Schwäbische Zeitung (Laupheim)
Von Fake-News und Verschwörungstheorien
2. Kulturpredigt am Sonntag, 1. Oktober – Kulturprediger ist Martin von Arndt
RIEDLINGEN - Am Sonntag, 1. Oktober, ab 17 Uhr, wird nach dreijähriger Abstinenz die zweite Riedlinger Kulturpredigt stattfinden. Der Schriftsteller Martin von Arndt soll in seiner Predigt der Gesellschaft die Leviten lesen und ihr den Spiegel vorhalten. „Ich hatte sehr große Lust das zu machen“, sagt Arndt. In seiner „Predigt“wird er sich mit Fake News, Verschwörungstheorien und der Aufgabe von Schriftstellern im politischen Raum beschäftigen.
Den Kontakt zu Martin von Arndt hat Schriftstellerkollege Matthias Kehle hergestellt. Kehle ist Stiftungsvorstand der Werner-Dürrson-Stiftung, die diese Kulturpredigt wieder organisiert und veranstaltet. „Eine Kulturpredigt ist eine schöne Idee“, findet von Arndt, der in Fellbach schon mal eine literarische Predigt gehalten hat. Von daher war sein Interesse von Anfang an groß, diesen Part zu übernehmen. Als er sich etwas genauer damit auseinandergesetzt hat, und vor allem seinen Terminkalender befragt hat, stand die Entscheidung fest: Von Arndt ist nach dem Schriftsteller Arnold Stadler 2013 der zweite Riedlinger Kulturprediger.
Diese „Rede zur kulturellen Lage der Nation“ist längst fertig. In der Themenwahl war der Schriftsteller komplett frei. Noch sei der Titel etwas sperrig, sagte von Arndt im SZGespräch; „Der Schriftsteller und das Narrativ“, heißt der Arbeitstitel. Unter „Narrativ“wird ein sinnstiftendes Erzählmotiv verstanden, das in einem Kulturkreis oder einer gesellschaftlichen Gruppe Orientierung vermittelt, wie es bei Wikipedia heißt. Doch der Inhalt ist hochaktuell. Und von Arndt geht es um die Grundlagen dieser Gesellschaft. Und diese sind aus seiner Sicht verloren gegangen oder werden umgedeutet: durch sogenannte Fake News (also bewusste Falschnachrichten), durch rechte Verschwörungstheorien. „Das Narrativ der Demokratie ist gefährdet“, sagt von Arndt. Und er nimmt dabei auch die Rolle der Schriftsteller auf: Diese seien gewohnt zu erzählen, sind Meister der Worte, daher sollten sie das Wort nutzen und sich einmischen: „Schriftsteller sollten wieder politischer werden.“
Von Arndt bezeichnet sich selbst als Gegenwartsliterat, dabei machte er sich zuletzt einen Namen als Autor historischer politischer Romane. In „Tage der Nemesis“thematisiert er den Völkermord an den Armeniern. 2016 erschien sein Buch „Rattenlinien“, das die Flucht deutscher NS-Kriegsverbrecher nach dem Zweiten Weltkrieg über Italien nach Übersee zum Inhalt hat. Derzeit befasse er sich mit einem dritten Buch dieses Genres, erzählt von Arndt.
Rund eine Stunde wird von Arndt in der Kapuzinerkirche der Nation die Leviten lesen. Dieses Mal nicht von der Kanzel, sondern vorne. Das ist ihm auch lieber. Er sei zwar Religionswissenschaftler, aber kein Theologe, sagt er. In seiner Predigt will er die Menschen zum Nachdenken, Innehalten bewegen. Eine einmalige Rede werde keine so nachhaltigen Effekte bei den Zuhörern haben. Aber sie soll ein Beitrag zur Stärkung der Demokratie werden.