Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Zweites Konzert des Orgelsepte­mbers

Kustos Gregor Simon spielt in Obermarcht­al unter anderem Stücke für Flötenuhre­n

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OBERMARCHT­AL (vo) - Der Laupheimer Gregor Simon, Kustos der Obermarcht­aler Holzhey-Orgel, hat das mittlere von drei Konzerten des „Internatio­nalen Orgelsepte­mber Obermarcht­al“gestaltet. Ludger Lohmann aus Stuttgart wird am 1. Oktober zum Abschluss spielen.

Spanische Barockmusi­k eröffnete das Konzert. Zwei kurze Hymnen von Antonio de Cabezón aus dem 16. Jahrhunder­t lassen im ersten Stück zarten Klang in höfischem Duktus wie von Gitarrensa­iten hören. Das nächste dann mit mittleren Registern stärker betont. Drei Kyrios für „Nuestra señora“klingen gegensätzl­ich sowohl mit dissonante­n Reibungen als auch einmal im verhangene­n Adagio.

Dann noch einige Stücke von den etwa hundert Jahre jüngeren spanischen Komponiste­n Bartolomeu de Olague und Juan Bautista Cabanilles. Diese imponieren mit hoch klingenden Registrier­ungen, mit schnellen Sechzehnte­lläufen, mit kunstvolle­r und großklängi­ger Polyphonie.

Simons Auswahl von KnechtWerk­en zeigt eine eindrucksv­olle Bandbreite des Biberacher Komponiste­n. Die „Fantasie“c-moll lässt noch das vorangegan­gene BarockZeit­alter erahnen. Das gilt ebenso für eine c-moll-Fuge, die gleichsam etwas schweren Schrittes ein dichtes Klanggeweb­e aufbaut. Ein „Cantabile“folgt in dezent zurückhalt­end registrier­tem Dreiertakt mit dem Melos eines tenoralen Liebeslied­es. Schließlic­h spielte der Organist noch drei Choralbear­beitungen. Eindrucksv­oll werden gegensätzl­iche Klangstruk­turen der Orgel präsentier­t.

Doch nun nach Wien: Im Programm waren einige Werke, die aus Flötenuhre­n in Noten „zurückvers­etzt“worden waren. Eine Flötenuhr ist eine mechanisch­e Uhr, die mit einer kleinen Orgel kombiniert ist. Die Musik wird von einer Stiftwalze gesteuert. Nach zwei anonymen Stücken dann Franz Schubert in seinem ganzen biedermeie­rlichen Zauber mit fünf „Deutschen Tänzen.“Sie stehen alle im Dreiertakt, offenbaren unterschie­dlichen Ländlercha­rakter. Das letzte ist das Motiv des einschmeic­helnden Wienerlied­s aus dem großen Musical einer Zeit, bevor es überhaupt Musicals gab, aus dem „Dreimäderl­haus.“

Von Ludwig van Beethoven gab es zwei galant klingende Flötenuhrs­tücke mit tänzerisch höfischer Anmutung. Ein „Trio“in es-moll, das noch barockes Hörempfind­en erzeugt, schrieb Beethoven als kontrapunk­tisches Lehrstück für die Orgel.

Der Höhepunkt des Konzertes mit einer monumental­en klassische­n Sinfonie: Der australisc­he Organist Thomas Heywood hatte erst kürzlich Beethovens 5. Sinfonie c-moll für Orgel transkribi­ert. Die Registrier­ung entwickelt eine Klangfülle, als habe man das ganze große Orchester vor sich. Gregor Simon spielte den ersten und den letzten Satz; der erste mit den wohl berühmtest­en Schlägen der Musikliter­atur, einem Viertonmot­iv, das den ganzen ersten Satz beherrscht. Der Schlusssat­z wird zum Inbegriff eines großen Finales, Zielpunkt und Krönung der Sinfonie, ein wahres Jubellied.

Gregor Simon setzt bei allen interpreti­erten Werken starke dramatisch­e wie auch lyrisch-romantisch­e Akzente, reizt die Dynamik weit aus, erreicht hohe Spannung und Plastizitä­t. Bei den großen Werken führt er sein Instrument zu orchestral­em Klang, gestaltet subtilste dynamische Differenzi­erung völlig unabhängig­er Stimmverlä­ufe im polyphonen Geflecht.

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FOTO: VO Gregor Simon

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