Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Formsache ist allein die Doppelvergabe
Der IOC-Gipfel in Lima hat sich sonst mit Themen zu befassen, die nicht vergnügungssteuerpflichtig sind
LIMA (SID/dpa) - Ärger um den Korruptionsverdacht gegen IOC-Funktionäre, immer mehr Zweifel an den Winterspielen in Pyeongchang, kein Vorwärtskommen in der Dopingkrise um Russland: Auf Präsident Thomas Bach und das Internationale Olympische Komitee (IOC) wartet beim Gipfel in dieser Woche in Lima viel Arbeit. Da rückt selbst die Doppelvergabe der Sommerspiele 2024 und 2028 an Paris und Los Angeles am Mittwoch in den Hintergrund.
Die jüngsten Korruptionsvorwürfe fanden am Wochenende ein prominentes Opfer. Der irische TopFunktionär Patrick Hickey trat aus der IOC-Exekutive zurück. Der 72-Jährige war in den Olympia-Ticketskandal von Rio 2016 verwickelt. Hickey wurde während der Spiele in Rio verhaftet und durfte erst Monate später in seine Heimat zurückkehren. Auch der zweite Korruptionsskandal um Rios OK-Chef Carlos Alberto Nuzman und einen möglichen Stimmenkauf vor der Vergabe der Spiele 2009 an die Metropole am Zuckerhut schlägt hohe Wellen. Bach versprach am Wochenende Aufklärung: „Dem IOC liegt die Integrität unserer Organisation sehr am Herzen. Deshalb nehmen wir diesen Fall ernst und beobachten ihn genau.“
Auch zu den militärischen Provokationen durch Nordkorea gibt es in Lima zwar offiziell keinen Tagesordnungspunkt, dennoch dürfte die Bedrohung der Olympischen Winterspiele 2016 im nur 80 Kilometer entfernten Pyeongchang (Südkorea) heiß diskutiert werden. IOC-Exekutivmitglied Gian Franco Kasper schloss einschneidende Folgen nicht aus. „Was ich ein bisschen befürchte, ist, dass gewisse Nationen die Spiele boykottieren könnten, weil es ihnen zu riskant erscheint, ihre Athleten dorthin zu schicken“, sagte Kasper.
Kasper, Präsident des Ski-Weltverbandes FIS und einer der einflussreichsten Vertreter in der „Regierung“des IOC, glaubt, dass in Lima die Verlegung der Spiele diskutiert wird. „Ob es dann auch in der Exekutive besprochen wird und auf die Tagesordnung der Session kommt, weiß ich nicht“, sagte der Schweizer. Die Exekutive tagt bis heute, von Mittwoch bis Samstag trifft sich die Vollversammlung.
Bach setzt auf eine politische Lösung, bei der den Olympischen Spielen die Rolle des Friedensstifters zukommen soll. Der ARD sagte der 63-Jährige, dass die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen derzeit „über eine Resolution der Generalversammlung zu einem olympischen Waffenstillstand“verhandeln würden. Der würde während der Spiele im Februar weitere Waffentests durch Nordkorea verbieten. Das könnte eventuell zweifelnde Athleten doch noch überzeugen, ins grenznahe Pyeongchang zu reisen.
Wenig Aussichten auf Fortschritte gibt es auch in der Dopingkrise um Russland. Die Ergebnisse der beiden IOC-Kommissionen, die sich mit dem Thema Russland beschäftigen, sollen erst im Oktober auf dem Tisch liegen. Ermittler Richard McLaren, der durch seine Untersuchungen den Stein ins Rollen brachte, wiederholte unterdessen seine Anschuldigungen gegen Russland: „Ich bleibe dabei. Es war ein gigantisches Dopingsystem. Es lief über Jahre, es waren keine Einzelfälle, es war ein System.“
Ohne Überraschungen wird die für Mittwoch geplante Doppelvergabe der Spiele 2024 und 2028 an Paris und Los Angeles über die Bühne gehen. Das IOC muss den historischen Akt nur noch absegnen. „Das ist eine reine Formsache“, sagte Kasper.