Schwäbische Zeitung (Laupheim)

Eine geht, drei bleiben

Katrin Albsteiger (CSU) muss sich nach dem Verlust des Bundestags­mandats völlig neu orientiere­n

- Von Ronald Hinzpeter

LANDKREIS NEU-ULM - Natürlich stirbt die Hoffnung zuletzt, das gilt auch für jemanden wie die bisherige CSU-Bundestags­abgeordnet­e Katrin Albsteiger. Als die ersten Hochrechnu­ngen am Sonntag über den Bildschirm flimmerten, dämmerte ihr bereits, dass sie in den nächsten vier Jahren nicht mehr dem Bundestag angehören würde. Doch so recht wahrhaben wollte sie es nicht, wie sie im Gespräch erzählt, denn eine kleine Chance bestand ja noch. „Aber irgendwann bin ich dann ins Bett gegangen.“Gestern Morgen um sechs war dann klar: Ihr Leben wird fortan anders verlaufen als die Jahre zuvor, denn das Ergebnis ihrer Partei war dann doch zu schlecht, um sie wieder in den Bundestag zu tragen. Aber Katrin Albsteiger wirkt nicht übermäßig frustriert: „Mir geht es besser als der Gesamtpart­ei“, sagt sie.

Vor vier Jahren war die damals 29 Jahre alte Vorsitzend­e der Jungen Union Bayerns über die Landeslist­e ins Parlament gerutscht. Sie wusste, dass das „nur ein befristete­r Arbeitsver­trag ist“, denn wer über die Liste gewählt wird, sitzt in der Regel längst nicht so sicher im Sattel wie jemand, der für seine Partei ein Direktmand­at geholt hat. „Ich war darauf vorbereite­t, dass es eine ganz enge Geschichte wird“, sagt sie. Dass die CSU dann doch so heftig gerupft wurde, damit habe niemand gerechnet. Allerdings hätten sich in den vergangene­n Wochen die Anzeichen gemehrt, wonach die AfD in den Umfragen unterschät­zt werde.

Politik will Albsteiger nicht aufgeben

Jetzt, nachdem sie ihr Mandat verloren hat, muss sich Katrin Albsteiger völlig neu orientiere­n. Die Politik will sie auf keinen Fall aufgeben, wie sie versichert, allerdings wird sie dann eben ehrenamtli­ch arbeiten: Sie ist Stadträtin in Neu-Ulm sowie Kreisrätin. Eine deutschlan­dweite Bühne steht ihr noch als stellvertr­etende Bundesvors­itzende der Jungen Union offen. Das Kapitel „Politik als Beruf“hat sie vorerst abgeschlos­sen: „Da plane ich aktuell erst mal gar nichts.“Allerdings schränkt sie ein, langfristi­g „soll man niemals nie sagen“. Sie schließe kategorisc­h erst mal nichts aus.

Doch das Wichtigste für sie ist erst mal die Geburt ihrer zweiten Tochter. Im Dezember wird es so weit sein. Danach gehe sie erst mal in Mutterschu­tz. Wie es mit ihr beruflich weitergeht, könne sie noch nicht sagen, da gebe es noch keine konkreten Pläne. Sie will sich jedoch in der freien Wirtschaft eine Beschäftig­ung suchen.

Rückblicke­nd bedauert sie, dass sie nun nicht mehr im Bundestag arbeiten könne. Dort wollte sie eigentlich nicht hin, denn nach einem Praktikum in Berlin im Jahr 2008 befand sie: „Das ist nicht meine Welt.“Es wurde dennoch die Ihre in den vergangene­n Jahren, mit den Schwerpunk­ten Bildung und Forschung sowie Europa. Sie hat sich ein Netzwerk geschaffen und offenbar ihren Weg gefunden. Deshalb bedauert Katrin Albsteiger, dass nun alles vorbei sein soll: „Ich wäre den Weg gerne weitergega­ngen. Ich habe das gerne gemacht.“

Karl-Heinz Brunner (SPD) kann seinen vor vier Jahren eingeschla­genen Weg weitergehe­n. Er hob gestern Mittag bereits wieder ab nach Berlin. Auch er hatte vor vier Jahren überrasche­nd das Bundestags­mandat geholt. Nach einigen Stunden der Ungewisshe­it stand für ihn am späten Sonntag abend allerdings fest, dass er sein Mandat behalten konnte.

Er räumte ein, dass im Nachhinein seine Befürchtun­gen übertriebe­n waren, denn er hatte beileibe nicht als Letzter von der bayerische­n Landeslist­e seiner Partei wieder den Sprung geschafft. Bei „objektiver Betrachtun­g“sei es sogar relativ gut gegangen. Das meint der CSU-Kreisvorsi­tzende im Landkreis Neu-Ulm, Landrat Thorsten Freudenber­ger.

Brunner will in Opposition zuspitzen

Mittlerwei­le könne er der Aussicht, in der Opposition zu sein, doch noch einiges abgewinnen. Dort könne er seine Redebeiträ­ge im Plenum, wo er gerne auftritt, „deutlicher zuspitzen“, als das in einer Koalition möglich sei. Vor allem will er in Richtung AfD austeilen, das hat er bereits in der Wahlnacht angekündig­t. Seiner Ansicht nach hat eine solche Rechtspart­ei in einem deutschen Parlament nichts verloren.

Was mögliche Posten innerhalb seiner Fraktion betrifft, so drängt er sich nicht gerade danach. Er sei zwar für alles offen, beteuert er, dennoch sollte seine Partei lieber auf jemanden schauen, der noch länger dabei sein wird: Brunner hat schon vor der Wahl angekündig­t, er werde in vier Jahren nicht mehr antreten.

Was die arg gebeutelte CSU betrifft, so beteuert deren Kreisvorsi­tzender, Landrat Thorsten Freudenber­ger: „In eine Depression verfallen wir nicht, auch wenn wir erst mal geknickt sind.“

Er bedauert, dass Katrin Albsteiger bei den Wählern kein Ticket mehr nach Berlin lösen konnte. Für die Listenkand­idaten sei es halt zu knapp gewesen. Nicht einmal CSUSpitzen­kandidat Joachim Herrmann schaffte es, als Anführer der Landeslist­e in den Bundestag zu kommen. Freudenber­ger glaubt jedoch, dass Albsteiger die Niederlage gut wegstecken wird, denn „sie steht ja am Anfang ihrer politische­n Laufbahn. Sie wird bestimmt weitermach­en.“

„In eine Depression verfallen wir nicht, auch wenn wir erst mal geknickt sind.“

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FOTO: ANDREAS BRÜCKEN Die wieder gewählten Bundestags­abgeordnet­en aus dem Wahlkreis Neu-Ulm: Georg Nüßlein (CSU), Ekin Deligöz (Grüne) und Karl-Heinz Brunner (SPD, von links).
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FOTO: HORST HÖRGER Nicht mehr im Bundestag: die CSU-Frau Katrin Albsteiger.
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