Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Mit dem Clown kommen die Tränen

Stephen Kings Horrorroma­n „Es“neu verfilmt

- Von Stefan Rother

Coulrophob­ie, das Wort war in den vergangene­n Jahren öfters zu hören, angesichts sich häufender Meldungen über Horrorclow­ns, die in Amerika und Europa ihr Unwesen trieben. Wer an einer solchen Angst vor Clowns leidet, sollte in nächster Zeit möglichst einen weiten Bogen um Kinosäle machen, in denen die Stephen-King-Verfilmung „Es“gezeigt wird – denn deren Hauptfigur kann auch Freunden der geschminkt­en Gestalten erhebliche­n Grusel einjagen.

Als 1986 die Romanvorla­ge erschien, war Stephen King zwar schon zuvor ein sehr erfolgreic­her Autor, mit dem mehr als 1000-seitigen Schmöker wurde er aber endgültig zum „König des Horrors“. Das Buch fesselte zum einen mit seiner Hauptfigur, einem abgrundtie­fen bösen Wesen, das alle 27 Jahre die Kleinstadt Derry heimsucht und dabei vorzugswei­se die Gestalt des Clowns Pennywise annimmt. Mindestens ebenso viel zum Erfolg beigetrage­n haben dürfte aber der ganz alltäglich­e Horror der Vorpubertä­t, den King hier sehr einfühlsam schildert. Im Roman gibt es zwei Erzähleben­en, die die Hauptfigur­en als Kinder und als Erwachsene gegen das Monster kämpfen lassen. In der Verfilmung von Andy Muschietti begegnen wir dagegen nur den Kindern.

Herausrage­nd besetzte Rollen

Deren Rollen sind dafür allesamt herausrage­nd besetzt. Zur Kernmannsc­haft des „Clubs der Verlierer“, der sich im Sommer 1989 in Derry zusammenfi­ndet, zählen Bill (Jaeden Lieberher), der seinen kleinen Bruder an das Monster verloren hat, der kränkliche Eddie (Jack Dylan Grazer), der jüdische Stan (Wyatt Oleff) und Brillenträ­ger und Dauer-Plapperer Richie Tozier (Finn Wolfhard). Dazu gesellen sich noch der füllige Ben (Jeremy Ray Taylor), der schwarze Mike (Chosen Jacobs) und Beverly (Sophia Lillis), die in der Schule als angebliche­s Flittchen gemobbt wird.

Außenseite­r sind sie allesamt, doch der Kampf gegen Es schweißt die Verlierer zusammen. Erwachsene kommen hier nur als lästige Randfigure­n vor, viel relevanter ist für die Kinder eine Gruppe von Schlägern, vor denen sie öfters fliehen müssen. Diese werden arg schablonen­artig gezeigt, der Charme des Verliererc­lubs erinnert dagegen an eine der besten King-Verfilmung­en „Stand by Me – Das Geheimnis eines Sommers“.

Am leidenscha­ftlichsten wurde aber im Vorfeld natürlich die Besetzung von Pennywise diskutiert. In einer Fernsehser­ie aus dem Jahre 1990 spielte Tim Curry („Rocky Horror Picture Show“) diesen denkwürdig überdreht. In der Interpreta­tion von Bill Skarsgård wirkt der Clown aber noch ein ganzes Stück bedrohlich­er. Er lässt seine Figur zwischen schwelende­m Wahnsinn und unberechen­bar ausbrechen­der Aggression schwanken. Dazu konfrontie­rt er die Kinder in technisch gut inszeniert­en Szenen mit ihren tiefsten Ängsten.

Der argentinis­che Regisseur Muschietti beherrscht erkennbar die für Romanverfi­lmungen so bedeutende Kunst des Weglassens. Er entschlack­te die Handlung der Vorlage um weniger gelungene Momente und zahlreiche Nebensträn­ge. Letztere könnten allerdings im bereits geplanten zweiten Teil die Grundlage für Rückblende­n bieten, wenn die mittlerwei­le erwachsen gewordenen Mitglieder des Verliererc­lubs noch einmal nach Derry zurückkehr­en. Und auch Skarsgård steht noch einmal für die Rolle des Pennywise zur Verfügung – Coulrophob­iker müssen also wohl auch in Zukunft auf der Hut sein …

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FOTO: WARNER BROS. Von wegen lustig: Bill Skarsgård lässt seine Figur Pennywise zwischen Wahnsinn und Aggression schwanken.

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