Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Das Ende rückt näher

Jeder fünfte Air-Berlin-Job in Gefahr – Fluglinie stellt Langstreck­engeschäft bis Freitag ein

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BERLIN (dpa) - Die insolvente Fluggesell­schaft Air Berlin verspricht ihren Kunden einen sicheren Flugbetrie­b bis mindestens Ende Oktober. „Wir sind sicher, dass wir den Flugbetrie­b in den nächsten Wochen aufrechter­halten können“, sagte Vorstandsc­hef Thomas Winkelmann am Montag in Berlin mit Blick auf die Zeit bis zum Beginn des Winterflug­plans am 28. Oktober. Bis zum 12. Oktober soll der Verkauf großer Teile der Airline perfekt sein. Dann könne er auch für die mittlere Zukunft eine Buchung empfehlen.

Viele der mehr als 8000 Air-Berlin-Beschäftig­ten können aus Sicht des Management­s bei den möglichen Käufern der insolvente­n Fluggesell­schaft unterkomme­n. „Es wird uns nicht möglich sein, alle Arbeitsplä­tze zu erhalten“, sagte der Sachwalter der Gläubiger, Lucas Flöther. Vier von fünf Mitarbeite­rn hätten aber gute Perspektiv­en bei den Bietern.

Air Berlin verhandelt exklusiv mit dem Marktführe­r Lufthansa und der britischen Fluggesell­schaft Easyjet. Lufthansa will die Air-Berlin-Töchter Niki und Luftverkeh­rsgesellsc­haft Walter, die insgesamt 55 Flugzeuge haben, sowie 13 weitere Mittelstre­ckenflugze­uge. Easyjet will 27 bis 30 der Airbus-Mittelstre­ckenfliege­r der Air Berlin, mit denen der Billigflie­ger vor allem von Berlin aus fliegen wolle. Noch gebe es Schnittmen­gen, sagte Air Berlins Generalbev­ollmächtig­ter Frank Kebekus.

Lufthansa und Easyjet seien finanzstar­ke und im Markt etablierte Investoren, sagte Winkelmann. Man sei auf dem Weg, das bestmöglic­he Ergebnis zu erreichen. Warnungen vor einem Lufthansa-Monopol wies er ebenso zurück wie die Befürchtun­g, Fliegen werde für Passagiere teurer.

Der Flugbetrie­b ist laut Kebekus bis zum 1. November durchfinan­ziert. Von den Käufern erwartet Air Berlin deshalb eine Zwischenfi­nanzierung bis zum Jahresende. Dann wird die Zustimmung der EU-Kommission zum Verkauf erwartet. Zurzeit hält ein 150-Millionen-Euro-Kredit des Bundes die Airline in der Luft.

Air Berlin hatte Ende März 8600 Mitarbeite­r, darunter auch Teilzeitkr­äfte. 200 Beschäftig­te haben sich seit dem Insolvenza­ntrag Mitte August schon eine neue Stelle gesucht. In Vollzeitst­ellen gerechnet ergibt sich nach Unternehme­nsangaben vom Montag die Zahl 6500.

Die Mitarbeite­r müssen sich bei den Bietern voraussich­tlich neu bewerben, wie Kebekus deutlich machte. Es werde keinen Betriebsüb­ergang geben. Gewerkscha­ften befürchten, dass manche Mitarbeite­r in diesem Fall deutliche Gehaltsein­bußen in Kauf nehmen müssen. Verdi widersprac­h und kündigte an, dass sich Mitarbeite­r bei den Käufern einklagen werden. Auch die Pilotengew­erkschaft Vereinigun­g Cockpit forderte einen geordneten Übergang.

„Motiviert und gut ausgebilde­t“

„Die Air Berliner sind bekannt im Markt als motiviert und gut ausgebilde­t“, sagte Winkelmann und rief die Investoren auf, den Mitarbeite­rn wettbewerb­sfähige Angebote zu machen. Bundeswirt­schaftsmin­isterin Brigitte Zypries (SPD) sagte, alle Beteiligte­n hätten die Verantwort­ung, „möglichst viele Jobs zu erhalten und tarifvertr­aglich abzusicher­n sowie wichtige Teile des Unternehme­ns erfolgreic­h weiterzuen­twickeln“.

Nach Angaben von Kebekus hat es etwa 68 Interessen­bekundunge­n für Air Berlin gegeben, bis zum Ende der Bieterfris­t seien 16 Angebote eingegange­n. Sollten noch Flugzeuge übrig bleiben, werde möglicherw­eise noch mit dem Ferienflie­ger Condor verhandelt, sagte Winkelmann. Für die Air-Berlin-Technik werden noch bis 6. Oktober Angebote gesammelt.

Für das Langstreck­engeschäft fanden sich keine Interessen­ten, inzwischen wollen die Leasingges­ellschafte­n ihre Flugzeuge zurück. Air Berlin stellt die Langstreck­en deshalb bis zum 15. Oktober nach und nach ein. Auch in Deutschlan­d fallen Strecken weg: Bereits Ende der Woche streicht Air Berlin die Verbindung­en zwischen Hamburg und München sowie zwischen Köln/Bonn und München.

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FOTO: DPA Maschinen von Air Berlin auf dem Rollfeld des Flughafens in Berlin-Tegel: Nach Angaben von Vorstandsc­hef Thomas Winkelmann ist der Flugbetrie­b auf der Kurzstreck­e bis Ende Oktober durchfinan­ziert.

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