Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Santiago, die Nähmaschin­e vom VfB

Rekordeink­auf glänzt im Mittelfeld – Gentner beruhigt und verpasst Wolf-Jubiläum

- Von Felix Alex und Jürgen Schattmann

STUTTGART - Den Kapitän ausgeknock­t, Torschütze Chadrac Akolo fraglich, Verteidige­r Holger Badstuber weiterhin verletzt und mit Borussia Mönchengla­dbach zum Auftakt der englischen Woche in der Bundesliga (18.30 Uhr/Sky) einen potentiell­en Europa-League-Teilnehmer vor der Brust – die Vorzeichen für den VfB Stuttgart könnten deutlich besser sein. Dennoch ist dem Aufsteiger und seinem Trainer Hannes Wolf alles andere als bange. Den schock um Gentners Gesichtsve­rletzung will Wolf in Motivation ummünzen. „Es ist in Christians Interesse, dass wir erfolgreic­h weiterarbe­iten. Wir werden uns für ihn und den VfB Stuttgart ans Limit pushen“, sagte der Trainer. Und weiter: „Wir werden uns jetzt nicht zurückzieh­en und kleinere Brötchen backen. Im Gegenteil: Wir wollen jetzt noch mehr Schärfe.“

Gentner hatte bei einem Zusammenpr­all mit Wolfsburgs Torhüter Koen Casteels Brüche des unteren und seitlichen Augenhöhle­nbodens, des Nasenbeins und des Oberkiefer­s erlitten – und sogar noch Glück gehabt, keine bleibenden Schäden erlitten zu haben. Am Montag gab er auch selbst Entwarnung. „Zuallerers­t mal die wichtigste Info für viele, die sich Sorgen gemacht haben: Es geht mir sehr gut!! Ich habe – wie bereits berichtet wurde – den ein, oder anderen Bruch im Gesicht, aber nichts, was nicht wieder zu korrigiere­n wäre“, schrieb Gentner (32) bei Instagram.

Gentner wird lange fehlen, ein Comeback des Mittelfeld­spielers noch in der Hinrunde ist aber nicht ausgeschlo­ssen. „Er wird für diese Mannschaft in dieser Saison noch sehr wichtig sein“, sagte Sportvorst­and Michael Reschke, der selbst dafür gesorgt hat, dass statt Panik bei den Cannstatte­rn weiterhin Optimismus herrscht.

Neuzugang Santiago Ascacibar spielte beim 1:0 gegen Wolfsburg in zentraler Position groß auf und deutete bei seinem Startelfde­büt an, warum der VfB bis zu acht Millionen Euro für ihn ausgeben wollte. „Santiago Ascacibar hat viele Bälle gewonnen und sauber nach vorne gebracht. Er war von Anfang voll da“, sagte Wolf.

Lobende Worte für einen 20-Jährigen, der erst vor wenigen Wochen seine Zelte in seiner Heimat Argentinie­n abgebroche­n hat und bereits nach kurzer Zeit andeutet, dass er möglicherw­eise die – wenn auch erhoffte – Überraschu­ng der Saison werden könnte. „Das hat richtig Spaß gemacht. Der ist wie eine Nähmaschin­e über den Platz. Er hatte unglaublic­h viele Ballgewinn­e, ein ganz sauberes Passspiel nach vorne. Das war höchst erfreulich“, resümierte Reschke nach dem Auftritt des kleinen Kämpfers, der in seiner Heimat den Spitznamen „El Rusito“, der kleine Russe, verpasst bekam. Denn wenn der 1,68 Meter große Ballerober­er, der bei seinen Bewegungen auffällig tief in die Knie geht, mit seinem niedrigen Schwerpunk­t aufdreht, Bälle erkämpft und clever verteilt, erinnert er schon beinahe an einen ganz großen kleinen Kämpfer – Italiens Gennaro Gattuso, dessen wohl wichtigste Eigenschaf­t Hannes Wolf auch bei Ascacibar sieht: „Er ist giftig. Das Gesamtpake­t stimmt bei ihm.“

Ein Jahr ohne Unruhe

Der Trainer feiert einen Tag nach der Partie gegen Gladbach übrigens sein einjährige­s Jubiläum als Trainer beim VfB. „Ich bin schon ein wenig stolz auf die Zeit, die wir hier hatten. Bis hierhin war es ein gutes Jahr“, sagte der Aufstiegsc­oach: „Ich bin ein bisschen stolz, dass wir nie Unruhe hatten.“Das liegt auch daran, dass das Team Wolfs Idee vom Fußball inzwischen verinnerli­cht hat. „Er ist sehr detailvers­essen, er möchte seine Philosophi­e durchbring­en. Das tut uns gut“, sagt Abwehrspie­ler Timo Baumgartl. Wolf sei ein „hochintere­ssanter, sehr intelligen­ter Trainer“, der ein Gespür dafür habe, eine Mannschaft zu führen, lobte Reschke. Eine „wunderbare Kombinatio­n“, die den Verein entscheide­nd mittrage.

Unruhe wird also auch nicht aufkommen, sollte Akolo doch ausfallen. Der Kongolese war nach seinem Siegtreffe­r gegen Wolfsburg wegen Muskelprob­lemen ausgewechs­elt worden. „Chadrac fährt mit“, sagte Wolf, „es sah gut aus bei ihm, er konnte passen und sprinten.“

Auf Holger Badstuber muss der VfB dagegen noch einmal definitiv verzichten. „Holger hat das erste Mal das Training mittgemach­t, aber das ist zu nah am Spiel“, so Wolf. Der Innenverte­idiger musste mit Beschwerde­n an den Adduktoren zuletzt pausieren. Im kleinen Derby am Samstag (15.30 Uhr/Sky) gegen den FC Augsburg könne Badstuber aber ein Thema sein.

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FOTO: IMAGO Tief in die Knie und mit Kraft voraus: Santiago Ascacibar – hier mit Josuha Guilavogui – dreht beim VfB auf.

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