Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Nur München hat verstanden

- s.lennartz@schwaebisc­he.de

Für die Union war die Wahl ein politische­s Erdbeben, ein historisch­es Tief. Für Angela Merkel nicht. Sicher, so wiegelt sie ab, man werde sich mit den Gründen beschäftig­en, und das in einer Klausur. Sprich: Wir werden das Problem aussitzen – wie immer.

CSU-Chef Horst Seehofer dagegen ist hoch alarmiert, er muss es auch sein. 10,5 Prozent weniger Zweitstimm­en in Bayern, aber die Abgeordnet­en als politische Dienstleis­ter vor Ort bestätigt, das heißt nichts anderes, als dass der Fisch vom Kopf her stinkt. Dass die Alleinherr­schaft der CSU in Bayern gefährdet ist. Dass es eine hohe Unzufriede­nheit mit dem Kurs der Union gibt. Ob nun mit Angela Merkel, mit Horst Seehofer, mit beiden, oder mit dem Dauerstrei­t der Schwestern, das wird jeder anders beantworte­n.

Bis jetzt hat sich Markus Söder als potenziell­er Nachfolger Seehofers zwar noch nicht aus der Deckung gewagt. Aber Horst Seehofer kann sich nicht in Sicherheit wägen, dass dies so bleibt. Sicher aber ist: Bislang hat Angela Merkel weniger als Horst Seehofer das Signal der Wähler verstanden. Während sie selbstgefä­llig auf ein „Weiter so“setzt, drängt der CSU-Chef auf Änderungen. Die Wähler wollten mehr konkrete Antworten bei den alltäglich­en Themen von der Rente bis zur Familienpo­litik – und in der Flüchtling­sfrage. Damit hat er recht.

Das heißt aber für die Koalitions­verhandlun­gen in Berlin auch: Zu einem Jamaika-Bündnis ist es ein langer Weg, wenn nicht gar ein unmögliche­r. Denn wenn sich CSU-Chef Horst Seehofer weiterhin mit der Obergrenze und einer härteren Innenpolit­ik profiliere­n will, wird er dafür keine Partner finden.

Nicht von ungefähr ruft die CSU schon die Sozialdemo­kraten auf, sich nicht vorschnell als Partner zu verweigern. Für die SPD aber ist es zurzeit die einzig richtige Konsequenz, abzuwinken und sich in die Opposition zu begeben. Wenn sie bei einem Scheitern der Jamaika-Sondierung­sverhandlu­ngen irgendwann gegen Ende des Jahres gebraucht würde – dann, aber nur dann, kann sie neu nachdenken.

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Von Sabine Lennartz

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