bei zwei Grad Erderwärmung hätten wir es weiter mit ungewöhnlichen Extremereignissen zu tun, aber bei einer Erwärmung darüber hinaus wären die Folgen kaum mehr handhabbar. Die internationale Staatengemeinschaft sollte alles tun, um diese Linien zu halten. Die Politik steht hier in der Verantwortung. Es braucht auch den Rückenwind der Bürgerinnen und Bürger. Dann wäre es noch möglich. US-Präsident Donald Trump leugnet hier jede wissenschaftliche Erkenntnis, und das ist ein Rückfall in die wissenschaftliche Steinzeit. Aber wenn andere Länder ihren Druck erhöhen, wird auch die amerikanische Wirtschaft versuchen, nachzuziehen. China will schon bald den Verbrennungsmotor verbieten. Ganz gleich wie die Bundestagswahl ausgehen wird – die nächste Bundesregierung sollte der Klima-Realität ins Auge sehen und endlich einen Klimaschutzplan vorlegen, der diesen Namen verdient.