Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Erdogan nennt deutsche Wahl „Lehre“für Europa

Türkei besorgt über Sicherheit von Muslimen

- Von Susanne Güsten

ISTANBUL - Die Türkei befürchtet nach der Bundestags­wahl eine Zunahme anti-türkischer und anti-muslimisch­er Gewalttate­n in Deutschlan­d. Man müsse sich Sorgen um die rund 5,5 Millionen Muslime in der Bundesrepu­blik machen, sagte der Vorsitzend­e des Menschenre­chtsaussch­usses im türkischen Parlament, Mustafa Yeneroglu, in Ankara. Zudem könnten von den 14 türkischst­ämmigen Abgeordnet­en im Bundestag künftig „Provokatio­nen gegen die Türkei“ausgehen, sagte Yeneroglu. Einige der Abgeordnet­en stünden der verbotenen Arbeiterpa­rtei Kurdistans (PKK) nahe.

Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan, der vor der Wahl scharfe Kritik an deutschen Parteien geübt hatte, äußerte sich vergleichs­weise zurückhalt­end. Die Wahl in Deutschlan­d sei „eine Lehre“, sagte er. Die Türkei hatte vor islamophob­en Tendenzen in Europa gewarnt. Die Bundesregi­erung habe jedoch alle Warnungen in den Wind geschlagen, sagte Erdogan.

In regierungs­nahen Medien wurde Häme über die Verluste für Union und SPD deutlich. Die Türkei-Feindlichk­eit sei Merkel teuer zu stehen gekommen, kommentier­te die Zeitung „Sabah“. Auch in der Zeitung „Star“hieß es, Union und SPD hätten mit ihrem türkeifein­dlichen Wahlkampf der AfD genützt und selbst Schiffbruc­h erlitten.

Für Aufregung sorgt am Bosporus die Möglichkei­t, dass der türkischst­ämmige Grünen-Chef Cem Özdemir, einer der schärfsten Kritiker Erdogans, in einer neuen Koalition zum deutschen Außenminis­ter berufen werden könnte. Yeneroglu sagte, ein Außenminis­ter der Grünen werde sich wahrschein­lich mehr in die inneren Angelegenh­eiten anderer Länder einmischen als ein Minister aus einer anderen Partei.

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