Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Zwischen Rhetorik und Realpolitik
Donald Trump lobt UN-Generalsekretär Guterres und verständigt sich mit Xi Jinping
WASHINGTON - Eigentlich sind sie alte Bekannte, Donald Trump und die Vereinten Nationen. Vor zwölf Jahren buhlte der Baulöwe um den Auftrag, das UN-Quartier am New Yorker East River zu renovieren, dem Versprechen nach billiger, schneller und besser als jeder Mitbewerber. Trump ging leer aus, weshalb er sich später in abfälligen Tweets über den vermeintlich billigen Marmor erregte, der die Kulisse bildet, wenn Staats- und Regierungschefs ans Rednerpult treten. Im Wahlkampf wetterte Trump gegen ein bürokratisches Monster, das weder ein Freund der Demokratie noch der Freiheit sei, „nicht einmal ein Freund der Vereinigten Staaten“. Heute, wenn er erstmals am East River eine Rede hält, muss er die Balance zwischen lockeren Sprüchen und anstrengender Realpolitik finden.
„Wegen Bürokratie und Misswirtschaft haben die UN ihr volles Potenzial nicht erreicht“, kritisierte Trump bei seinem ersten Auftritt bei den UN in New York. Dies ändere sich nun unter UN-Generalsekretär António Guterres, der einen fantastischen Job mache, sagte Trump. Mit demonstrativer Geschlossenheit haben sich Trump und Guterres für Reformen bei den Vereinten Nationen ausgesprochen. Der UN-Generalsekretär bekräftigte seinen Willen zu umfassenden Veränderungen.
Einerseits ist Trump der Präsident des „America First“. Der Populist, der seinen Anhängern versprach, mit harten Bandagen für eine Renaissance alter industrieller Größe zu kämpfen.
Der Nationalist, der die Institutionen der Weltgemeinschaft infrage stellte, ein System, das 1945 maßgeblich von Amerikanern konzipiert wurde. Andererseits braucht er die Kanäle der Vereinten Nationen, gerade jetzt, da die Raketentests Nordkoreas nach einem Kraftakt kollektiver Diplomatie verlangen. Der latente Interessenkonflikt führt denn auch zu einem klassischen Spagat.
Druck auf Nordkorea maximieren
Trump ist darauf angewiesen, dass China und Russland in der Krise um Nordkorea mitziehen, wenn verschärfte Sanktionen zur Debatte stehen. Immerhin sind im Nordkoreakonflikt die USA und China nach Angaben der US-Regierung übereingekommen, den „größtmöglichen Druck“auf die Führung in Pjöngjang auszuüben. Das Weiße Haus erklärte am Montag, in einem Telefonat hätten sich Trump und der chinesische Staatschef Xi Jinping darauf verständigt, durch eine strikte Umsetzung der Resolutionen des UN-Sicherheitsrates den Druck auf Nordkorea zu maximieren
Falls es nicht funktioniere, so UNBotschafterin Nikki Haley mit salopper Rhetorik bei CNN, werde sich „General Mattis der Sache annehmen“. James Mattis, der Chef des Pentagon, verfügt nach Haleys Worten über eine Vielzahl militärischer Handlungsszenarien. Tatsächlich ist auch dem Weißen Haus klar, dass die bewaffnete Option keine echte Option ist, weil sie auf einen Krieg mit einer Nuklearmacht hinauslaufen würde. Während Trump den Diktator Kim Jong-un in einem skurrilen Tweet den „Rocket Man“nennt, als wäre er der Raketenmann einer Comicserie, setzen seine wichtigsten Berater darauf, Pjöngjang mit wirtschaftlichem Druck zum Einlenken zu bringen. Und nach ihrer Einschätzung legt China, der zentrale Akteur dieses Spiels, gesteigerten Wert darauf, dass allein der Sicherheitsrat das Gremium ist, das Sanktionen beschließt. Also muss Trump am East River um Partner werben, will er als Krisenmanager auch nur den Hauch einer Erfolgschance haben. Es ist eine halbe Wende, von der niemand sagen kann, ob sie von Dauer sein wird.
Es ist eine heikle Situation für Trump in vielerlei Hinsicht. Der America-First-Präsident fordert andere auf, mehr ins UN-Budget einzuzahlen, während er selber zum Rotstift greift. Nach dem Willen Washingtons soll vor allem bei den Blauhelm-Missionen in Krisengebieten gekürzt werden, bei einem 6,8-Milliarden-Dollar-Etat, den die USA zu 28 Prozent finanzieren. Zudem denkt man im State Department darüber nach, die Pflichtbeiträge für den UNHaushalt in Zahlungen nach dem Freiwilligkeitsprinzip umzuwandeln, was mit Sicherheit reduzierte Zuwendungen zur Folge hätte.
Um auch im Kleinen Sparsignale zu setzen, reist Außenminister Rex Tillerson mit einer Diplomaten-Delegation an, die allenfalls halb so groß ist wie in den vergangenen Jahren.