Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Drogenkurier wird mit 26 Kilo Marihuana erwischt
Aus Geldnot lässt sich ein Mann aus Montenegro auf einen gefährlichen Deal ein - Bei Seligweiler geht er der Polizei ins Netz
ULM - Von so viel Geld konnte ein 33jähriger Tagelöhner aus Montenegro nur träumen: 4000 Euro versprach ihm ein Albaner, wenn er 26 Kilogramm Marihuana mit seinem Auto nach Deutschland schmuggeln würde, um sie in Köln an einer verabredeten Stelle an einen Landsmann zum Weiterverkauf zu übergeben. Doch die erste Drogenkurierfahrt in seinem Leben ging schief. Bei einer Routinekontrolle am 15. März dieses Jahres ging der Familienvater bei der Rastanlage Seligweiler an der A 8 der Polizei ins Netz und wurde verhaftet. Die in 13 Päckchen verstauten Drogen waren unter den beiden Vordersitzen des Autos versteckt, wurden aber von der Polizei entdeckt.
Am Montag begann vor der 2. Großen Strafkammer des Landgerichts Ulm die Verhandlung gegen den Mann, der sich wegen unerlaubter Einfuhr verbotener Betäubungsmittel verantworten muss. Insgesamt sind vier Verhandlungstage angesetzt, um die Hinter- und Beweggründe der Tat zu durchleuchten. Aber bereits in der ersten Stunde des Prozesses machte der Angeklagte reinen Tisch und bestätigte die vom Staatsanwalt verlesenen Anklagepunkte vollständig.
Er ließ von seinem Kölner Anwalt eine ausführliche Erklärung verlesen, in der er auch ausführliche Angaben zu seiner Person machte. Den Albaner hatte er in einem Café in seinem Heimatdorf bei einem Umtrunk kennengelernt. Man traf sich häufiger zu einem Gespräch und es gelang dem Mann offensichtlich, das Vertrauen des Angeklagten zu gewinnen, der bisher nie mit dem Gesetz in Konflikt gekommen war. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Mann aus Montenegro in einer äußerst misslichen Lage.
Nachdem er sich nach einem Verkehrsunfall die Hüfte gebrochen hatte, konnte er seine schwere Arbeit am Bau nicht mehr verrichten. Zuletzt war er in einem Lebensmittelladen beschäftigt, wo er im Monat 450 Euro verdiente. Damit musste er seine Familie ernähren.
Dazu kamen noch die Kosten für einen Krankenhausaufenthalt seiner Mutter und Schulden bei der Bank, die er für einen Lastwagen aufgenommen hatte, der sich als schrottreife Kiste herausstellte. Als er dann noch kurzfristig arbeitslos wurde, stellte sich die Frage, wie er seine beiden Kinder ernähren sollte.
Der Albaner, dem er von seinen Problemen erzählte, hatte sofort eine Idee, wie man die finanziellen Schwierigkeiten beheben könne. Mit einem Transport von kiloweise Zigaretten nach Deutschland könne sich der Mann aus Montenegro zumindest für eine Zeit lang aus der Not befreien. Mit 4000 Euro (der Angeklagte: „Das ist für mich und meine Familie sehr viel Geld“) würde die Kurierfahrt nach Köln entlohnt. Die „Zigaretten“müssten im Kosovo abgeholt und nach Köln gefahren werden, wo die Käufer der Ware auf ihn warteten und ihm das Geld aushändigten. Der Angeklagte hoffte auf das schnelle Geld und willigte in das Geschäft ein.
Angeblich sollten Zigaretten in den Paketen stecken
Die 13 Pakete mit den angeblichen Zigaretten warteten auf den Fahrer in einem Ort im Kosovo. Es gab noch mehrere Telefonate zwischen dem Albaner und einigen Landsleuten und dem Mann in Montenegro. Kurz vor der Tour wurde er dann vom Albaner darüber aufgeklärt, dass er nicht Glimmstängel, sondern Drogenpakete transportieren wollte. „Ich hatte noch nie in meinem Leben mit Drogen zu tun“, schrieb der Angeklagte in seiner Erklärung.
Doch er ließ sich vom Albaner schließlich einlullen. Es sei noch nie einer seiner Kuriere auf den Fahrten vom Kosovo nach Deutschland erwischt worden. Das Risiko sei äußerst gering. Außerdem handle es sich bei der Schmuggelware lediglich um weiche Drogen in der Größenordnung von fünf bis sechs Kilogramm. Als der Angeklagte dann den verabredeten Treffpunkt erreicht hatte, wurde er eines Besseren belehrt: 26 Kilogramm Marihuana warteten auf den Abtransport.
Die Weiterfahrt über Kroatien und Österreich verlief problemlos, wie vorhergesagt. Dort geriet er zwar in eine Polizeikontrolle, aber er konnte nach Zahlung von 100 Euro weiterfahren. Die musste er blechen, weil ihm eine gültige Vignette fehlte.
Im Nachhinein, so ließ er über seinen Anwalt erklären, sei die Kurierfahrt eine überaus unglückliche Entscheidung gewesen und habe das Leben seiner Frau und der gemeinsamen Kinder erheblich beeinträchtigt. Er schäme sich, dass er das deutsche Gastrecht so missbraucht habe. Im Falle einer Verurteilung droht dem Angeklagten eine mehrjährige Haftstrafe.